Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
der zuständige Redakteur dies mit dem Hinweis darauf, dies sei völlig unüblich oder technisch nicht machbar, wird zum Teil die Auffassung vertreten, dann besser von der geplanten Veröffentlichung Abstand zu nehmen.[226] Diese überkommene, restriktive Haltung ist vom Deutschen Presserat mehrfach kritisiert worden. Auch auf diesem Feld hat das Bundesverfassungsgericht[227] die bisherige Rechtsprechung deutlich relativiert. Zwar sei das berufsrechtliche Duldungsverbot geeignet, unzulässiger Werbung und damit auch einer Verunsicherung der Bevölkerung vorzubeugen; wie jede einschränkende Maßnahme müsse dieses Duldungsverbot jedoch unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten geprüft werden. So sei z.B. zu prüfen, ob die Initiative zu dem Pressebericht vom Arzt oder von dritter Seite ausgegangen sei. Werde ein Arzt in der Presse angegriffen, müsse er auch die Möglichkeit haben, sich mittels der Medien zu verteidigen, auch wenn diese Berichte dann u.U. einen werblichen Nebeneffekt haben können. Schließlich sei in diesem Zusammenhang deutlich zwischen den zitierten Äußerungen des Arztes selbst und redaktionellen Passagen über ihn zu unterscheiden. Sehe man das Duldungsverbot zu krass und ausnahmslos, wie die bisherige berufsrechtliche Rechtsprechung, werde dem standesrechtlichen Werbeverbot ein Stellenwert eingeräumt, den es im Lichte der Grundrechte (Art. 5 und 12 GG) nicht beanspruchen könne und sein Schutzzweck auch nicht in jedem Fall erfordere. Der Arzt, so das BVerfG[228] dürfe gegenüber der Presse nicht zu einem Verhalten gezwungen werden, das diese bekanntermaßen nicht akzeptiere. Ihn als Konsequenz von Pressekontakten fern zu halten, sei unzumutbar. Der Arzt muss den Journalisten aber auf standesrechtliche Werberegeln hinweisen. Er kann normalerweise nicht darauf vertrauen, der Journalist werde diese Regeln nach Inhalt und Umfang schon kennen.[229]
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Besondere Rücksicht muss der Arzt bei der Mitwirkung von Presseberichten auf die Vorschriften des HWG nehmen.[230] § 11 HWG enthält einen Verbotskatalog mit zahlreichen Einzeltatbeständen für die Werbung außerhalb der Fachkreise. § 12 HWG enthält ein absolutes Werbeverbot außerhalb der Fachkreise für Mittel, Verfahren, Behandlungen oder Gegenstände, die sich auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung in einer Anlage zu § 12 HWG aufgeführten Krankheiten beziehen. Ausgenommen ist lediglich die Werbung für Verfahren oder Behandlungen in Heilbädern, Kurorten und Kuranstalten. Ziel des Gesetzes ist die Eindämmung der Selbstbehandlung bei den als schwerwiegend eingestuften Erkrankungen. Ob alleine schon das Foto eines Arztes in einer Zeitschrift als unzulässige Werbung zu bezeichnen ist, ist umstritten.[231] Eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen beanstandete früher bereits die Zurverfügungstellung von Photos für einen Journalisten bzw. das Photographieren in der Praxis.[232] Gehört das Foto zur Art des Mediums ist seine Veröffentlichung nicht schlechthin berufsordnungswidrig. Vielmehr kommt es auf die Gesamtaufmachung und den begleitenden Text an.[233] Insgesamt erscheinen viele berufsgerichtliche Entscheidungen, sofern sie bis in die achtziger Jahre hinein ergangen sind, ziemlich anachronistisch. In den Medien gehört das Bild zum Menschen und der Mensch zum Bild. An dieser einfachen Wahrheit wird auch das Berufsrecht letztlich nicht vorbeikommen. Dementsprechend ist schon in § 27 Abs. 2 MBO a.F. die Zurverfügungstellung des Bildes bzw. die Gewährung eines Photos ersatzlos gestrichen worden. Allerdings wird bei derartigen Bildberichten § 11 Nr. 4 HWG zu beachten sein, wonach die Werbung für Behandlungsmethoden nicht mit der bildlichen Darstellung von Personen in Berufskleidung erfolgen darf. Der BGH[234] legt diese Norm im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG jetzt allerdings einschränkend dahingehend aus, dass das Verbot nur dann gilt, wenn die bildliche Darstellung irreführend ist. Durch die 16. AMG-Novelle (in Kraft seit 26.10.2012) wurde das bisherige Verbot in § 11 Nr. 4 HWG, wonach die Werbung für Behandlungsmethoden nicht mit der bildlichen Darstellung von Personen in Berufskleidung erfolgen darf, aufgehoben. Die Werbung eines Zahnarztes mit Lichtbildern einer Patientin vor und nach einer umfassenden Gebisssanierung verstößt nach einer Entscheidung des OLG Celle[235] weder gegen § 11 Abs. 1 S. 3 HWG noch gegen § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 HWG, wenn für die Behandlung eine medizinische Indikation bestand.
