Baurecht Baden-Württemberg. Christoph Wassermann
und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Satzungsbeschluss i.S.d. § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (vgl. §§ 30 Abs. 2, 12 Abs. 1 S. 1 BauGB). Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird dann Bestandteil des jeweiligen Bebauungsplanes.
Hinweis
Gemäß § 30 Abs. 2 BauGB steht ein vorhabenbezogener Bebauungsplan einem qualifizierten Bebauungsplan gleich, so dass die Anwendung der §§ 34, 35 BauGB ausgeschlossen ist. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan ist also die abschließende Beurteilungsgrundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bauvorhabens.
d) Der Bebauungsplan der Innenentwicklung, § 13a BauGB
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Eine Bebauungsplanung für die Wiedernutzbarkeit von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung stellt gemäß § 13a Abs. 1 S. 1 BauGB einen Bebauungsplan der Innenentwicklung dar.
Beim Vorliegen eines derartigen Bebauungsplanes und der Einhaltung von Flächenobergrenzen („weniger als 20 000 Quadratmeter“, § 13a Abs. 1 Nr. 1 BauGB; „20 000 bis weniger als 70 000 Quadratmeter“, § 13a Abs. 1 Nr. 2 BauGB) ist ein beschleunigtes Verfahren gemäß § 13 Abs. 2 BauGB zulässig.
Derartige Pläne betreffen den Siedlungsbereich in Abgrenzung zum Außenbereich[67] (zum Begriff des Außenbereichs s.u. Rn. 342 ff.).[68]
3. Teil Kommunale Bauleitplanung › B. Bauleitpläne nach § 1 Abs. 2 BauGB › V. Besondere Bedeutung, Inhalt und Systematik der BauNVO
1. Besondere Bedeutung und Inhalt
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Der Baunutzungsverordnung (BauNVO) kommt im Zusammenhang mit der Aufstellung von Bauleitplänen eine besondere Bedeutung zu, denn durch sie werden die Regelungsmöglichkeiten in Bezug auf Bauleitpläne konkretisiert und ergänzt:[69]
Hinweis
Die Baunutzungsverordnung ist aufgrund der Ermächtigung des § 9a BauGB erlassen worden.
a) In Bezug auf Flächennutzungspläne
Lesen Sie § 1 BauNVO.
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Nach § 1 Abs. 1 BauNVO können im Flächennutzungsplan die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung dargestellt werden als 1. Wohnbauflächen, 2. Gemischte Bauflächen, 3. Gewerbliche Bauflächen und 4. Sonderbauflächen. Dabei handelt sich um sog. Bauflächen, vgl. § 1 Abs. 1 BauNVO.
b) In Bezug auf Bebauungspläne
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In Bebauungsplänen können gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 BauNVO nach der Art ihrer baulichen Nutzung sog. Baugebiete i.S.d. § 1 Abs. 2 BauNVO festgesetzt werden. Diese Baugebiete unterscheiden sich insbesondere nach der Art ihrer Zweckbestimmung und nach den in ihnen allgemein zulässigen sowie ausnahmsweise zulassungsfähigen Anlagen. Die zulässigen Baugebiete sind i.S.d. § 1 Abs. 2 BauNVO geregelt.
Hinweis
Im Hinblick auf die zulässigen Baugebiete, deren Regelung eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums darstellt (s.o. Rn. 90), besteht ein Typenzwang. Die Gemeinde kann also nur die in § 1 Abs. 2 BauGB normierten Baugebiete festsetzten. Diese Regelung ist abschließend.[70] Die Gemeinde hat daher kein „Festsetzungsfindungs- bzw. Gebietserfindungsrecht“.[71]
Wenn die Gemeinde ein bestimmtes Baugebiet festsetzt, werden die entsprechenden baugebietstypisierenden Festsetzungen gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 BauNVO der jeweils einschlägigen Vorschrift der §§ 2–14 BauNVO automatisch Bestandteil des Bebauungsplanes, soweit in § 1 Abs. 4–10 BauNVO nichts anderes bestimmt ist.
Da der Gemeinderat jeweils nur die Festsetzungen im Zeitpunkt seines Satzungsbeschlusses zugrunde legen kann, handelt es sich bei § 1 Abs. 3 BauNVO um eine statische Verweisung: Daher ist jeweils die BauNVO in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses gültigen Fassung zugrunde zu legen.[72]
2. Systematik der Gebietsbeschreibungen der BauNVO
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Verinnerlichen Sie diese Systematik der BauNVO sowie die Inhalt dieser Regelungen. Wenn Sie in einer Klausur lange nach dem möglichen Baugebietstyp suchen müssen, geht Ihnen wertvolle Zeit verloren.
Die Baugebietsbeschreibungen der BauNVO sind nach einer einheitlichen Systematik aufgebaut:[73]
• | In Absatz 1 der jeweiligen Vorschrift wird der Gebietscharakter definiert und die allgemeine Zweckbestimmung umschrieben, |
• | im jeweiligen Absatz 2 werden die regelmäßig zulässigen Nutzungen, d.h. die Regelnutzungen, aufgeführt und |
• | in Absatz 3 der jeweiligen Regelung wird ausgeführt, welche Arten der baulichen Nutzung im Baugebiet ausnahmsweise nach § 31 Abs. 1 BauGB (s. Rn. 303 f.) zugelassen werden können, sog. Ausnahmebebauung |
Beispiel
Die Gemeinde A setzt die Baufläche in ihrem Bebauungsplan als reines Wohngebiet i.S.d. § 3 BauNVO fest.
Deshalb darf jedes Grundstück grundsätzlich nur mit Wohngebäuden § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, oder mit Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen, § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, bebaut werden.
Ausnahmsweise (im Wege der Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB) können Grundstücke mit Läden und nicht störenden Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleinen Betrieben des Beherbergungsgewerbes, § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, und sonstigen Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke, § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, bebaut werden.
JURIQ-Klausurtipp
In einer Klausur wird nur äußert selten der Typ des Gebietes angegeben sein. Vielmehr wird die dortige Bebauung umschrieben sein. Ihre Aufgabe ist es dann, anhand der Angaben im Sachverhalt das Gebiet unter einen Gebietstyp i.S.d. BauNVO zu subsumieren. Bezüglich der nach der BauNVO zulässigen Festsetzungen ist zwischen solchen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung und deren Maß zu unterscheiden:
• | in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung muss sich die Gemeinde für einen der in § 1 Abs. 2 BauNVO genannten Gebietstypen entscheiden (Typenzwang). Die zulässigen Nutzungsformen ergeben sich dann aus der jeweils einschlägigen Vorschrift der §§ 2–11 BauNVO. Gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 BauNVO wird die jeweils einschlägige Vorschrift der §§ 2–14 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplanes, soweit in § 1 Abs. 4–10 BauNVO nichts anderes bestimmt ist. |
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