Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?. Charlotte Schmitt-Leonardy
S. 95 und Schünemann Unternehmenskriminalität und Strafrecht, S. 47 f. ins Feld.
Terstegen/Zirpins Wirtschaftskriminalität, S. 39.
Im schweren Chemie-Störfall der Hoechst AG waren ca. zehn Tonnen der chemischen Substanz Nitroanisol ausgetreten und hatten sich als gelber Regen auf dem Betriebsgelände und benachbarten Wohngebieten niedergeschlagen. Drei erfahrene Chemiearbeiter machten während der Nachtschicht drei voneinander unabhängige Fehler bei der Bedienung einer nicht sehr komplizierten Anlage zur Herstellung von O-Nitroanisol. Das Überdruckventil öffnete sich – die Anlage explodierte also nicht – und eine Chemiewolke führte zu Niederschlag in einem Wohngebiet. Der Störfall wurde im Werk erst verspätet bekannt, die Warnung an die Bevölkerung wurde erst am nächsten Morgen gegeben. Die Staatsanwaltschaft stellte die meisten Ermittlungsverfahren ein; lediglich der Bedienungsmann wurde wegen umweltgefährdender Luftverunreinigung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Vgl. zum Sachverhalt Preis des Versagens in: Die ZEIT vom 5.3.1993; vgl. aus der Perspektive der Versicherungswirtschaft Schilling, Haftungsrisiken und Haftpflichtversicherung Entwicklung und Perspektiven in: VW 1993, S. 1438.
Siehe unten Rn. 354.
Alexander Verantwortlichkeit für die Wahrung der Verkehrssicherungspflichten, S. 53; Heine Die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen, S. 44; Schroth Unternehmen als Normadressaten, S. 22.
Heine Die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen, 37 f., 47.
Luhmann Funktionen und Folgen formaler Organisationen, S. 185.
Die Auswirkungen arbeitsteiliger Prozesse auf strafrechtliche Zuschreibungsprozesse sind vielfältig und sollen an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden, weil sie für die an dieser Stelle eingenommene Beobachterperspektive wenig Relevanz aufweisen. Im dogmatischen Teil wird auf die rechtlichen Konsequenzen der Einbindung in eine arbeitsteilige Organisation zurückgekommen, die womöglich zu einer Verdünnung strafrechtlicher Verantwortlichkeiten führt oder aber auch – durch Überlappungen von Verantwortungsbereichen – zu einer Verantwortungsvervielfältigung. Vgl. die Ausführungen ab Rn. 315.
Dieser Begriff ist maßgeblich von Schünemann geprägt, vgl. beispielsweise Schünemann wistra 1982, 41 (43); Schünemann in: Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, S. 263 (271) m. w. N.
Schünemann in: GS f. Meurer, S. 37 (55).
Ausführlich hierzu Coleman American Journal of Sociology 1987, 406 (409 ff.).
Vgl. zu diesen Zusammenhängen auch Schneider NStZ 2007, 555; Schneider/John/Hoffmann Der Wirtschaftsstraftäter in seinen sozialen Bezügen.
So jedenfalls die Ausführungen in KPMG Studie 2006 zur Wirtschaftskriminalität in Deutschland, S. 23, die Gelegenheit mit dem Fehlen oder auch der Ineffektivität von Kontrollen innerhalb des Unternehmens gleichsetzen.
Vgl. zur Bezeichnung von Wirtschaftsstraftaten als „special opprtunity crimes“ Heinz in: Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht in einem Europa auf dem Weg zu Demokratie und Privatisierung, S. 13 (27); Schwind Kriminologie, § 21 Rn. 22.
Schwind Kriminologie, § 7 Rn. 30.
Cloward/Ohlin Delinquency and opportunity, S. 320.
Vgl. oben Rn. 56 ff.
Terstegen bezeichnete infolgedessen daher nur solche Personen als wirtschaftskriminell, die eine über die jedermann zugänglichen Einflußmöglichkeiten hinausgehende Machtposition innehaben; vgl. Kaiser in: FS f. Miyazawa, S. 159 (160).
Bussmann/Nestler/Salvenmoser Wirtschaftskriminalität 2007 – Sicherheitslage der deutschen Wirtschaft, S. 5, 52 f.
Vgl. BGHSt 50, 331-346 mit Anmerkung Rönnau NStZ 2006, 218 ff.; Ransiek NJW 2006, 814 ff.; Hohn wistra 2006, 161 ff.
Darunter versteht man sog. Anerkennungsprämien, die einem Vorstandsmitglied wegen besonders guter Leistungen zu einem Zeitpunkt gewährt werden, indem es die relevanten Leistungen bereits erbracht hat. Diese Zahlungen sind nur dann zulässig, wenn eine Grundlage dafür im Anstellungsvertrag des Begünstigten vorliegt. Vgl. GK-AktG-Hopt 1. Aufl. § 93 Rn. 176 ff.
Im Fall Mannesmann stand die Rechtmäßigkeit der Zahlung von „Appreciation Awards“ in Höhe von insgesamt rund 112 Millionen DM, an deren Ausschüttung Josef Ackermann (Vorstandssprecher der Deutschen Bank), Klaus Zwickel (Ehemaliger IG Metall-Vorsitzender), Joachim Funk (damaliger Aufsichtsrats- und früherer Vorstandschef von Mannesmann) und Klaus Esser (damaliger Vorstandsvorsitzender von Mannesmann) im Frühjahr 2000 beteiligt waren. Das LG Düsseldorf hat die Angeklagten freigesprochen (LG Düsseldorf NJW 2004, S. 3275); der BGH hat die Freisprüche am 21.12.2005 aufgehoben und die Sache zurückverwiesen (BGHSt 50, 331–346). Im zweiten Prozess vor dem LG Düsseldorf wurde das Verfahren am 29.11.2006 gegen eine Geldauflage (§ 153a Abs. 2 StPO) in Höhe von 5,8 Millionen Euro vorläufig eingestellt. Im Einzelnen verfielen hierbei auf Ackermann 3,2 Millionen Euro, auf Esser 1,5 Millionen Euro, Funk sollte 1 Million Euro und Zwickel 60.000 Euro zahlen. Für Betriebsratschef Jürgen Ladberg legte das Gericht eine Geldauflage in Höhe