Soldatengesetz. Stefan Sohm
Dies erscheint überdifferenziert und letztendlich auch inkonsistent.
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Zum einen kann die reine Mitteilung eines Soldaten, dass er eine Überzeugung habe, die mit der FdGO nicht übereinstimme, durchaus ein Dienstvergehen darstellen, selbst wenn über diese Mitteilung hinaus keinerlei Aktivitäten entfaltet werden. Es wäre h.E. bspw. widersprüchlich, einem Soldaten, der bspw. durch eine schlichte Äußerung im Kameradenkreis mitteilt, er sei überzeugter Nationalsozialist, kein Dienstvergehen anzunehmen, während das Tragen von Tätowierungen mit verfassungsfeindlichen Symbolen (völlig zu Recht!) als Dienstvergehen angesehen wird – gerade mit der Begründung, durch die Tätowierung würde ein Bekenntnis dauerhaft dokumentiert, wobei das Dienstvergehen nicht an der Gesinnung oder inneren Haltung, sondern am äußeren Handeln anknüpfe. Dementsprechend konstatiert auch die Rspr., dass das geforderte „Mehr“ als das bloße Haben und Mitteilen einer Überzeugung nicht erst bei einem offensiven Werben erreicht sei. Zwischen dem „bloßen“ Haben und Mitteilen einer Überzeugung und dem planmäßigen werbenden Agieren oder gar Agitieren lägen differenzierungsfähige und erhebliche Abstufungen.[54] Hier klare Grenzlinien zu ziehen dürfte schwierig sein. Dass eine rein innere Haltung kein Anknüpfungspunkt für ein Dienstvergehen sein kann, folgt im Grunde schon daraus, dass diese letztendlich gar nicht feststellbar ist, wenn sie nicht in irgendeiner Form nach außen tritt.
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Ein zweiter Aspekt kommt hinzu. Die Dienstpflicht des § 8 quasi als Kombination aus dem Haben einer Überzeugung und einem nicht ganz klar definierten „Mehr“ (i.S. e. Außenwirkung) aufzufassen, kann auch zu kurz greifen. So sind h.E. disziplinar zu ahndende Verletzungen von § 8 SG denkbar, selbst wenn die betroffenen Soldatinnen oder Soldaten überhaupt keine verfassungsfeindliche Überzeugung haben.[55] Dies erscheint gerade bei dem Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole möglich, das nicht zwingend Ausdruck einer entsprechenden reflektierten Überzeugung sein muss. In der Sache verfassungsfeindliche Äußerungen können aus Gründen der Provokation oder aus sonstigen Motiven getätigt werden, nicht nur als Ausfluss einer entsprechenden politischen Haltung. Besonders deutlich wird dies in den Fällen fehlender Distanzierung oder unterbliebenem Eingreifen gegenüber verfassungsfeindlichen Umtrieben anderer, was anerkanntermaßen eine Verletzung von § 8 begründen kann.[56] Hier spielt die Überzeugung des Unterlassenden nicht zwingend eine Rolle, vielmehr möglicherweise die Furcht vor Isolierung oder der Wunsch nach Akzeptanz.
