Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts. Marco Mansdörfer

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Weise gewinnen wie beim Versuch:

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      Ausgangspunkt ist wieder die allgemeine Handlungsfreiheit und deren Einschränkung aus Gründen des Allgemeinwohls und damit das Prinzip, nach dem eine Haftung für fremdes Verhalten grundsätzlich abzulehnen ist. In die Handlungsfreiheit zeitlich früher agierender Personen kann also regelmäßig nicht eingegriffen werden, wenn deren Verhalten nur über (bewusstes) deliktisches Verhalten eigenverantwortlicher Dritter zu Güterbeeinträchtigungen führen kann[325]. Grenzen werden zum einen dort zu ziehen sein, wo dieses Handeln nach seiner subjektiven Zwecksetzung und seinem objektiven Sinnbezug dazu dient, deliktisches Verhalten Dritter zu ermöglichen oder zu fördern oder Dritte durch ein Verhalten erst zu ihrer Tat zu bestimmen. Ein gesetzlich normiertes Beispiel für diesen Grundsatz findet sich in den §§ 26, 27 StGB. Der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit muss freilich eingeschränkt werden, soweit der zeitlich früher Handelnde die Aufgabe übernommen hat, Abläufe, in die auch eigenverantwortliche Personen integriert sind, zu organisieren, zu koordinieren oder zu unterbinden. Wichtig kann dieser Gedanke im Wirtschaftsstrafrecht insbesondere für Personen mit Leitungsbefugnissen werden. So kann auch die fehlerhafte Ausübung von Leitungsbefugnissen zu einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit führen, obwohl die den Erfolg unmittelbar verursachende Handlung von einem eigenverantwortlich Handelnden Dritten verursacht wurde. Entscheidend ist damit, wie die individuellen Handlungsfreiheiten gegeneinander abgewogen und wechselseitig ausgestaltet werden müssen, damit insgesamt der größtmögliche wechselseitige Vorteil bei noch tolerierbaren Risiken realisiert werden kann[326].

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      Eine bedeutende Konkretisierung solcher Erwägungen zur allgemeinen Handlungsfreiheit, zur Beschränkung der Verantwortlichkeit auf das eigene Verhalten und die eigenen Erkenntnismöglichkeiten sieht die herrschende Auffassung im sog. Vertrauensgrundsatz[327] : Danach darf jeder Verkehrsteilnehmer auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der anderen vertrauen und muss sich nicht auf verkehrswidriges oder unvernünftiges Verhalten anderer einstellen[328], solange dieses Vertrauen objektiv nicht erschüttert ist[329].

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      Der Vertrauensgrundsatz wurde von der Rechtsprechung zunächst für den Bereich des Straßenverkehrsrechts entwickelt[330], später aber verschiedentlich auch auf Sachverhalte arbeitsteiligen Vorgehens übertragen[331]. Zur Konkretisierung des Vertrauensgrundsatzes für die einzelnen Formen der Arbeitsteilung ist freilich insgesamt noch wenig Arbeit geleistet worden[332].

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      Im Ausgangspunkt dürfte Folgendes gelten: Hilfspersonen tragen die Verantwortlichkeit für die ihnen übertragene Hilfstätigkeit und deren Gefahrenpotential für die durch die Verletzungsdelikte geschützten Güter. Leitungspersonen sind zuständig für die Organisation, Koordination und Kommunikation in den von ihnen geleiteten Arbeitsprozessen[333].

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      Im Allgemeinen ergeben sich gerade im Wirtschaftsstrafrecht die konkreten Verantwortlichkeiten aus den typischen Berufsbildern und den Aufgabenbeschreibungen in den Arbeitsverträgen. Diese Faktoren müssen daher juristisch-konstruktiv ebenso angemessen erfasst werden wie die faktische Arbeitsverteilung, die betriebliche Übung, die informelle Organisation des Unternehmens und in einem Unternehmen geltende Verhaltenskodices.

