Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
und Kenntnisse vermittelt werden, die zum Erreichen des Ausbildungszieles erforderlich sind, § 19 Abs. 1 S. 2 MBO, dass diese hinreichend qualifiziert sind, Abs. 2 S. 2, nur unter Aufsicht und nach Anleitung am Patienten arbeiten, Abs. 3, und dass bei der Delegation von Tätigkeiten § 1 Abs. 5 und 6 ZHG beachtet wird, Abs. 2 S. 2.
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Wichtig
Die Dentalhygienikerin darf ausschließlich im Rahmen der Delegation tätig werden, § 1 Abs. 5 ZHG, § 19 Abs. 3 MBO-Z. Für eine selbstständige Berufsausübung fehlt die gesetzliche Grundlage.
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Bei der Dentalhygienikerin handelt es sich nicht um einen staatlichen Ausbildungsberuf im Gesundheitswesen, sondern lediglich um eine Aufstiegsfortbildung der zahnmedizinischen Assistentin. Auch wenn der Heilkundebegriff dynamisch und nicht statisch auszulegen ist,[413] bleibt die Entscheidung über die Einführung eines entsprechenden Berufsbildes und die Zulassung dem Gesetzgeber vorbehalten, wobei das BVerfG in seiner Altenpfleger-Entscheidung dem Gesetzgeber vorgibt, auch das schutzwürdige Vertrauen der in den überkommenen Berufen Tätigen zu berücksichtigen.[414]
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Der 4. Abschnitt der zahnärztlichen Musterberufsordnung regelt die berufliche Kommunikation. Nach § 20 MBO-Z führt der Zahnarzt die Berufsbezeichnung „Zahnarzt“.[415] Dies entspricht im Übrigen auch der europäischen Richtlinie über Berufsanerkennungen, wonach – wenn in einem Aufnahmemitgliedstaat das Führen der Berufsbezeichnung im Zusammenhang mit der betreffenden beruflichen Tätigkeit reglementiert ist – die zur Berufsausübung berechtigten Mitglieder der übrigen Mitgliedstaaten diese Berufsbezeichnung (Zahnarzt) führen.[416] Der Zahnarzt darf auch nach zahnärztlichem Weiterbildungsrecht erworbene Bezeichnungen (Fachzahnarztbezeichnungen) führen, § 20 Abs. 3 MBO-Z, wobei Art. 37 Berufsanerkennungs-Richtlinie die bisherige Möglichkeit der Zahnärzte-Richtlinie 78/687/EWG ausschließt, eine fachärztliche Weiterbildung ohne Abschluss und Validierung der ärztlichen Grundausbildung zu beginnen.
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Nicht gestattet ist dem Zahnarzt, seine zahnärztliche Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke zu verwenden oder ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke zu gestatten, § 21 Abs. 4 MBO-Z. Die im Rahmen der Novellierung im Jahr 2010 überarbeitete Bestimmung in § 21 Abs. 5 MBO-Z, wonach eine Einzelpraxis sowie eine BAG nicht als Akademie, Institut, Poliklinik, Ärztehaus oder als ein Unternehmen mit Bezug zu einem gewerblichen Betrieb bezeichnet werden darf, trägt der Auffassung des BVerfG Rechnung, das die Praxisbezeichnung als „Kleintierzentrum“ nicht als irreführend betrachtet. Die Vorinstanzen[417] hatten die „Vollmundigkeit der Werbung“ problematisiert, da eine Praxis mit drei Tierärztinnen und sieben Angestellten keineswegs eine überdurchschnittliche Größe aufweise, welche den Begriff „Zentrum“, ohne dass darin eine unternehmensbezogene Irreführung vorliege, rechtfertige.[418]
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Mit dem grundsätzlich zulässigen Werbeverbot wird einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs vorgebeugt.[419] Der Patient soll darauf vertrauen können, dass ärztliches Handeln nicht von Gewinnstreben motiviert ist.[420] Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in wilder Kasuistik fast jeden von den Kammern der Freien Berufe monierten „Ausrutscher“ in Richtung kommerzieller Reklame als Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit gewertet und damit selbst dann für verfassungsrechtlich bedenklich, wenn es sich um einen „Eyecatcher“ ohne jeglichen Informationswert handelt.[421]
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Hinweis
Untersagt ist lediglich berufswidrige Werbung, die weder sachangemessene noch interessengerechte Informationen übermittelt. Berufswidrig ist insbesondere anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung.[422]
