Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand
1000 Stück Schokoladennikoläuse und wird Lieferung bis spätestens am 31.10. vereinbart, so ist ersichtlich, dass diese für das Vorweihnachtsgeschäft benötigt werden und eine spätere Lieferung nicht mehr von Interesse ist. Der Rücktritt ist ohne Fristsetzung möglich.
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Beim relativen Fixgeschäft des BGB hat der Käufer damit die Möglichkeit des Rücktritts ohne Fristsetzung; Schadensersatz richtet sich indes weiterhin nach §§ 281, 280 Abs. 1 und 3: Nachfristsetzung bleibt dafür erforderlich; also: sofortiger Rücktritt aber kein sofortiger Schadensersatz.
Das (ebenfalls relative) handelsrechtliche Fixgeschäft des § 376 HGB geht in den Rechtsfolgen weiter. Der Handelskäufer hat mit Ablauf der als fix vereinbarten Lieferzeit (nur und sogar) das Recht zum sofortigen Rücktritt und zusätzlich, „falls der Schuldner im Verzug ist“ (d.h. im Unterschied zu § 281 Abs. 1 S. 1 auch insoweit ohne Nachfrist; denn Verzug liegt nach § 286 Abs. 2 beim Fixgeschäft nahezu stets vor), sofortigem Schadensersatz statt der Leistung. Wollte sich ein Handelskäufer allerdings statt dessen die Erfüllungsklage erhalten, müsste er diese unverzüglich und ausdrücklich beanspruchen (§ 376 Abs. 1 S. 2 HGB). Im Handelsverkehr sind zur Verdeutlichung sog. „Fixklauseln“ üblich (z.B. „Lieferung fix am 31.10.“, ebenso „genau“, „präzise“ oder „spätestens“). § 376 HGB ist immer schon dann anwendbar, wenn auch nur ein Kaufmann beteiligt ist (§ 345 HGB). Dass bspw. ein Einzelhändler nur kleingewerblicher und nicht im Handelsregister eingetragener „Minderkaufmann“, vgl. §§ 1 Abs. 2, 2 HGB, sein dürfte, hindert die Anwendbarkeit von § 376 HGB nicht, wenn der Verkäufer Kaufmann ist (etwa als GmbH Formkaufmann gem. § 6 HGB i.V.m. § 13 Abs. 2 GmbHG oder als oHG/KG gem. §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB).
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Der Käufer kann sich bei beiden Formen des relativen Fixgeschäfts jedoch erst um einen Deckungskauf kümmern, wenn er zuerst den Zugang seiner Rücktrittserklärung sichergestellt hat, um nicht eine inzwischen vom Verkäufer doch noch angebotene Leistung annehmen und bezahlen zu müssen (kein Widerspruch zu § 376 Abs. 1 S. 2 HGB: Er kann die Leistung ggf. nicht verlangen, muss sie aber annehmen).[77]
Anders ist das nur bei dem seltenen absoluten Fixgeschäft, wobei die Leistung nach dem Fälligkeitstermin erkennbar keinerlei Sinn mehr hat und einen anderen Charakter annähme (Beispiel: Kauf eines Messestandes auf den Veranstaltungstermin). Der Anwendungsbereich des absoluten Fixgeschäfts liegt im Wesentlichen bei der Arbeitsleistung von Arbeitnehmern, die mit Verstreichen der regulären Arbeitszeit nicht mehr nachholbar ist; hierfür privilegieren §§ 615 f. den Arbeitnehmer gegenüber den ansonsten geltenden Vorschriften v.a. des § 326 Abs. 1 und 2. Ähnliches gilt für die Gebrauchsüberlassung bei der Miete, vgl. die dortigen Sonderregelungen in §§ 536 Abs. 3, 537 Abs. 2 und 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2.
§ 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › B. Austauschschuldverhältnisse › II. Sonderformen des Kaufs
II. Sonderformen des Kaufs
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Der Kauf ist das Geschäft des Warenumschlags. Er tritt in verschiedenen Lebensformen auf, von denen hier die Zusendung einer Ansichtssendung, der Vorkauf, der Eigentumsvorbehaltskauf und der Handelskauf (vgl. §§ 373 bis 382 HGB) dargestellt werden sollen. Teilzahlungsgeschäfte und der Verbrauchsgüterkauf werden dagegen nicht gesondert, sondern im jeweiligen Sachzusammenhang ihrer Besonderheiten behandelt.[78]
1. Vorvertragliches Schuldverhältnis
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Der Kaufinteressent kann die Überlassung einer Warenauswahl erbitten, die regelmäßig noch keinerlei Abschluss darstellt, sondern nur ein Angebot ohne Kaufverpflichtung ist. Jede Gefahr der Verschlechterung oder des Verlusts (Preisrisiko) bleibt beim Verkäufer. Der Käufer haftet lediglich im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 276 bzw. 278 für ein Verschulden seiner selbst oder seiner Erfüllungsgehilfen hinsichtlich einer Verletzung von Sorgfaltspflichten bei der Verwahrung, Erprobung und Rücksendung. Geschuldet wird eine normale Verkehrssorgfalt; eine Haftungsbeschränkung auf eigenübliche Sorgfalt nach § 690 greift nicht, da kein unentgeltliches Verwahrungsverhältnis vorliegt.
