Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
persönlich zu erfolgen. Er hat sie zeitlich und inhaltlich selbst zu gestalten. Die mancherorts anzutreffende Übung, dies den Oberärzten zu überlassen, ist unzulässig. Zur Förderungspflicht des Weiterbilders gehört auch die Pflicht, dem Weiterzubildenden am Ende der Weiterbildung bzw. des jeweiligen Weiterbildungsabschnitts ein Zeugnis[345] auszustellen; hiervon abweichend können sowohl der einzelne Arzt als auch die Kammer jährliche Zwischenzeugnisse verlangen. In den Zeugnissen wird sinnvollerweise auf die Terminologie der Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung Bezug genommen, um dem Zeugnisempfänger später nicht einem „Interpretationsrisiko“ auszusetzen. Im letzten Zeugnis muss darüber hinaus zur fachlichen Eignung Stellung genommen werden. Fehlt dieser Passus, kann die Kammer Rückfragen stellen, was u.U. den Zeitpunkt der Zulassung zur Prüfung verzögert.
hh) Poolpflicht
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Gemäß § 29 Abs. 3 MBO sind Ärzte, die andere Ärzte zu ärztlichen Verrichtungen bei Patienten heranziehen, denen gegenüber nur sie ein Liquidationsrecht haben, verpflichtet, diesen Ärzten eine angemessene Vergütung zu zahlen. Erbringen angestellte Ärzte abrechnungsfähige Leistungen für liquidationsberechtigte Ärzte, sind sie an den Erlösen in geeigneter Form zu beteiligen. Die berufsrechtliche Beteiligungspflicht ist in einzelnen Krankenhausgesetzen der Länder ausdrücklich geregelt.[346] Die Abgabenpflicht unterscheidet sich zum Teil nach dem Personenkreis (z.T. sind Hochschullehrer ausgenommen), dem Anspruchsgegner bzw. in der Bemessungsgrundlage (teilweise nur stationär, teilweise auch unter Einschluss der ambulanten Erlöse). Fehlen derartige Bestimmungen bzw. sind sie nur unzulänglich ausgestaltet, werden sie in der Praxis durch vielfältige Pool-Modelle konkretisiert. Die nachgeordneten angestellten Ärzte haben allerdings keinen unmittelbaren Anspruch gegen den Krankenhausträger auf ihren Anteil am Honoraraufkommen und auch keinen originären Anspruch gegen den Chefarzt auf Beteiligung, wenn weder im Dienstvertrag noch im Krankenhausgesetz eine entsprechende Regelung vorgesehen ist.[347] Die fehlende Mitarbeiterbeteiligung kann aber berufsrechtlich geahndet werden.[348] Die Mitarbeiterbeteiligung ist im Zweifel an den Netto- und nicht an den Bruttohonoraren auszurichten.[349] Zunehmend werden heute Universitätskliniken oder einzelne Abteilungen von Krankenhäusern privatisiert. Nicht selten entfällt mit der Privatisierung das Liquidationsrecht (gegen entsprechende Entschädigung). Entfällt aber das Liquidationsrecht, ist auch der Beteiligungspflicht die Grundlage entzogen.
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Die berufsrechtliche Beteiligungspflicht ist in einzelnen Krankenhausgesetzen der Länder ausdrücklich geregelt.[350] Die Abgabenpflicht unterscheidet sich zum Teil nach dem Personenkreis (z.T. sind Hochschullehrer ausgenommen), dem Anspruchsgegner bzw. in der Bemessungsgrundlage (teilweise nur stationär, teilweise auch unter Einschluss der ambulanten Erlöse). Fehlen derartige Bestimmungen bzw. sind sie nur unzulänglich ausgestaltet, werden sie in der Praxis durch vielfältige Pool-Modelle konkretisiert. Die nachgeordneten angestellten Ärzte haben allerdings keinen unmittelbaren Anspruch gegen den Krankenhausträger auf ihren Anteil am Honoraraufkommen und auch keinen originären Anspruch gegen den Chefarzt auf Beteiligung, wenn weder im Dienstvertrag noch im Krankenhausgesetz eine entsprechende Regelung vorgesehen ist.[351]
aa) Rechtsgrundlagen und Maßnahmenkatalog
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Die Ahndung von Verstößen gegen die ärztlichen Berufspflichten ist den Berufsgerichten kraft Gesetz in den Kammer- und Heilberufsgesetzen der Länder in unterschiedlicher organisatorischer Ausprägung übertragen. Überwiegend werden Berufsgerichte mit Verwaltungsrichtern[352] (neben Ärzten als ehrenamtliche Richter) besetzt. Weil im Rahmen eines berufsgerichtlichen Verfahrens zu verhängende Sanktionen strafrechtsähnlichen Charakter haben, müssen sie aus verfassungsrechtlichen Gründen in einem förmlichen Gesetz festgelegt sein.