Lehrbuch der Psychotraumatologie. Gottfried Fischer

Lehrbuch der Psychotraumatologie - Gottfried Fischer


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and ReprocessingGABAGammaaminobuttersäureHHNHypothalamus-Hypophysen-NebennierenachseHTQHarvard Trauma QuestionnaireICDInternational Classification of DiseasesIESImpact of Event ScaleIN-StrategieIndividuell-nomothetische ForschungsstrategieIPTInstitut für Psychotraumatologie KölnKÖDOPSKölner Dokumentationssystem für Psychotherapie und TraumabehandlungKOMKölner Opferhilfe ModellkPTBSkomplexes psychotraumatisches BelastungssyndromKTDKölner Therapie DokumentationKTIKölner TraumainventarLIPTLeymann Inventory of psychological TerrorizationM-CIDMünchener composite international diagnostic interviewMMPIMinnesota Multiphasic Personality InventoryMPTTMehrdimensionale psychoanalytische TraumatherapieOPDOperationalisierte psychodynamische DiagnostikPDEQPeritraumatic Dissociative Experiences QuestionnairePETPositronen-Emissions-TomographiePFPPsychotraumatologisch fundierte PsychotherapiePMTProfessionales MissbrauchstraumaPTBSPsychotraumatisches BelastungssyndromPTSDPosttraumatic Stress DisorderPTsfDPosttraumatic Self DisorderPTSSPosttraumatic Symptom ScaleRCTRehabilitation Center for Torture VictimsSCIDStructured Clinical Interview for DSM IIISCL-90-RSymptom Checklist, 90 Items, revisedSITStress Inoculation TrainingSKPPFragebogen zu sexuellen Kontakten in Psychotherapie undPsychiatrieSPSpezielle PsychotraumatologieSUD-SkalaSubjective Units of DiscomfortTKSTraumakompensatorisches SchemaTSTraumaschemaUCRUnkonditionierte ReaktionUCSUnkonditionierter StimulusVI-StrategieVariablenisolierende (Forschungs-)StrategieVSVictimisierungssyndromZNSZentralnervensystemZTSTZentrales traumatisches Situationsthema

      Teil I:

      Allgemeine Psychotraumatologie

      1 Einführung

      1.1 Psychotraumatologie als Forschungs- und Praxisfeld

      Ideen liegen manchmal in der Luft – und Namen dafür auch. Seit einigen Jahren hatten wir, eine Gruppe von Kolleginnen und Kollegen aus Psychologie, Medizin, Rechtswissenschaft und vor allem aus Psychoanalyse und Psychotherapie, uns Gedanken gemacht über die Notwendigkeit, psychische Traumata näher zu erforschen. Da dieses Thema unseren sonst recht unterschiedlichen Praxisfeldern gemeinsam war, entstand die Idee, ein Forschungsinstitut zu gründen, das sich mit der Auswirkung von psychischer Traumatisierung auf Entstehung und Verlauf von Krankheiten, psychischen und psychosomatischen Störungen oder Verhaltensauffälligkeiten beschäftigen sollte. Die Frage war, wie sollte dieses Institut heißen. Unsere ersten Ideen knüpften an schon etablierte Fachdisziplinen an mit Vorschlägen wie Institut für „medizinisch-psychologische Forschung“ oder bewegten sich in noch weiteren Wortkombinationen wie Medizinisch-Psychologisch-Psychosomatisches Forschungsinstitut usf. Wir verblieben also mit unserer Namenssuche zunächst innerhalb der schon etablierten Disziplinen. Eher zufällig fanden wir dann einen Namen für das, womit wir uns in den praktischen Projekten, die wir damals schon betrieben, auch tatsächlich beschäftigen: eine interdisziplinär ausgerichtete Lehre von psychischen Verletzungen und ihren vielfältigen negativen Folgen für die davon Betroffenen. So entstand schließlich die Bezeichnung Psychotraumatologie, ohne dass wir bewusst eine Wortneuprägung angestrebt hätten. Uns war dabei auch nicht klar, dass dieser Ausdruck bisher noch gar nicht eingeführt war. Er gab ganz selbstverständlich das wieder, womit wir uns befassten: Fragen der Auswirkung von Kindheitstraumen in psychotherapeutischen und psychoanalytischen Behandlungen, Therapie von Exilanten und Opfern von Krieg und politischer Verfolgung, Folgen sexueller Übergriffe in Psychotherapie und Psychiatrie, Diagnosemitteilung bei lebensbedrohlichen Krankheiten, seelische Belastungen bei Katastrophenhelfern und Schadensersatzansprüche nach Verkehrs- oder Arbeitsunfällen. Der Ausdruck Psychotraumatologie bot sich an als gemeinsamer Nenner all dieser Themenbereiche. Am 19.5.1991 gründeten wir nach etwa eineinhalbjähriger Vorbereitung in Freiburg das „Institut für Psychotraumatologie“, um einen Rahmen zur Koordinierung der verschiedenen Forschungsinteressen zu haben. Die Vorsilbe „Psycho“-Traumatologie hatten wir gewählt zur Abgrenzung von der chirurgischen Traumatologie, ein Fach, das an fast allen Universitätskliniken der Bundesrepublik als klinische Einheit und Unterrichtsfach vertreten ist.

