AGB-Recht. Martin Schwab
AGB-Recht, § 305 Rn. 176.
Zutreffend OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 567, 568.
Zutreffend OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 567, 568.
Zutreffend BGH NJW 1978, 2243, 2244.
Ebenso Schmidt NJW 2011, 3329, 3332.
BGHZ 42, 53, 55; BGH NJW-RR 2005, 1518, 1520; ebenso Fischer BB 1995, 2491, 2492; Wolf/Ungeheuer JZ 1995, 77, 80.
Fischer BB 1995, 2491, 2492.
Ablehnend auch LG Kleve BB 1960, 422; Bertele BB 1960, 422 f.; Schmidt-Salzer BB 1968, 68. Vgl. ferner LG Tübingen MDR 1967, 1007: Rechtsprechung des BGH zur Beachtlichkeit von AGB auf Rechnungen „nicht verallgemeinerungsfähig“.
Zutreffend Bertele BB 1960, 422, 423.
OLG Düsseldorf NJW 2001, 1562, 1563; OLG Düsseldorf NJOZ 2004, 2854, 2856; Mann BB 2017, 2178.
BGH NJW 1976, 1886, 1887; NJW 1988, 1210, 1212; OLG Düsseldorf NJW 2001, 1562, 1563.
OLG Düsseldorf NJOZ 2004, 2854, 2856; OLG Hamm v. 11.7.1983, 2 U 86/83, juris Rn. 29 = BB 1983, 1814.
1. Problemstellung
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Im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist die Verwendung von AGB so weit verbreitet, dass nicht selten beide Seiten ihre AGB in den Vertrag einzuführen suchen. Es kann kaum verwundern, dass diese jeweils aus der eigenen Interessenperspektive heraus formulierten AGB regelmäßig erheblich voneinander abweichen.
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Beispiel 34
V verkauft an K Waren. Sowohl V als auch K haben in ihren Erklärungen auf ihre jeweiligen AGB hingewiesen. Nach den AGB des V wird unter Eigentumsvorbehalt geliefert; nach den AGB des K gelangt die Ware sofort in dessen Volleigentum „ohne Vorbehalt irgendwelcher Rechte für den Verkäufer“.
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In der Praxis versuchen sich die Unternehmen gegen die Einbeziehung fremder AGB zusätzlich mit Hilfe von sog. Abwehrklauseln abzusichern (die sich in der Praxis meist ebenfalls in den AGB beider Vertragsseiten finden):
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Muster für eine Abwehrklausel
„Der Vertrag wird ausschließlich zu den nachstehenden Bedingungen geschlossen. Abweichende AGB des Käufers (Verkäufers etc.) werden auch dann nicht Vertragsbestandteil, wenn wir ihnen nicht ausdrücklich widersprechen.“
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In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Vertrag überhaupt zustande kommt und ob und wessen AGB Vertragsbestandteil werden.
2. Die „Theorie des letzten Wortes“
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Die frühere Rechtsprechung[1] hielt die AGB derjenigen Vertragspartei für einbezogen, die zuletzt auf sie hingewiesen hatte. Die rechtliche Konstruktion war die folgende: Wenn eine Partei unter Hinweis auf ihre AGB ein Vertragsangebot unterbreite und die andere es unter Hinweis auf ihre (abweichenden) AGB annehme, so liege hierin nach § 150 II BGB die Ablehnung des Angebots verbunden mit einem neuen Antrag. Dieser werde von der Gegenpartei dadurch angenommen, dass sie ohne Widerspruch gegen die abweichenden AGB an der Durchführung des Vertrags mitwirke.
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Im Beispiel 34 hätte das etwa so aussehen können: V bietet unter Hinweis auf seine AGB an; K nimmt an und bezieht sich seinerseits auf seine AGB; V liefert ohne weiteren Kommentar. Dann wären die AGB des K einbezogen.
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Diese Theorie des letzten Wortes ist von der Rechtsprechung weitgehend aufgegeben worden (zum jetzigen Lösungsansatz sogleich Rn. 139); und sie stößt in der Tat auf Bedenken: Wer seine AGB letztlich mit Erfolg in den Vertrag einführt, hängt nach ihr von der mehr oder weniger zufälligen Reihenfolge der Vertragserklärungen ab. Damit wird indes keine angemessene Interessenbewertung erzielt. Die Verwendung von AGB dient der Rationalisierung des Geschäftsverkehrs: Der Verwender tritt mit einem vorformulierten Vertragswerk in die Verhandlungen ein, weil er nicht bei jedem einzelnen Geschäftsabschluss jeden einzelnen Punkt neu bedenken und neu aushandeln möchte. Das Interesse, den Geschäftsverkehr zu rationalisieren, besteht nun aber in gleichwertiger Weise auf seiten beider Vertragsparteien. Wenn derjenige, der als letzter seine AGB zur Sprache bringt, sich mit ihnen durchsetzt, wird nur sein Rationalisierungsinteresse berücksichtigt; das des Vertragsgegners bleibt auf der Strecke. § 150 II BGB bietet daher insgesamt für den Fall der Kollision von AGB keinen angemessenen Konfliktlösungsmechanismus an[2].
3. Der richtige Lösungsweg: Grundsätzliche Nichteinbeziehung sämtlicher AGB
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Wenn also beide Seiten ein gleichwertiges Interesse an der Einbeziehung ihrer AGB haben und diese einander widersprechen, kann – in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung[3] – nur eine Lösung zutreffend sein: Weder die AGB der einen noch die der anderen Seite werden Vertragsbestandteil. Rechtsdogmatisch wird dies Ergebnis erreicht durch eine interessengerechte Handhabung des § 154 I BGB[4]: Wenn beide Parteien ihre (einander widersprechenden) AGB einbeziehen wollen und sich gegen fremde AGB mit Hilfe einer Abwehrklausel verwahrt haben, befinden sie sich im offenen Dissens über vertragliche Nebenbestimmungen (accidentialia negotii). Damit ist an sich nach § 154 I BGB der Vertrag nicht geschlossen. Diese Regel gilt aber nur im Zweifel, d.h. dann nicht, wenn beide Parteien durch ihr gesamtes Verhalten ihren Willen erkennen lassen, dass der Vertrag auch ohne Rücksicht auf die AGB zustande kommen soll. Ein solcher Wille kommt namentlich dann zum Ausdruck, wenn die Parteien ungeachtet ihrer Meinungsverschiedenheiten bezüglich der AGB zur Durchführung des Vertrags schreiten.
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