Lehrbuch der Psychotraumatologie. Gottfried Fischer

Lehrbuch der Psychotraumatologie - Gottfried Fischer


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Objektive Situationsfaktoren

       Dissoziatives Erleben in der traumatischen Situation

       Symptomverbreitung und -ausprägung

       Psychotraumatisches Belastungssyndrom bei Gewaltopfern: Häufigkeit, Verlauf, Formen

       Risikofaktoren für die Entwicklung langfristiger Symptome und Beschwerden

       Praxis im Kölner Opferhilfe Modell

       Auszüge aus dem Text der Informationsbroschüre für Gewaltopfer aus dem Kölner Opferhilfe Modell

       12 Arbeitslosigkeit als psychisches Trauma

       13 Lebensbedrohliche Erkrankung als Faktor psychischer Traumatisierung

       14 Mobbing

       15 Ausblick: Die Zukunft der Psychotraumatologie und die Frage der Ausbildung

       Glossar

       Literatur

       Sachregister

      Vorbemerkung zur 5. Auflage

      Am 2. Oktober 2013 ist unser Mann und lieber Vater Gottfried Fischer verstorben. Gottfried war Wegbereiter und Vordenker einer neuen wissenschaftlichen Disziplin, der Psychotraumatologie, deren humanistisches Ziel immer war, traumatisierten Menschen zu helfen und zwar – und das ist seine besondere Leistung – durch ein psychodynamisches Verständnis der prozesshaften Abläufe nach seelischen Verletzungen. Durch seinen unermüdlichen Einsatz und seine bedingungslose Hingabe an dieses Ziel ist es ihm gelungen in verschiedensten Einrichtungen z. B. in Köln, Much und Krefeld neue und effektive Hilfsmöglichkeiten für viele Patienten zu schaffen. Auf dieser Basis hat er ein psychodynamisches Traumatherapiemodell (MPPT) entwickelt. Mit diesen Einrichtungen zur schnellen, effektiven Akuthilfe für Traumatisierte gelang es ihm, den Eintritt oder die Chronifizierung von Traumafolgestörungen zu verhindern. Diese Einrichtungen haben bis heute Modellcharakter, der sich unter anderem in dem aktuellen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Reform des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) niederschlägt. Er war ein inspirierender Lehrer mit der seltenen Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge anschaulich und greifbar zu erklären, hiervon zeugt in besonderer Weise das vorliegende Buch.

      Unser guter Freund Peter Riedesser, der zweite Autor dieses Lehrbuchs, war bereits am 19. September 2008 verstorben, sodass das Lehrbuch der Psychotraumatologie seine Väter verloren hat. Um die in diesem Buch enthaltenen Ideen weiterhin zu bewahren und kommenden Generationen von Studenten und Lesern aktuell und zugänglich zu halten, haben wir das Lehrbuch in der 5. Auflage überarbeitet. Die Grundgedanken des Buches sollten immer erhalten bleiben und nur bei Aktualisierungen Veränderungen vorgenommen werden. Ich möchte mich für die Mitarbeit herzlich bei den Autoren der jeweiligen Kapitel und dem Ernst Reinhard Verlag für die Unterstützung bedanken.

      Berlin, Juli 2020Monika Becker-Fischer und Adrian Georg Fischer

      Aufbau des Lehrbuchs und Hinweise für die Lektüre

      Das Lehrbuch ist in zwei Hauptteile untergliedert: Allgemeine und Differenzielle → Psychotraumatologie (AP bzw. DP) sowie Spezielle Psychotraumatologie (SP).

      Die AP behandelt allgemeine Gesetzmäßigkeiten traumatischen Erlebens und dadurch bedingten Verhaltens, die DP befasst sich mit interindividuellen und intersituativen Unterschieden und Dispositionen von Traumaerleben und Traumaverarbeitung. SP ist an typischen Situationen ausgerichtet wie Traumatisierung am Arbeitsplatz, Gewaltkriminalität, sexueller Kindesmissbrauch usf. Der Gegenstand der Psychotraumatologie wird in den verschiedenen Haupt- und Unterabschnitten aus diesen einander ergänzenden Perspektiven beleuchtet.