      Es ist nun interessant zu sehen, dass sich in den USA eine ganz ähnliche Diskussion ergeben hatte und ähnliche Überlegungen zu einer vergleichbaren Benennung führten. Dort befasst sich schon sehr viel länger als in Deutschland ein Kreis von Wissenschaftlern systematisch mit der Erforschung von schweren und schwersten Stressphänomenen. Wegweisend war die Publikation „Stress-Response-Syndromes“ von Mardi Horowitz, einem Psychiater und Psychoanalytiker aus San Francisco (1986). Eine Akzentverschiebung auf „traumatischen“ Stress, die bei Horowitz schon angelegt ist, führte schließlich zur Bezeichnung der so genannten nach-traumatischen Belastungsstörung, dem „posttraumatic stress disorder“, wie sie in das „Diagnostische und Statistische Manual“ (DSM) der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft (1994 in seiner vierten Fassung erschienen) eingegangen ist. Hier werden die Begriffe Stress und Trauma eng miteinander verbunden, was vom intuitiven Sprachgefühl her nicht ganz unproblematisch ist. Wir werden später auf Fragen der Terminologie zurückkommen. Hier sei nur soviel angemerkt: Im täglichen Sprachgebrauch unterscheiden wir deutlich zwischen Trauma und Stress. Trauma wird eher als seelische Verletzung verstanden, während Stress eine recht alltägliche Erscheinung ist. Jeder leidet bisweilen darunter und kommt doch irgendwie damit zurecht. Trauma nimmt eher die Konnotation von Leiden und Kranksein an.

      Möglicherweise aus dieser sprachlichen Intuition heraus verwandten die Kinderpsychiater Donovan und McIntyre in einer Veröffentlichung mit dem Titel: „Healing the hurt child: A Developmental-contextual approach“ im Jahre 1990 weltweit zum erstenmal den Ausdruck „Traumatology“, wie eine Computerrecherche ergab. Donovan war sehr erstaunt, als er später als Vater dieser Wortprägung entdeckt wurde. Er und sein Kollege McIntyre hatten gar nicht die Absicht gehabt, einen neuen Terminus einzuführen. Sie befassten sich mit den verheerenden Langzeitfolgen psychischer Traumatisierung bei Kindern und bezeichneten ihre Arbeit ganz selbstverständlich als Beitrag zur „Traumatology“ (Donovan 1991, 433). „Healing the hurt child“: das verletzte Kind zu heilen und als Voraussetzung für die Heilung die seelischen Verletzungen und Wunden zu beschreiben, darum war es den beiden Kinderpsychiatern gegangen. Die Wortfindung war hier ebenso „natürlich“ und intuitiv verlaufen wie bei unserer Freiburger Institutsgründung. Für eine wissenschaftliche Disziplin muss das nicht unbedingt ein Nachteil sein. Deutlicher als bei „ausgedachten“, mühsam entwickelten Kunstwörtern können wir in solchen Fällen von einem terminologischen Bedarf ausgehen, der aus der Praxis entsteht und auch in praktischen Anforderungen begründet ist.

      Für Donovan hat der Ausdruck „Traumatology“ programmatischen Charakter. Er grenzt ihn zunächst von der chirurgischen Traumatologie ab und kommt dann auf das erweiterte besondere Forschungsfeld zu sprechen, das der Ausdruck bezeichnen soll:

      „Der Ausdruck ,Traumatologie‘ ist nicht neu in der Medizin. Traditionellerweise bezeichnet er einen Zweig der Chirurgie, der sich beschäftigt mit Wunden und Behinderungen, die von einer Verletzung stammen. Unsere Verwendung jedoch spiegelt das Entstehen eines genuinen Forschungsfeldes wider, das aus Bemühungen entstanden ist, die früher als disparat wahrgenommen wurden. Bei allem Respekt, den wir den vielfältigen mikrokosmischen Universen des menschlichen Körpers schulden und der Komplexität seiner Reaktion auf physische Verletzungen, so bezeichnet unsere Verwendung des Begriffs Traumatologie doch ein viel breiteres, ein wirklich umfassendes Feld, ein schon existierendes Forschungsfeld, das darauf wartet, erkannt, organisiert und entwickelt zu werden – ganz ähnlich wie


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