Engelstunden. Iris Paxino

Engelstunden - Iris Paxino


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wer sie nicht bekommt. Schenkt sie allen, und sie können dann entscheiden, ob sie sie annehmen oder nicht.»

       «Wie wahr!»

       «Ja, lass sie doch als Ressource in die Welt hineinfließen, sie ist eine unerschöpfliche Ressource des Höchsten Geistigen, des Schöpfungsprinzips. Sie wird euch unerschöpflich geschenkt, lasst sie weiterfließen. Hört auf, mit ihr zu geizen, als ob ihr sie mühsam erschaffen würdet, als ob sie nur tropfenweise zu vergeben wäre. Kostbar ist sie, ja, das Kostbarste überhaupt! Ohne sie gäbe es nichts: nicht euch, nicht uns, nicht die Erde, nicht dieses Universum. Aber sie ist auch so kostbar in ihrer Unerschöpflichkeit, in ihrer Unendlichkeit.»

      Was hindert uns eigentlich daran, mit der Substanz der Liebe in dieser Weise umzugehen? Der Blick in den Spiegel der eigenen Seele zeigt uns Verstrickungen und Wirrnisse unseres persönlichen Astralischen auf. In unzähligen Alltagssituationen steuern unkontrollierte Gefühle unsere Gedankenbildungen; eingefahrene Gedankenstrukturen formen wiederum unsere Empfindungsmuster; Willensimpulse manifestieren sich ungegriffen. Unsere Seele ist das Lebensfeld vieler zwielichtiger Wesen, die sich in jedem von uns eingenistet haben. Dank unserer ‹Gastfreundschaft› können sie sich von dort aus in unserem Namen zum Ausdruck bringen. Doch gerade mithilfe der Engel können wir eine immer größer werdende Klarheit in Bezug auf unser Innenleben erlernen. Ihr kristallklares Wesenslicht reflektiert uns in einer frappierend unverfälschten Weise den Gehalt und die Struktur unserer Gedanken und Gefühle.

       Ich hatte es eines Tages in meiner Praxis mit einem ungewöhnlich schwierigen, kaum zugänglichen und biografisch sehr schwer belasteten Menschen zu tun. Die Begegnung mit ihm hinterließ in mir ein außergewöhnlich drückendes Gefühl, so als ob mein Herz ‹ersticken› würde. Ich wandte mich, Hilfe suchend, an seinen Engel und fragte ihn:

       «Was ist mit deinem Menschen los, was ist passiert, dass er so geworden ist? Was braucht sein Wesen, welche Aufgabe liegt bei ihm vor?»

       Der Engel entgegnete klar und ruhig:

       «Das sind vier Fragen gleichzeitig – auf die du eine Antwort erwartest?»

       Sogleich wurde mir deutlich, dass ich innerlich noch völlig unsortiert war, sowohl gedanklich als auch gefühlsmäßig. Ich musste meine Eindrücke erst bewusst strukturieren, um wahrnehmen zu können, welche Empfindungsqualitäten durch diese Begegnung in meiner Seele entstanden waren. So kristallisierten sich konkrete inhaltliche Leitmotive heraus, an denen ich klar gefasste Fragen bilden konnte.

       Im späteren Verlauf des Gesprächs stellte ich eine weitere umfangreichere Frage, doch auch dieses Mal bot mir der Engel Einhalt:

       «Achte darauf: Fragst du für ihn oder fragst du für dich?»

      Dezidiert Bewusstsein für den Inhalt und die Struktur unserer Gedanken und Gefühle zu entwickeln, darüber hinaus auch auf die tatsächlichen Absichten und Impulse, die in uns leben, zu achten ist etwas, was unabdingbar zur Schulung des eigenen inneren Wesens gehört. All diese ‹Seelentätigkeiten› haben Bedeutung im Geistigen, sie sind für sich selbst stehende Kräfte, die entsprechende Auswirkungen haben. Für alles, was in uns vorgeht, wie auch für alles, was wir aus uns heraussetzen, tragen wir selbst Verantwortung. Darauf machen uns die Engel stets aufmerksam. Ihr klarer und präziser Blick auf jegliche Vorgänge, die in uns stattfinden, bringt Licht in Bereiche hinein, für die wir selbst noch nicht ausreichend Bewusstsein aufbringen. Klarheit ist immer mit Licht verknüpft, und zu diesem inneren Licht verhelfen uns die Engel.