Lediglich sofern es sich um die Lieferung unbestellter Sachen durch einen Unternehmer an einen Verbraucher handelt, bestehen keinerlei Sorgfaltspflichten seitens des Empfängers und mithin keine Haftung für Beschädigung oder Verlust (vgl. § 241a Abs. 1). Das bedeutet jedoch nicht, dass die unbestellte Leistung zugeeignet werden dürfte (etwa als Kaufangebot unbestellt zugesandter Wein getrunken). Solches wäre u.U. die schlüssige Annahme des Angebots und der Abschluss eines Kaufvertrags (anders nur, wenn etwa eine Probierpackung bestimmungsgemäß zur Verkostung und damit als Schenkung geliefert wird).[79]
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Hieraus wird deutlich, dass bereits vor Begründung des eigentlichen Schuldverhältnisses durch die Anbahnung eines Geschäftskontaktes oder die Aufnahme von Vertragsverhandlungen ein vorvertragliches Schuldverhältnis begründet wird, welches zwar keinerlei Haupt- und Nebenleistungspflichten entstehen lässt, wohl aber Nebenpflichten in Form von Treupflichten gem. §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 (sog. Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss oder culpa in contrahendo).
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Der Fall liegt gleich bei jedem dem Publikumsverkehr geöffneten Geschäftslokal hinsichtlich der Haftung des Geschäftsinhabers für die Verkehrssicherheit seiner Kunden mit dem Betreten des Lokals. Kommen diese durch unerwartet rutschige Böden zu Fall oder werden durch herabfallende Gegenstände aus Hochregalen verletzt, bestehen vertragsähnliche Schadensersatzansprüche für Nachlässigkeiten des Personals als Erfüllungsgehilfen des Inhabers, §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, ohne dass es auf den Abschluss eines Kaufvertrags ankäme. Gleiches gilt für die Probefahrt vor einem Autokauf, wobei insoweit eine Haftungsbeschränkung des Probefahrers für die Verursachung von Unfallschäden am Probefahrzeug auf grobe Fahrlässigkeit greift (weil der Wagen ihm unbekannt ist, v.a. aber weil die Probefahrt rechtlich eher das Interesse des Verkäufers ist, vgl. § 442 Abs. 1).
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Diese Haftung hat nichts mit der Figur der Warenanpreisung (invitatio ad offerendum) zu tun, welche eine Abgrenzung zum Angebot als Willenserklärung bei Zustandekommen eines Kaufvertrages ist. Sie besagt nur, dass es bei Warenauslagen und -inseraten am Rechtsbindungswillen fehlt und vielmehr der Kaufinteressent aufgefordert ist, seinerseits ein Angebot zu den inserierten Bedingungen abzugeben. Das vorvertragliche Schuldverhältnis (culpa in contrahendo) ist hingegen lediglich eine Haftungsfigur für Schadensersatzansprüche aus der schuldhaften Verletzung von Nebenpflichten im Zusammenhang mit einer Vertragsanbahnung.
2. Vorkauf
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Das Vorkaufsrecht ist das Recht zum Eintritt in Bestimmungen eines anderweitigen Verkaufsvertrags (vgl. § 463). Der Vorkaufsberechtigte hat ein Eintrittsrecht gegenüber dem Vorkaufsverpflichteten, sobald dieser mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand des Vorkaufs schließt. Er kann dabei nicht verlangen, dass der Vorkaufsverpflichtete überhaupt verkaufe. Umgekehrt besteht auch keine Eintrittspflicht des Vorkaufsberechtigten in einen Drittverkauf, etwa wenn ihm die Bedingungen ungünstig erscheinen. Der Vorkauf ist also ein latentes Optionsverhältnis, das in §§ 463 ff. näher ausgestaltet ist.
Als Schuldverhältnis besteht der Verkauf nach §§ 463 ff. nur gegenüber dem einen Vorkaufsverpflichteten und damit nur für einen, nämlich