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Gleiches gilt für die Fremdwerbung, also beispielsweise den Hinweis auf Hersteller und Produkte, was im Regelfall Ausdruck eines rein am Gewinn orientierten Verhaltens ist und daher die Gefahr in sich birgt, „das Vertrauen des Patienten in den Arztberuf zu untergraben und dadurch langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu haben“.[423] Berufswidrig ist auch das Führen von Zusätzen, „die im Zusammenhang mit den geregelten Qualifikationsbezeichnungen und Titeln zu Irrtümern und damit zu einer Verunsicherung der Kranken führen können“.[424]
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Bei der Liberalisierung des zahnärztlichen Werberechts geht das BVerfG vom Informationsbedürfnis des Patienten aus; Hinweise auf das „Leistungsangebot“ des Zahnarztes sind damit als zulässige Werbung anerkannt.[425] Dies gilt insbesondere für den personenbezogenen „Tätigkeitsschwerpunkt“, wenn der Zahnarzt in dem genannten Schwerpunkt über besondere Erfahrungen verfügt und auf diesem „Gebiet“ (in der Diktion unterscheidet das BVerfG nicht eindeutig zwischen Tätigkeitsbereich und Weiterbildungs-Gebiet) nachhaltig tätig ist.[426] Allerdings müssen entsprechende Angaben durch die Kammern überprüfbar bleiben.[427] § 21 Abs. 2 MBO-Z trägt dem Rechnung und erlaubt, auf besondere, personenbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ebenso wie auf eine nicht nur vorübergehende belegzahnärztliche oder konsiliarische Tätigkeit hinzuweisen, Abs. 3. Das Verfahren zur Überprüfung ist in den Zahnärztekammern auf Länderebene unterschiedlich geregelt, von völliger Freigabe, zahlenmäßiger Beschränkung, über die Anzeigepflicht bis hin zur Festlegung von Tätigkeitsschwerpunkten.[428]
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Der Zahnarzt darf eine berufswidrige Werbung durch Dritte weder veranlassen noch dulden und hat dem entgegen zu wirken, § 21 Abs. 1 S. 3 MBO-Z, wobei gerade in diesem Zusammenhang auch der Verbotskatalog des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) für die Werbung außerhalb von Fachkreises, § 12 HWG, zu beachten ist. Eine allzu restriktive Auslegung des Fremdwerbungs-Verbotes ist angesichts einer auch in diesem Bereich zunehmend liberaleren Rechtsprechung nicht geboten; Gleiches gilt für das Duldungsverbot.
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Hinweis
Bei Anfragen von Medien sollte der Zahnarzt auf standesrechtliche Regeln hinweisen. Berichte über den Zahnarzt, zahnärztliche Behandlungsmethoden und Werkstoffe sowie die Praxis dürfen nicht zur Reklame genutzt werden, sondern müssen objektiv und informativ sein. Völlige „Medienabstinenz“ kann dem Zahnarzt berufsrechtlich nicht abverlangt werden.[429]
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§ 22 MBO-Z trifft Regelungen zum Praxisschild, das auf die Ausübung des zahnärztlichen Berufes aufmerksam machen muss, Abs. 1, und in Form, Gestaltung und Anbringung den örtlichen Gepflogenheiten entsprechen kann, Abs. 3. Mit dieser Formulierung verabschiedet sich die zahnärztliche Selbstverwaltung von einer Detail-Regelung, die ihr in der Vergangenheit häufig den Vorwurf kleinkarierter Gängelei des einzelnen Berufsträgers eintrug.
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Die Neufassung der Musterberufsordnung zieht den Zahnarzt nicht mehr zur Verantwortung, sie stellt ihn in die Verantwortung für eine an ethischen Grundsätzen und zahnmedizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen orientierte Berufsausübung, die den Patienten im Mittelpunkt hat und von kollegialem und verantwortungsbewusstem Umgang mit anderen Heil- und Gesundheitsberufen, angestellten Zahnärzten und Mitarbeitern geprägt ist.
b) Berufsordnung für Zahnärzte in der EU
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Neben der zahnärztlichen Musterberufsordnung liegt ein Berufskodex (code of ethics) für Zahnärzte in der Europäischen Union vor, der am 26.5.2017 von der Vollversammlung des Council of European Dentists (CED), dem einzelstaatliche