Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
guter Weg; Zahn für Zahn mehr Lebensqualität.“ Der Name des Arztes wurde nicht genannt. Das BVerfG konnte nicht erkennen, welche Gemeinwohlbelange durch die genannten Äußerungen tangiert sein könnten. Wenn Kliniken durch zulässige Werbung wirtschaftlich erfolgreich sind, könne dies berufsrechtlich nicht den an der Klinik tätigen Belegärzten[194] angelastet werden. Mit dem Faltblatt würden nur solche Patienten konfrontiert, die sich ohnehin schon in der Klinik befinden. Im Übrigen wurde auch in dieser Entscheidung wieder das zu berücksichtigende Informationsinteresse der Patienten an neuen Verfahren betont.
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Ob das Gleiche auch dann gelten soll, wenn eine GmbH im ambulanten Bereich mit einer stationären Einrichtung konkurriert, hatte das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden. Nach Auffassung des BGH[195] ist dies nicht der Fall, da die Ungleichbehandlung im Werbebereich durch höhere betriebswirtschaftliche Aufwendungen der stationären Einrichtung gerechtfertigt sei. Im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfte dies nicht mehr ausreichend sein, zumal auch hochspezialisierte ambulante Einheiten einen erheblichen Investitionsaufwand betreiben. Rieger[196] hat im Übrigen völlig recht, dass der Sachverhalt auch Anlass zur Prüfung geboten hätte, ob die Klinik nicht nur zur Umgehung ärztlicher Werbebeschränkungen gegründet wurde („Zimmerklinik“).[197] Die Frage, ob eine Einrichtung, die sich als „Praxisklinik“ bezeichnet, Betten für eine stationäre Unterbringung vorhalten muss, ist strittig.[198]Außerdem gibt es im Bereich der mittelbaren Werbung (siehe Rn. 200) noch zahlreiche Varianten, die mit der Entscheidung des BVerfG zumindest nicht direkt erfasst werden. Es bleibt aber die Feststellung, dass die Unterscheidung „stationär/ambulant“ für den großen Bereich der Informationswerbung kein sachgerechtes Kriterium mehr ist und in § 27 MBO durch den 105. Deutschen Ärztetag daher zu Recht aufgegeben wurde.[199]
dd) „Anpreisen“
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Unter „Anpreisen“ wird eine besonders nachdrückliche Form der Werbung verstanden[200] (Blickfangwerbung, Verwendung von Superlativen, vergleichende Werbung, Eigenlob, Bezugnahme auf Empfehlungsschreiben und Danksagungen). Anpreisend ist eine Werbung auch dann, wenn die Form der Aufmachung nichts mehr mit der in der Werbung enthaltenen Sachinformation zu tun hat.[201] Weitere Fälle berufswidriger Werbung waren z.B. wenn ein Arzt über einen Empfang anlässlich seiner Niederlassung entsprechend in der Presse berichten lässt[202], in einer Zeitungsanzeige darauf hinweist, dass seine Praxis wegen Fortbildung geschlossen ist[203] oder Aufnahme in einen „Adviser“-Pool[204] gegen Entgelt. Allerdings sollte man sich vor einer allzu pauschalen Betrachtungsweise hüten. Neben einer Prüfung des kritisierten Tuns kommt es wesentlich auf den Adressatenkreis des werbenden Verhaltens an. Innerhalb der Fachkreise ist der Spielraum am weitesten; gegenüber dem eigenen Patientenstamm ist (jenseits der immer erlaubten Sachinformation) gerade auch im Hinblick auf das HWG größere Zurückhaltung geboten. Enger (auch wieder jenseits der zulässigen Sachinformation) können die Rahmenbedingungen bei Tätigkeiten sein, die sich an eine unbegrenzte Zahl Dritter (Öffentlichkeit) richten. Patienteninformationsschreiben stand die Rechtsprechung kritisch gegenüber[205]. Diese Zurückhaltung ist jedenfalls dann nicht einzusehen, wenn es sich um bisherige Patienten der Praxis handelt, die womöglich sogar in diese Art von Information ausdrücklich eingewilligt haben[206] oder das Informationsschreiben auf eine allgemeine Anfrage hin erfolgt. Im Übrigen ist auch in diesen Fragen immer das Datum der Entscheidungen zu berücksichtigen. Vieles, was früher kritisch gesehen wurde, nötigt heute nur noch ein „müdes Lächeln“ ab.[207]
