Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
und Supervisoren (§ 26 MBO-PP/KJP), sowie Gutachter (§ 27 MBO-PP/KJP) und Psychotherapeuten in der Forschung (§ 28 MBO-PP/KJP). Letztere haben die in der Deklaration von Helsinki 2013 niedergelegten ethischen Grundsätze bei Planung und Durchführung von Studien und „Forschungsobjekten“ zu beachten, Abs. 1.[464] Außerdem müssen sie bei der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen Auftraggeber und Geldgeber benennen, Abs. 4.
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Schuldhafte Verstöße gegen die Berufsordnung können mit berufsrechtlichen Verfahren nach den Heilberufsgesetzen der Länder geahndet werden, § 30 Abs. 1 MBO-PP/KJP. Dies gilt nach Abs. 2 auch für ein außerhalb des Berufes liegendes Verhalten, „wenn es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für die Ausübung oder das Ansehen dieses Berufes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.“
6. Kapitel Berufsrecht der Gesundheitsberufe unter Einschluss der Darstellung des Rechts der Selbstverwaltung › D. Berufsrecht der Heilberufe › VII. Berufsrecht der Tierärzte
1. Geschichte
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Die Anerkennung als akademischer Heilberuf erreichte der Berufsstand der Tierärzte erst im 20. Jahrhundert.[465] Dazu beigetragen hatte die Gründung der Tierarzneischulen, die 1902 als Hochschulen – seit 1910 mit Promotionsrecht – anerkannt wurden. Mit dazu beigetragen hat auch ein differenziertes Tätigkeitsspektrum, so z.B. auf dem Gebiet der Tierseuchenbekämpfung und der Fleischbeschau. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts gründeten sich tierärztliche Vereinigungen in Württemberg, Baden, Bayern, Berlin und Hannover (1833).[466] 1874 erfolgte die Initiative zur Gründung eines Deutschen Veterinärrates, der sich auf bestehende Vereine und nicht auf Tierärzte als Einzelpersonen stützte.[467]
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Die Gründung einer Standesvertretung der Tierärzte erfolgte in Preußen auf Erlass König Wilhelms II. vom 2.4.1911. Durch königliche allerhöchste Verordnung vom 11.2.1877 waren zuvor bereits die bestehenden tierärztlichen Kreisvereine in Bayern als Interessenvertretung des Berufsstandes im jeweiligen Regierungsbezirk anerkannt worden.[468] Schon im Jahr 1833 waren bei den Kreisregierungen ärztliche Ausschüsse eingerichtet worden, denen auch ein Tierarzt angehörte.
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1927 trat das Bayerische Kammergesetz in Kraft, das fortan die Rechtsgrundlage für die Tierärztekammer bildet. Noch früher erfolgt die Gründung einer Tierärztekammer in Baden (1907). Die Rechte der Selbstverwaltung blieben jedoch beschränkt.[469] Noch während des 1. Weltkrieges erfolgte Anfang 1918 die Gründung des Reichsverbandes praktischer Tierärzte (RpT), in dem sich die Privattierärzte sammelten.[470] Daneben bestand seit 1911 der Reichsverband Deutscher Schlachthof- und Gemeindetierärzte (RDG), deren Tätigkeit durch das Reichsfleischbeschau-Gesetz aus dem Jahr 1900 ihre Rechtsgrundlage fand. Danach durfte die Fleischbeschau nur durch approbierte Tierärzte in Schlachthöfen ausgeführt werden. 1920 entstand aus den entsprechenden Landesverbänden der Reichsverband der deutschen Staatstierärzte (RDS).
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1928 erhielt die Preußische Tierärztekammer die gesetzliche Grundlage für die Einführung einer Standesgerichtsbarkeit.[471] Mit Gesetz vom 28.7.1933 wurden die bestehenden Tierärztekammern in Preußen aufgelöst; 1936 erfolgte die Gründung der Reichstierärztekammer. Die bestehenden Verbände wurden in den Reichsverband deutscher Tierärzte (RDT) überführt. Zu den erwähnenswerten Entscheidungen jener Zeit zählt die Reichstierärzteordnung vom 1.4.1936, die als Ermächtigungsgrundlage der am 17.3.1937 erlassenen Berufsordnung der Deutschen Tierärzte diente.[472]
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Nach dem Krieg entstand als Dachorganisation von Kammern und Berufsverbänden „Die Deutsche Tierärzteschaft“, daraus wiederum im Jahr 1994 als Arbeitsgemeinschaft die Bundestierärztekammer e.V., der heute ausschließlich die Länderkammern angehören, § 1 Abs. 1, 2 Satzung BTK.