[353] Die Berufsordnung als Satzung genügt diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht und kann daher solche Sanktionen auch nicht vorsehen. Das Berufsgericht kann gegen einen Arzt, der sich berufsrechtswidrig verhalten hat, folgende Sanktionen aussprechen: Verwarnung, Verweis, Geldbuße, Entziehung des aktiven und passiven Wahlrechts zu den Gremien auf bestimmte Dauer. In einigen Bundesländern kann noch der Ausspruch hinzukommen, der Arzt sei unwürdig, seinen Beruf als Arzt auszuüben.[354] Nicht zulässig ist dagegen der schriftliche Ausspruch der Missbilligung eines bestimmten Verhaltens eines Arztes (begangener Behandlungsfehler), weil der Katalog der Sanktionen diese Maßnahme nicht ausdrücklich vorsieht (numerus clausus der Sanktionen). Einige Heilberufsgesetze sehen neben den berufsgerichtlichen Sanktionen noch die Rüge durch den Kammervorstand vor (so z.B. § 58a HeilBerG NRW). Diese setzt wie eine Antragsschrift zur Eröffnung des berufsgerichtlichen Verfahrens aber eine konkrete Bezeichnung des missbilligten Verhaltens voraus.[355] Der Betroffene ist vorher anzuhören; eine fehlende oder unzureichende Anhörung macht die Rüge bereits formell rechtswidrig.[356] Der Betroffene kann eine Rüge mit dem Antrag auf berufsgerichtliche Überprüfung angreifen (§ 58a HeilBerG NRW). Berufsgerichtliche Entscheidungen können von den Landesärztekammern in besonderen Fällen auch nicht anonymisiert veröffentlicht werden. Sowohl die pflichtenbegründenden Normen der §§ 29 ff. HeilBerG NW als auch die Sanktionsnorm des § 60 Abs. 3 HeilBerG NW genügen den Anforderungen des Art 103 Abs. 2 GG. Den Berufsangehörigen ist es möglich, für sie relevante Pflichten, etwaiges pflichtwidriges Verhalten sowie Sanktionen vorherzusehen. Auch das Tatbestandsmerkmal des „besonderen Falles“ in § 60 Abs. 3 HeilBerG NW ist hinreichend bestimmt.[357]
bb) Verfahrensvoraussetzung
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Voraussetzung für die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens ist eine berufsunwürdige Handlung. Berufsunwürdig ist eine Handlung, mit welcher schuldhaft gegen Pflichten verstoßen wird, die einem Arzt zur Wahrung des Ansehens seines Berufes[358] obliegen. Für die Beantragung eines berufsgerichtlichen Verfahrens ist grundsätzlich ein Vorstandsbeschluss der Ärztekammer notwendig, in dem die konkrete Verfehlung exakt bezeichnet und das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zusammengefasst werden muss. Ein hinreichender Tatverdacht i.S.v. § 203 StPO wird überwiegend nicht verlangt; ausreichend sei der aus konkreten Tatsachen ableitbare Verdacht einer Berufspflichtverletzung bzw. die ernste Möglichkeit einer solchen.[359] Ist eine berufsunwürdige Handlung Gegenstand eines Strafverfahrens (gewesen), so scheidet nach dem Grundsatz, dass Doppelbestrafungen unzulässig sind (ne bis in idem), eine zusätzliche berufsrechtliche Ahndung wegen desselben Vorganges regelmäßig aus, es sei denn es besteht ein berufsrechtlicher „Überhang“. D.h. die strafrechtliche Verurteilung deckt nicht die ebenfalls verwirklichten berufsrechtlichen Verstöße, so dass eine berufsrechtliche Sanktion erforderlich ist, um das Kammermitglied zur Erfüllung seiner berufsrechtlichen Pflichten anzuhalten.[360] Ein berufsrechtlicher Überhang kann aber auch dann angenommen werden, wenn das Strafverfahren mit einem Freispruch endete, das Verhalten des Arztes aber dennoch nicht als gewissenhafte Berufsausübung gewertet werden kann.[361] Im Übrigen sind sonstige Verfahrenshindernisse zu prüfen, z.B. Wegzug aus Kammerbezirk,[362] Verjährung, zwischenzeitliches Versterben des Beschuldigten, absehbare dauernde Verhandlungsunfähigkeit etc.[363] Das Verfahren bei der Kammer wird mit einem Beschluss des Vorstands auf Beantragung der Einleitung eines berufsgerichtliches Verfahrens abgeschlossen (z.B. § 71 Abs. 1 HeilBerG NRW). Beamte unterliegen als Ärzte im Gegensatz zu angestellten und niedergelassenen Ärzten dem berufsgerichtlichen Verfahren bei der Ärztekammer nicht. Für sie gilt ausschließlich das Disziplinarrecht des Dienstherrn, auch für im Dienst begangene berufsunwürdige Handlungen. Die Ungewissheit über den Aufenthaltsort des Beschuldigten stellt kein Verfahrenshindernis dar.[364]
cc) Verfahrensgegenstand
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Verfahrensgegenstand sind zunächst Verstöße gegen die in der jeweiligen Berufsordnung aufgeführten Berufspflichten. Daneben können Verstöße gegen sonstige Vorschriften, an die der Arzt im Rahmen seiner Berufsausübung gebunden ist, ebenfalls berufsgerichtlich verhandelt werden. Bezüglich der Wertung außergerichtlichen Verhaltens werden jedoch