      Die AP ist in unserem Lehrbuch an einem → Verlaufsmodell der psychischen Traumatisierung ausgerichtet (Abschnitt 2). Die Entstehung von Beschwerden und Symptomen wird aus einem prozesshaften Geschehen, einem Entwicklungsverlauf heraus verstanden. Zudem werden in diesem Modell subjektive und objektive Aspekte der traumatischen Situation systematisch aufeinander bezogen.

      Wir hoffen, durch dieses zugleich prozesshaft-dialektische und umwelttheoretische (→ ökologische) Vorgehen eine Alternative zu bieten zu den traditionell statischen und individuumzentrierten Modellen psychischer Krankheitsentstehung, die ein Symptombild überwiegend oder gar ausschließlich aus internen Eigenschaften des Symptomträgers herleiten.

      Letzteres Vorgehen hat in der Medizingeschichte eine lange, unglückliche Tradition. So verfuhr schon Hippokrates, als er die depressive Verstimmung und das Krankheitsbild der Depression auf ein Übermaß an schwarzer Galle (melaina chole = Melancholie) im Organismus zurückführte. Alternativ ließe sich natürlich fragen, ob und wieweit sich ein depressives Zustandsbild – weniger voraussetzungsvoll – aus einem Zusammenspiel zwischen Individuum und deprimierenden (aktuellen oder lebensgeschichtlichen) Erfahrungen erklären lässt.

      Mit einem dialektisch-ökologischen Ansatz lässt sich durch die Kombination geeigneter Forschungsmethoden (Abschnitt 3.4) prinzipiell ein kausales Verständnis psychotraumatischer Störungsbilder erreichen, so weit es gelingt, an Gruppen und/oder Individuen eine systematische Kovariation zwischen traumatogenen Umweltfaktoren und subjektiven Verarbeitungsprozessen bzw. Verletzungsphänomenen aufzuzeigen.

      In der Systematik des Lehrbuchs scheint der Entwicklungsaspekt zu fehlen, ein besonderer Abschnitt zur Psychotraumatologie der Entwicklung etwa. Der Gesichtspunkt der Entwicklung wird jedoch, unserem dialektisch-prozessorientierten Ansatz entsprechend, innerhalb der AP, DP und SP bereits systematisch berücksichtigt. Es handelt sich dabei nicht um eine weitere Zugangsweise oder Forschungsperspektive, sondern um ein allgemeines Merkmal des Gegenstands, wenn wir nämlich das menschliche Leben insgesamt als Entwicklungsprozess verstehen.

      Als grammatische Allgemeinbezeichnungen verwenden wir mehr oder weniger beliebig entweder die männliche oder die weibliche Form (z. B. Patientinnen oder Patienten). Wenn das Genus für den Sinn der Passage von Bedeutung ist, wird dies durch kursive Schrift hervorgehoben, z. B. Patientinnen, wenn Frauen gemeint sind und nicht die Gruppe der Patienten oder Patientinnen im Allgemeinen.

      Das Glossar am Ende des Buches gibt terminologische Definitionen und klärt außerdem Fachausdrücke, die nicht in allen „Mutterdisziplinen“ der Psychotraumatologie geläufig sind. Im Text wird durch einen Pfeil (→) auf das Glossar verwiesen.

      Das Glossar kann natürlich gewisse Grundkenntnisse in Nachbardisziplinen nicht ersetzen. Wir hoffen aber, dass es das Verständnis des Textes erleichtern kann und dass es zugleich dazu beiträgt, dass die interdisziplinäre Disziplin Psychotraumatologie zu einem einheitlichen Gebiet zusammenwächst.

      Abkürzungen

ACTHAdrenocorticotropes Hormon
APAllgemeine Psychotraumatologie
BICCBonn International Center of Conversion
bPTBSbasales psychotraumatisches Belastungssyndrom
CAPSClinician-administered PTSD-Scale
CATCognitive-Analytic-Therapy
CISDCritical Incident Stress Debriefing
CSKonditionierter Stimulus
DBSDouble-Bind-Situation
DESDissociative Experience Scale
DESNOSDiagnosis of extreme Stress not otherwise specified
DIPSDiagnostisches Interview bei psychischen Störungen
DPDifferenzielle Psychotraumatologie
DSMDiagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen der American Psychiatric Association
DVMDialektisches
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