      Dabei sind sie die wundervollsten ‹Pädagogen›, die man sich vorstellen kann, denn sie urteilen und verurteilen uns nicht. Vielmehr lenken sie unentwegt unsere Aufmerksamkeit auf das Potenzial einer jeden Situation. Sie machen uns Mut, aus allem zu lernen, und zeigen uns auf, dass wir bei jeder neuen Gelegenheit die Möglichkeit haben, Ungenügendes besser zu machen. Wenn wir zum Beispiel jemandem gegenüber einen Fehler begangen haben, dann reagieren die Engel nicht in einer moralisierenden oder lehrhaften Weise, sondern stets auf das Positive gerichtet, auf die Zukunftsmöglichkeiten hinweisend:

       «Vergib dir selbst und lerne daraus. Schaue aufmerksam hin, was in dir in dieser Weise reagiert hat. Und versuche, dich beim nächsten Mal bewusst daran zu erinnern.»

      Ihr Fingerzeig ist niemals vorwurfsvoll, sondern deutet auf die für uns bestehenden Handlungsmöglichkeiten hin. Niedergeschlagenheiten und Selbstvorwürfe bringen in den Augen der Engel nichts, denn sie verdunkeln nur unsere Seele und blockieren die eigene weitere Entwicklung. Aus der Perspektive der Engel heraus ist es viel sinnvoller, an den eigenen innerseelischen Prozessen bewusst zu werden und in der Folge den Umgang damit entsprechend zu gestalten:

       «Nicht jammern, das bringt nichts. Lerne doch einfach daraus. Achte mehr auf solche Zustände und versuche, sie bewusst zu lenken.»

       «Da bin ich aber noch weit davon entfernt, das zu können!»

       «Schritt für Schritt. Eure Entwicklung ist kein Eroberungszug, sie ist eine Pilgerreise.»

      Und hier fällt ein weiteres Charakteristikum der Engel auf, vielleicht das überraschendste: Sie haben Humor, und zwar einen ganz feinen, leichten und liebevollen Humor. Niemals sind Engel flapsig, auch machen sie keine Scherze, bei denen man sich auf die Schenkel klopft. Doch durch ihre souveräne Pointiertheit können sie unsere Herzen regelrecht heiter stimmen und uns so zum Schmunzeln bringen:

       Ich versuchte, eine schwierige Klaviersonate zu erlernen und meine Ungeduld kam mir in die Quere. So beklagte ich mich:

       «Ich komme mir vor wie eine Schildkröte.»

       Die Engel merkten nur sachlich an:

       «Sei unbesorgt, Schildkröten könnten das nicht.»

       Ein anderes Mal hatte ich vergessen etwas zu tun, was ich unserem Sohn ausdrücklich versprochen hatte. Ich erschrak regelrecht vor Scham und sagte vor mich hin:

       «O Gott, ich würde am liebsten im Erdboden versinken!»

       Die Reaktion der Engel erfolgte sogleich:

       «Das brauchst du nicht, Gott findet dich auch dort. Er ist überall.»

      Es ist wunderschön zu erleben, wie die Engel unseren kleinen menschlichen Dramen den Zahn ziehen und wie sie uns zeigen, dass es für unsere Probleme eigentlich stets geradlinige und somit leichte Lösungen gibt.

       Eines Tages empfand ich mich in einem inneren Konflikt wegen eines mir lieben Freundes. Er hatte sich beruflich in eine Auseinandersetzung verstrickt, die jedoch völlig absurd war. Ich konnte ihm das kaum spiegeln, da er nicht gewillt war, sich aus seiner subjektiven Perspektive zu lösen. So sprach ich mit meinen Engeln:

       «Was mache ich mit ihm?»

       «Keine Spiele spielen.»

       «Was bedeutet das?»

       «Bleibe bei dir. Wenn du etwas anderes denkst oder willst als er, tue deins, nicht seins.»

       «Aber ich kann ihn doch nicht links liegen lassen!»

       «Nein, links nicht. Aber rechts.»

       Ich musste hier laut lachen. Mit einer solchen Antwort hatte ich wahrlich nicht gerechnet. Ich fragte dann weiter:

       «Soll ich kein Mitleid mit ihm empfinden, wenn er leidet?»

       «Vertraue lieber in seinen Weg, das hilft seinem inneren Wesen mehr. Du kannst ihm Freundschaft schenken, aber nicht sein selbst gemachtes Leben verändern.»

      Auf diese unmittelbar klare und auch heitere Weise führen uns die Engel vor Augen, wie sich unser Seelisches in Sorgen verfängt und wie wir uns in unnötigen


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