Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?. Charlotte Schmitt-Leonardy
S. 26.
Vgl. Wolf in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 9 (15 f.) m. w. N.
Vgl. zu diesem Begriff Rose-Ackermann International Social Science Journal 1996, 365.
Vgl. auch die Darstellungen von Dombois in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 131 (133 ff.); Grieger in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 103 (115 ff.) beide m. w. N.
Die Beteiligten, die den oberen Hierarchieebenen angehörten, waren Vorstandsmitglieder, Manager des Rechnungswesens, des Vertriebs und Controllings, die – wie alle 36 000 Führungskräfte – alle zwei Jahre eine Compliance-Erklärung zu unterschreiben hatten, in denen sie sich zur Einhaltung von Rechtsvorschriften und Verhaltenskodex verpflichteten; der Vorstand hatte 1999 zudem eine Missbilligung und Ahnung von Gesetzesverstößen angekündigt. Vgl. hierzu Dombois in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 131 (132).
So Grieger in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 103 (114) m. w. N.
Vgl. Brief/Buttram/Dukerisch in: Groups at Work, S. 471 (474 ff.); Grieger in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 103 (114 ff.) m. w. N.
Vgl. Rn. 131 ff.
Diese Neutralisierungstendenzen werden schon durch einen semantischen Kontext favorisiert, der – für sich genommen – durchaus im Unternehmensinteresse oder gar in der Intention der Unternehmensführung liegen kann. Es wird mitunter beobachtet, dass im Unternehmenskontext wie in einer parallelen Gesellschaft – einem delinquenten Subsystem geradezu – eine parallele Werteordnung mit anderen Spielregeln zu existieren scheint und in diesem „fein gewebten Gespinst“ eine indirekte und verschlüsselte Sprache gesprochen wird. So auch die Beobachtungen von Joly Im Auge des Zyklons, S. 39. Eben hier greifen die beschriebenen Neutralisierungsmechanismen, die eine Sicherheitslücke zu einer „günstigen Gelegenheit“ machen und einen deliktischen Handlungsablauf als grundsätzlich akzeptable Alternative erscheinen lassen. Die Handlungsspielräume variieren freilich zwischen obersten und anderen Hierarchieebenen stark, weil diesbezüglich die selbst wahrgenommenen Handlungsspielräume unter Umständen unterschiedlich ausfallen. Der Hang zur Konformität kann bei einem Vorstandschef aber ebenso stark ausgeprägt sein wie bei einem weisungsgebundenen Arbeitnehmer, je nach dem wie stark die Anteilseigner des Unternehmens ihre Organe und Geschäftsführer zu einer effektiven Wahrnehmung des Unternehmensziels „Gewinnmaximierung“ verpflichten.
Vgl. das Schaubild in Tolbert/Zucker in: Handbook of organization studies, S. 175 (182), sowie die Ausführungen ab S. 184. Sie betonen insbesondere die dauerhafte Reproduktion von devianten Verhaltensweisen und das Fehlen nennenswerten Widerstands als Voraussetzung der Institutionalisierung.
Mit Bezug zu Formen kollektiv-korrupten Handelns: Grieger in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 103 (107).
So auch Grieger in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 103 (110).
Siehe auch Mill Soziologie der Gruppe, S. 97, 115.
Eine solche „ideologische“ Komponente scheint angesichts der in der heutigen Arbeitswelt geforderten Flexibilität in Bezug auf den Arbeitsplatz und der Fusionen- und Übernahmebereitschaft in der Unternehmenslandschaft fern liegend. Der Arbeitnehmer von heute wird sich weniger mit seinem Unternehmen identifizieren, als um die Notwendigkeit einer Beschäftigung wissen. Damit wird vermutlich eine ähnlich intensive, aber weniger ideologisch geprägte Konformität einhergehen, als sie in Jäger Makrokriminalität, S. 157 ff. beschrieben wird. Vgl. auch die Überlegungen zu den Teilarbeitsmärkten in den sechziger Jahren bei Hirsch-Kreinsen in: Handbuch Soziologie, S. 33 (39 ff.).
Vgl. hierzu insbesondere die systemtheoretischen Erkenntnisse, die die Ausrichtung des Systems auf den Code Gewinn/Verlust verdeutlichen; vgl. unten Rn. 195 ff. Vgl. auch die Erkenntnisse von Schlegel u. a. Wirtschaftskriminalität und Werte, S. 142 ff.
Zu Recht kritisch aus einer strafrechtdogmatischen Perspektive: Rotsch NStZ 1998, 491 und Rotsch ZIS 2007, 260.
Vgl. hier die Darstellung der Handlungskoordination von Grieger in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 103 (110 ff.) mit zahlreichen Nachweisen.
Vgl. die Darstellung bei Grieger in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 103 (111) mit Verweis auf die Arbeiten von Ouchi Administrative Science Quaterly 1980, 129; sowie Kieser/Kubicek Organisation, Berlin 1992.
Vgl. zum sogenannten „Gammelfleisch-Skandal“: Bode ZRP 2006, 73 (73 ff.) m. w. N.
Vgl. hierzu auch Schmitt Altes Fleisch in neuen Folien in: Der Spiegel vom 21.3.2005.
Ouchi Administrative Science Quaterly 1980, 129.
Unterschieden werden beispielsweise Oberflächenelement und Tiefenstruktur, d. h. empirisch beobachtbare Artefakte „an der Oberfläche“ wie Architektur, Symbole, Rituale, Tabus einerseits und kollektiv verankerte Grundannahmen wie beispielsweise Werte andererseits. Vgl. die Darstellung bei Grieger in: Der Korruptionsfall-Siemens, S. 103 (113 f.).
Vgl. z. B. den Beitrag von Theile ZIS 2008, 406 mit vielen Nachweisen.