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      Wer eine sachliche Gefahrenquelle zu überwachen hat, muss dafür Sorge tragen, dass von dieser Sache keine Gefahren ausgehen. Schwieriger ist der Umfang von Überwachungspflichten in Bezug auf andere Personen zu beschreiben: Roxin schlägt etwa als Leitlinie vor, dem kompetentesten Mitwirkenden im Hinblick auf andere Beteiligte nur so viele Überwachungspflichten aufzuerlegen, wie er ohne Gefahr einer Vernachlässigung seines persönlichen Arbeitsanteils erfüllen kann[334]. Praktisch hat ein solcher Maßstab freilich wenig leitende Funktion. Zum einen lässt diese „Leitlinie“ gerade offen, in Bezug auf welche Beteiligte welches konkrete Maß an Überwachung notwendig sein soll. Zum anderen ist auch der Begriff der Überwachung wenig spezifisch. Überwachung wird in den Wirtschaftswissenschaften gemeinhin als Oberbegriff verstanden und umfasst die Aspekte der Kontrolle und der Prüfung bzw. Revision[335]. Eine Prüfung soll vorliegen, wenn eine Überwachungsmaßnahme von einer Person durchgeführt wird, die vom zu überwachenden Prozess oder Verantwortungsbereich weder direkt noch indirekt abhängig ist. Sie ist zwar eine an sich der Betriebsführung zukommende Aufgabe, wird jedoch in der Regel an betriebsinterne oder -externe Sachverständige delegiert. Von Kontrolle spricht man dagegen, wenn die Überwachung durch die mit der Ausführung der Aufgabe befassten Personen vorgenommen wird. Kontrolle und Prüfung haben zwar beide die Funktion, Abweichungen festzustellen. Ob die Abweichung aber noch rückgängig zu machen ist, hängt nicht von der Art der Überwachung, sondern von der Art des betroffenen Betriebsprozesses ab. Das Kriterium der Überwachung erfasst die strafrechtlichen Verantwortlichkeiten damit allenfalls unzureichend[336]. Insoweit werden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung eingehendere Untersuchungen vorzunehmen sein[337].

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      Der moderne Gesetzgeber neigt immer stärker dazu, anstelle klassischer Verletzungsdelikte Gefährdungsdelikte zu normieren[338]. Von wissenschaftlicher Seite sind diese Delikte erst in jüngerer Zeit verstärkt erforscht und insgesamt noch deutlich weniger durchdrungen worden als die Verletzungsdelikte[339].

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      Zur näheren Untersuchung der Gefährdungsdelikte ist die Unterscheidung zwischen abstrakten und konkreten Gefährdungsdelikten geläufig. Im Schrifttum wird zum Teil innerhalb der abstrakten Gefährdungsdelikte deskriptiv zwischen konkreten Gefährlichkeitsdelikten, Eignungsdelikten, Kumulationsdelikten, Vorbereitungsdelikten und rechtsgutslosen Delikten differenziert[340] und versucht, für jede Deliktsgruppe die maßgebenden Legitimationskriterien zu spezifizieren[341]. Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen den einzelnen neuen Deliktstypen ist bislang aber nicht gelungen und auch das kritische Potential ist für die hier im Vordergrund stehende Diskussion individueller Handlungssteuerung gering.

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      Zieschang weist in seiner Untersuchung der Gefährdungsdelikte auf das Problem hin, dass einige Gefährdungsdelikte so weit gefasst sind, dass sie im Einzelfall auch bloße Verstöße gegen Form- und Ordnungsvorschriften erfassen[342]. So pönalisiert etwa das Unerlaubte Betreiben von Anlagen im Sinne von § 327 Abs. 2 StGB im Grunde die Nichteinhaltung behördlicher Genehmigungsverfahren ohne Rücksicht auf aus einem Verstoß gegen diese Pflichten resultierende echte Gefahren für die Umwelt[343]. In ähnlicher Weise pönalisiert § 283 Abs 1 Nr. 7b StGB die Nichteinhaltung handelsrechtlicher Bilanzvorschriften, ohne dass sich dadurch die Position der Gläubiger tatsächlich verschlechtern muss[344]. Mit Blick auf die oben angedeuteten verschiedenen kommunikativen Gehalte der Strafe sind solche Straftaten bedenklich. De lege ferenda wäre es vorzugswürdig, solche Verhaltensweisen nicht als Straftaten, sondern als Ordnungswidrigkeiten zu bestrafen, und sich wieder vermehrt der Technik der sog. unechten Mischtatbestände zu bedienen[345]. Beispielhaft kann insoweit auf § 2 WiStG verwiesen werden: Danach sind Straftaten gem. § 1 WiStG als Ordnungswidrigkeiten zu behandeln, wenn die Tat ihrem Umfang und ihrer Auswirkung nach nicht geeignet ist, die Verwirklichung der Ziele, denen die in § 1 WiStG genannten Rechtsvorschriften zu dienen bestimmt sind, merkbar zu beeinträchtigen[346].

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      Kindhäuser sieht – zum Teil im Anschluss an Binding[347] – das Wesen des Gefährdungsdelikts im Schutz von Vertrauen und Sicherheit[348]. Dabei sind Vertrauen und Sicherheit insoweit austauschbar, als der Begriff des Vertrauens den psychologischen Reflex auf ein objektives Datum der Sicherheit darstellt. Die psychologisierende Betrachtung führt also insoweit in die


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