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Vor diesem Hintergrund spricht vieles dafür, die Vorgabe des § 8 als eine einheitliche soldatische Pflicht zu qualifizieren, die im Kern darin besteht, nach außen keinerlei Distanz oder Ablehnung zur verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland erkennen zu lassen, unabhängig von der dahinterstehenden Motivation oder Überzeugung.[57] Davon unberührt bleibt, dass die Motivation bei der disziplinaren Maßnahmebemessung eine Rolle zu spielen hat. So im Ergebnis völlig zu Recht der 2. WDS[58]. Von seinem Ausgangspunkt, dass § 8 zwei verschiedene Dienstpflichten enthalte, führt dies aber zu der systematischen Eigentümlichkeit, dass der (im konkreten Fall) fehlende Verstoß gegen § 8 1. Alt. (anerkennen) als „Milderungsgrund“ bei der Maßnahmebemessung hinsichtlich des vorliegenden Verstoßes gegen § 8 2. Alt. herangezogen wird. Unklar ist bei dieser strikten Unterscheidung zwischen Anerkennen und Eintreten weiterhin, wie sich denn ein isolierter Verstoß gegen § 8 1. Alt. darstellen könnte, wenn es dabei nur um die innere verfassungsfeindliche Gesinnung geht. Eine Gesinnung kann schließlich nur durch eine Manifestation nach außen identifiziert werden. Diese dürfte aber wieder bereits die 2. Alt. erfüllen. Auch dies spricht eher dafür, die innere Einstellung als Bemessungsgrund für die Disziplinarmaßnahme zu qualifizieren und nicht als Tatbestand der Pflichtverletzung selbst. Dies ließe sich letztendlich auch aus § 38 Abs. 1 WDO folgern, wonach die „Beweggründe des Soldaten“ für ein Dienstvergehen bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme eine Rolle spielen. Hier bleibt die weitere Rechtsprechung abzuwarten. Der Beschluss des BVerwG v. 10.10.2019,[59] wonach unstreitig rassistische und menschenverachtende Äußerungen eines Soldaten nicht zwingend eine Verletzung der polit. Treuepflicht begründen, da sie (im konkreten Fall) keinen Rückschluss auf seine Gesinnung bzw. Persönlichkeit erlauben ist ebenso, jedenfalls in der Begründung, als kritisch zu bewerten, Es geht bei § 8 nicht in erster Linie um Gesinnung, sondern um das objektivierbare Verhalten nach außen.
5. Einzelfälle zu § 8 aus der Rechtsprechung[60]
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In der Rspr. wird § 8 in unterschiedlichen systematischen Zusammenhängen angewandt. Als eine zentrale Dienstpflicht ist er zum einen Grundlage für die Feststellung von Dienstvergehen, was jedoch immer ein Minimum an Gewicht und Evidenz der Pflichtverletzung voraussetzt.[61] Die Pflicht zur Verfassungstreue kommt aber auch bei der Anwendung statusrechtl. Best. (z.B. § 55 Abs. 4) zum Tragen sowie bei anderen truppendienstl. Entscheidungen, beispielsweise der Wegversetzung von bestimmten Dienstposten, sowie im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen nach dem SÜG. Dabei erscheint es aber durchaus zweifelhaft, aufgrund von Verhaltensweisen, die eindeutig keinen Pflichtverstoß gegen § 8 darstellen, Maßnahmen gegen einen Soldaten zu treffen und diese allein auf § 8 zu stützen.[62]
Beispiele aus der Rspr. sind:
– | Verunglimpfung von hier lebenden ausländischen Mitbürgern (Türken) durch Uffz (SaZ). Verletzung der Menschenwürde; Verstoß gegen die Pflicht, die FdGO anzuerkennen.[63] |
– | Leugnung des Holocaust durch KKpt (BS). Verletzung des Achtungsanspruchs der Juden und damit der Menschenwürde; Verstoß gegen die Pflicht, „aktiv“ für die geltende Verfassungsordnung einzutreten.[64] |
– | Verbreitung sog. Judenwitze durch OFw (SaZ). Missachtung der Menschenwürde und damit der FdGO[65]. |
– | Mitgliedschaft in der „Artgemeinschaft Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ (Zugführer).[66] |
– | Mitgliedschaft und Funktionärstätigkeit durch Offz (SaZ) in der NPD.[67] |
– | Mehrmalige Teilnahme an rechtsradikalen Veranstaltungen (u.a. der NPD) durch SaZ 4 (Uffz); Entlassung nach § 55 Abs. 5.[68] |
– | Besitz und Abspielen von als verfassungsfeindlich einzustufender Musik im privaten Bereich[69] bzw. in der dienstl. Unterkunft[70] durch SaZ; Entlassung nach § 55 Abs. 5. |
– |
Propagierung der NS-Ideologie durch wehrübenden Offz d.R. Verstoß gegen die Menschenwürde und damit die |