ff) Der Arzt als Unternehmer/mittelbare Werbung
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Das Verbot berufswidriger Werbung richtet sich an jeden Arzt, gleichgültig, ob er niedergelassen, im Krankenhaus angestellt, für einen Gewerbebetrieb, eine Behörde oder die pharmazeutische Industrie tätig ist[236]. Unabhängig von der Rechtsform hat sowohl der Arzt als auch der nichtärztliche Inhaber einer entsprechenden Einrichtung die Vorschriften des HWG zu beachten.[237] Probleme treten dann auf, wenn der Arzt als Betreiber eines gewerblichen Unternehmens mit anderen Instituten in Wettbewerb tritt, deren Leiter selbst nicht den berufsrechtlichen Werbebeschränkungen unterliegen. Prinzipiell ist der Arzt auch in diesen Fällen an die Berufsordnung gebunden.[238] Dies soll nach Auffassung des BGH[239] auch dann gelten, wenn eine GmbH im ambulanten Bereich mit einer stationären Einrichtung konkurriert, da die Ungleichbehandlung im Werbebereich durch höhere betriebswirtschaftliche Aufwendungen der stationären Einrichtung gerechtfertigt sei. Zumindest für den Fall der Werbung einer Klinik für ambulante Heilbehandlung hat das BVerfG[240] diese Unterscheidung nicht nachvollzogen. Gewichtet man die Ausführungen des Gerichts zu den „Belegarztfällen“, könnten sich entsprechende Informationen auch für niedergelassene Ärzte rechtfertigen lassen. Im Ergebnis ist das Kriterium „stationär/ambulant“ daher in den meisten Fällen nicht mehr ausschlaggebend (siehe Rn. 192).
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Allerdings werden die Regelungen einer Berufsordnung zunehmend wettbewerbsrechtlich als Marktverhaltensregeln i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG angesehen. Bietet z.B. ein Gastronomiebetrieb einem Arzt im Rahmen einer sog. „Botox-Party“ den gesellschaftlichen Rahmen, außerhalb seiner Klinik zu Werbezwecken u.a. kostenlose Faltenbehandlungen durchzuführen, leistet er Beihilfe zu Verstößen dieses Arztes gegen die Berufsordnung und kann selbst als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.[241]
i) Berufsrechtlicher Adressatenkreis
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Da die Berufsordnung sich nur an Ärzte und nicht an juristische Personen, z.B. Krankenhausträger, MVZ oder Heilkunde-GmbH richtet, ist umstritten, nach welchen Grundsätzen sich ein nichtärztlicher Inhaber, der eine derartige Firma leitet, zu richten hat. Versorgungszentren unterliegen z.B. nicht unmittelbar dem ärztlichen Berufsrecht, wohl aber die in ihm tätigen Ärzte, unabhängig davon, ob es sich um ein „Freiberufler-MVZ“ oder ein Versorgungszentrum mit angestellten Ärzten handelt.[242]
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Eine restriktive Auffassung will der Berufsordnung in diesen Fällen eine Reflexwirkung beimessen. Zwar richte sich die Berufsordnung nicht an eine juristische Person als Arbeitgeberin der Ärzte. Die juristische Person dürfe aber die ihr verbundenen Ärzte nicht hindern, ihren Berufspflichten gerecht zu werden; diese Pflicht binde die juristische Person mittelbar.[243] Die Gegenansicht[244] sieht die Berufsordnung als reines „Binnenrecht“, welches, da von der ärztlichen Selbstverwaltung beschlossen, keine außen stehenden Dritten binden könne. Nur dort, wo vom Gesetzgeber entsprechende Einschränkungen vorgesehen seien (wie z.B. im HWG), könnten entsprechende Sanktionen greifen. Einen anderen Ansatz wählt der BGH[245]. Dieser sieht bereits in der Duldung der berufswidrigen Handlung durch den Arzt den Wettbewerbsverstoß, den sich die juristische Person als Träger der Einrichtung zu eigen macht. Insoweit ist die juristische Person schon als „Störer“ i.S.v. § 1 UWG a.F. anzusehen.[246] Das bedeutet im Ergebnis, dass derartige Unternehmen (z.B. Heilkunde GmbHs oder MVZ) sozusagen nicht völlig losgelöst vom ärztlichen Berufsrecht agieren können. Verleitet oder zwingt ein Unternehmen seine Ärzte zu berufsrechtswidrigen Handlungen bzw. Unterlassungen, kann es wettbewerbsrechtlich als Störer in Anspruch genommen werden. Hält sich das Unternehmen hingegen z.B. bei seiner Informationspolitik an die mittlerweile vom BVerfG weit gezogenen Grenzen, ist der Vorteil für den Arzt dann ein Reflex, der für sich alleine nicht berufsordnungswidrig ist.[247] Der im Unternehmen tätige Arzt kann sich im Falle eines Verstoßes gegen das ihn bindende Berufsrecht nicht darauf berufen, er habe auf Weisung des Trägers des Unternehmens handeln müssen bzw. im Falle der Weigerung hätten ihn Sanktionen getroffen. Dieses Problem mag im Rahmen der zu