2. Berufszugang
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Für den Zugang zum Beruf des Tierarztes gelten die Tierärzte-Ordnung (BTO)[473] und die Verordnung zur Approbation von Tierärztinnen und Tierärzten (TAppV).[474] Die Ausbildung umfasst einen wissenschaftlich-theoretischen Studienanteil von 3850 Stunden und einen praktischen Studienanteil von 1170 Stunden, die Regelstudienzeit demnach insgesamt fünf Jahre und sechs Monate, § 1 Abs. 2 S. 2 TAppV. Mit der Approbation wird dem Tierarzt auch die Befähigung zur Berufsausübung auf dem Fachgebiet der Schlachttier- und Fleischuntersuchung zugesprochen; die zuständige Behörde muss ihm jedoch die Durchführung der amtlichen Untersuchung übertragen. In diesem Fall führt er die Berufsbezeichnung „amtlicher Tierarzt“.
3. Berufsausübung
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Tierärzte sind berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestandes beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken, § 1 Abs. 1 BTO. Sie üben einen freien Beruf und kein Gewerbe aus, § 1 Abs. 2 BTO.
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Die Musterberufsordnung (MBO-T)[475] richtet sich als Empfehlung an die Tierärztekammern und damit mittelbar an deren Mitglieder. Dies sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 MBO-T alle Personen, die nach §§ 2 und 3 Bundes-Tierärzteordnung berechtigt sind, die Berufsbezeichnung „Tierarzt“ oder „Tierärztin“ zu führen und in der Bundesrepublik Deutschland den tierärztlichen Beruf auszuüben, mithin also auch ausländische Tierärzte.
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Ausübung des tierärztlichen Berufes ist nach § 1 Abs. 3 S. 2 MBO-T „jede Tätigkeit, bei der die während eines abgeschlossenen veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet werden.“ Dabei muss es sich nicht zwingend um eine Erwerbstätigkeit als Tierarzt handeln. Nur wenn die Tätigkeit in keinerlei Zusammenhang mit der (tier)ärztlichen Ausbildung und den medizinischen Fachkenntnissen steht, handelt es sich um eine „berufsfremde“ Tätigkeit, die – soweit die Beitragsordnung der jeweiligen Tierärztekammer dies vorsieht – einen Anspruch auf Beitragsbefreiung gewährt.[476] Dies ist z.B. nicht der Fall bei einem Veterinärmediziner in der pharmazeutischen Industrie, der seine im Studium erworbenen Kenntnisse bei seiner Tätigkeit (mit)verwertet.[477] Noch weiter ging der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 9.8.1996, der die Beitragspflicht auch für einen approbierten Tierarzt, der in einem humanpharmazentrischen Unternehmen tätig war, statuierte, soweit bei seiner Tätigkeit Grundkenntnisse zur Anwendung kommen, die in einem tierärztlichen Studium erworben wurden.[478]
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§ 2 MBO-T formuliert eine besondere Verantwortung und Verpflichtung des Tierarztes gegenüber der Öffentlichkeit, verpflichtet zu einer gewissenhaften Berufsausübung und zur Kollegialität. Das Berufsrecht fordert Mitverantwortung für die menschliche Gesundheit und geht davon aus, dass Tierärzte „in besonderer Weise zum Schutz der Tiere berufen und verpflichtet“ sind (Abs. 1 S. 2).
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§ 3 MBO-T formuliert allgemeine Berufspflichten, darunter auch „die berufsfördernden Bestrebungen und Einrichtungen der Kammern zu unterstützen“, Nr. 2, und regelt z.B. die Dokumentationspflichten innerhalb eines Zeitraumes