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Inwieweit sich Ärzte des Sponsoring zur (Image-)Werbung bedienen dürfen, ist umstritten.[208] Während dies für Rechtsanwälte für zulässig gehalten wird[209], gehen die Meinungen für ärztliche Werbemaßnahmen auseinander.[210] Handelt es sich um ein konkretes – auch gesundheitspolitisch – förderungswürdiges Thema, sollte auch Ärzten entsprechende Möglichkeiten offen stehen.[211] Größere Zurückhaltung fand man aber noch bei bestimmten Werbeträgern, wie z.B. öffentlichen Verkehrsmittel oder Taxen. Die Bundesärztekammer hat hierzu am 12.8.2003 Hinweise und Erläuterungen verabschiedet und Abgrenzungskriterien genannt,[212] die heute aber nur noch mit großer Zurückhaltung als Maßstab zugrunde gelegt werden können. Gerade die Werbung im öffentlichen Raum, z.B. in U-Bahnstationen oder auch sonstigen Verkehrsmitteln ist kaum noch eingeschränkt, sofern sie nicht irreführend oder anpreisend ist.
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Anpreisend ist eine gesteigerte Form der Werbung, insbesondere eine solche mit reißerischen und marktschreierischen Mitteln. Diese kann schon dann vorliegen, wenn die Informationen für den Patienten als Adressaten inhaltlich überhaupt nichts aussagen oder jedenfalls keinen objektiv nachprüfbaren Inhalt haben. Aber auch Informationen, deren Inhalt ganz oder teilweise objektiv nachprüfbar ist, können aufgrund ihrer reklamehaften Übertreibung anpreisend sein.
Grundsätzlich nicht anpreisend ist die publizistische Tätigkeit von Ärzten sowie die Mitwirkung des Arztes an aufklärenden Veröffentlichungen medizinischen Inhalts. Unbeschadet sachlicher Kritik sind Äußerungen in herabsetzender Form über Kollegen, ihre Tätigkeit und über medizinische Methoden zu unterlassen.
In diesem Sinne ist im Regelfall:
Erlaubt | Verboten |
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z.B. – Hinweise auf Ortstafeln, in kostenlos verteilten Stadtplänen und über Bürgerinformationsstellen, – Wiedereinbestellungen auf Wunsch des Patienten, – Tag der offenen Tür, – Kultur-, Sport- und Sozialsponsoring, – Geburtstagsglückwünsche an eigene Patienten ohne Hinweise auf das eigene Leistungsspektrum, – Hinweis auf Zertifizierung der Praxis, – nicht aufdringliches (Praxis-)Logo – sachliche Informationen in Medien | z.B. – Verbreiten von Flugblättern, Postwurfsendungen, Mailingaktionen, – Plakatierung, z.B. in Supermärkten, – Trikotwerbung, Bandenwerbung, Werbung auf Fahrzeugen, – unaufgeforderte Wiedereinbestellungen ohne medizinische Indikation – Angabe von Referenzen – bildliche Darstellung in Berufskleidung [213] bei der Berufsausübung, wenn ein medizinisches Verfahren oder eine ärztliche Behandlungsmaßnahme beworben wird |
3.3.4 Sonstiges
Die Kategorien „anpreisend“, „irreführend“ und „vergleichend“ sind nicht abschließend. Außerhalb dieser Kategorien bleibt dem Arzt auch zukünftig verboten:
– | das Auslegen von Hinweisen auf die eigene Tätigkeit/Praxis bei anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen (z.B. in Apotheken, Fitness-/Wellnesseinrichtungen, Massagepraxen), |
– | eigene Zeitungsbeilagen, |
– |
das Inverkehrbringen |