Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
worden ist.
6. Kapitel Berufsrecht der Gesundheitsberufe unter Einschluss der Darstellung des Rechts der Selbstverwaltung › D. Berufsrecht der Heilberufe › V. Berufsrecht der Apotheker
1. Geschichte
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Siehe hierzu insbesondere das Kap. 34.
2. Berufszugang
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Das Berufsbild des Apothekers ist in der Bundesapothekerordnung (BApO)[430] geregelt. Wer den pharmazeutischen Beruf unter der Bezeichnung „Apotheker“ ausüben möchte, bedarf einer Approbation (§ 2 Abs. 1) oder Erlaubnis (§ 2 Abs. 2 BApO). Diese wird auf Antrag erteilt, wenn der Bewerber den Nachweis eines mit Examen abgeschlossenen Studiums der Pharmazie an einer deutschen Universität oder gleichwertigen Abschlusses im Ausland erbringt. Das Studium selbst vollzieht sich nach der Approbationsordnung für Apotheker.[431] Die Aufgabe des Apothekers besteht darin, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen (§ 1 S. 1 BApO) und hierzu u.a. Arzneimittel zu entwickeln, herzustellen, zu prüfen oder abzugeben (§ 2 Abs. 3 BApO). Die Vorgehensweise und die dabei zu beachtenden Einzelschritte ergeben sich aus der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)[432] sowie aus dem Arzneimittelbuch. Die Beratungspflicht des Apothekers über Arzneimittel folgt aus der Berufsordnung der Apotheker.[433] Nach einem Urteil des EuGH[434] stehen die Art. 43 und 48 EG-Vertrag (Niederlassungsfreiheit) einer nationalen Regelung nicht entgegen, die Personen, die keine Apotheker sind, den Besitz und den Betrieb von Apotheken zu verwehren („Doc Morris“-Entscheidung). Der Gerichtshof sah insoweit einen „Wertungsspielraum“ der EU-Mitgliedstaaten.
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2016 entschied der EuGH dass sich EU-ausländische Versandapotheken, die Kunden in Deutschland beliefern, nicht an die in der Arzneimittelpreisverordnung geregelten Festpreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel halten müssen.[435]
a) Berufsordnung
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Die Berufspflichten der Apotheker sind in den einzelnen Berufsordnungen der Länder niedergelegt. Eine Musterberufsordnung auf Bundesebene existiert nicht.
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Beispiel
Berufsordnung für Apothekerinnen und Apotheker der Apothekerkammer Nordrhein (BO-A NRW) vom 13.6.2007[436]:
Neben allgemeinen Berufspflichten regelt die Berufsordnung besondere Dienstpflichten des Apothekers. Dazu zählt beispielsweise die Belieferung von Rezepturen in „angemessener Zeit“, § 6 S. 1, die unabhängige Beratung und Information, § 7 BO, sowie ein besonderer Hinweis für Abgaben von Medikamenten an Kinder, § 8 BO-A NRW.
Darüber hinaus enthält die nordrhein-westfälische Berufsordnung eine Reihe konkreter Verbote. Nach § 18 Abs. 2 BO-A NRW ist u.a. nicht erlaubt
1. | das Abgehen von dem sich aus der Arzneimittelpreisverordnung ergebenden einheitlichen Apothekenabgabepreis; |
2. | das Abweichen von den geltenden wettbewerbsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Entgeltpflichtigkeit bei der Erbringung von Dienstleistungen; |
3. | der Verzicht auf Zuzahlungen und Mehrkosten nach den Regelungen des SGB V, in der jeweils geltenden Fassung; |
4. | die kostenlose Abgabe von Arzneimitteln und Arzneimittelmustern und -proben; |
5. | die Erbringung von Dienstleistungen, die nicht mit der Ausübung des Apothekerberufes und den apothekenüblichen Waren in Zusammenhang stehen; |
6. | gesetzlich nicht ausdrücklich zugelassene Verträge, Absprachen und Maßnahmen, die bezwecken oder zur Folge haben können, andere Apotheken von der Belieferung oder Abgabe von Arzneimitteln ganz oder teilweise auszuschließen; |
7. | das Überschreiten der sich aus dem allgemeinen Wettbewerbsrecht, insbesondere dem Heilmittelwerbegesetz ergebenden Grenzen beim Gewähren von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben. Im Übrigen ist beim Gewähren von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben das Verbot der übertriebenen Werbung zu berücksichtigen. |
8. | werbende Hinweise auf Verhaltensweisen, die nach der Berufsordnung, insbesondere den vorstehenden Nr. 1–7, und anderen Rechtsvorschriften untersagt sind. |
Darüber hinaus ist Apothekerinnen und Apothekern nach § 18 Abs. 2 Buchst. a BO-A NRW untersagt
a) | Werbung für Arzneimittel, soweit – sie nicht ihrer besonderen Stellung als Angehörige eines Heilberufes entspricht oder sich nicht im Rahmen der üblichen Werbung anderer Anbieter gleicher Waren hält; – bei der Werbung für Arzneimittel die Apothekerin und der Apotheker ihrer besonderen Verantwortung für die Verhinderung von Arzneimittelfehlgebrauch nicht gerecht werden; |
b) | Werbung für apothekerliche Dienstleistungen, soweit sie ihrer besonderen Stellung als Angehörige eines Heilberufes und den Geboten einer wahren und sachlichen Information nicht entspricht; |
c) | das Vortäuschen einer bevorzugten oder besonderen Stellung der eigenen Apotheke, der eigenen Person oder ihres Apothekenpersonals; |
d) | redaktionelle Werbung zu veranlassen oder zu dulden; |
e) | das werbliche Herausstellen der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr in der Apotheke mit Ausnahme von Probieraktionen aus dem Angebot der apothekenüblichen Waren (Apothekenbetriebsordnung). |
Nach § 19 Nr. 6 BO der Apothekerkammer Baden-Württemberg[437] ist – als ein Beispiel für unlauteren Wettbewerb – z.B. auch die kostenlose Durchführung von Untersuchungen untersagt. Die Rechtsprechung sieht dies zum Teil liberaler.
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Hinweis
In der Rechtsprechung[438] ist das Verbot der Zugabe von Vorteilen für den Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel bestätigt worden.
b) Grenzen der Berufsausübung
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Die Grenzen zu der dem Apotheker nicht erlaubten Ausübung der Heilkunde sind z.T. umstritten, wenn man das Beispiel der als „Service“ angebotenen Messung von Körperzuständen betrachtet (Blutdruck, Blutzucker, Venen- und Knochendichtemessungen).[439] In Zeiten wachsenden Wettbewerbsdrucks suchen viele Gesundheitsberufe nach neuen Betätigungsfeldern bzw. Einnahmequellen. Bei den Ärzten sind es z.B. die IGeL-Leistungen, bei Apotheken u.a. das Angebot, Cholesterin und sonstige Blutwerte bestimmen zu lassen. Vermehrt werden in Apotheken aber auch