Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller

Handbuch Medizinrecht - Thomas Vollmöller


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der Tagesklinik eine Einrichtung zur Durchführung operativer Eingriffe, nach denen der Patient die Nacht in der Regel wieder zu Hause verbringt, eine Versorgung über Nacht jedoch möglich ist[284] (zu den weiteren Voraussetzungen siehe Empfehlung der BÄK, 9 ff.). Weiterführende Informationen über die spezielle Struktur einzelner Leistungen mit eher werblichem Charakter, die auch bisher nur kollegenintern zulässig waren, dürfen auch in Zukunft nur in einem Intranet verbreitet werden, das ausschließlich Ärzten offen steht. Die Frage der Zulässigkeit eines „Gästebuches“ ist in den bisherigen Verlautbarungen nicht explizit erwähnt.[285] Für den anwaltlichen Bereich gilt das Gästebuch als unzulässig, da es dazu dienen könne, mit Mandantenlob zu werben.[286] § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG enthält eine ähnliche Verbotsnorm. Kritisch wird das Anerbieten eines e-Mail-Kontaktes gesehen. Im Prinzip ist gegen die Zulässigkeit nichts einzuwenden. Ein Patient/Interessent, der auf diesem Wege Kontakt mit einer Praxis aufnimmt, muss wissen, dass es Probleme mit der Datensicherheit gibt. Ein gesonderter Hinweis wird jedoch hilfreich sein. Problematisch war in der Vergangenheit eine individuelle telekommunikative ärztliche Beratung.[287] § 7 Abs. 4 a.F. MBO verbot die ausschließliche individuelle Beratung und Behandlung(Fernbehandlung) in Kommunikationsmedien und Computerkommunikationsnetzen (kein cyber-doc).[288] Nicht verboten war allerdings eine solche Beratung, wenn sie bei einem bereits bekannten Patienten durchgeführt – oder mit einer anschließenden persönlichen Kontaktaufnahme verbunden ist. Wenn es sich um einen unbekannten Patienten handelte, ging der Arzt jedoch – ebenso wie bei der Telefonberatung – ein ganz erhebliches forensisches Risiko ein. Bereits 2015 deutete die Bundesärztekammer durch Hinweise und Erläuterungen eine vorsichtige Öffnung an, die schließlich vom 121. Deutschen Ärztetag 2018 zu einer grundlegenden Reform von § 7 Abs. 4 MBO führte und nun in geeigneten Fällen auch eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien erlaubt. Hierzu hat die Bundesärztekammer (Stand: 22.3.2019) Hinweise und Erläuterungen beschlossen, die über die Homepage der BÄK abgerufen werden können (DOI: 10.3238/arztebl.2019.mbo.fernbehandlung). Diese Neuregelung ist mittlerweile in nahezu allen Landesärztekammerbereichen umgesetzt. Die Erfahrungen aus Nachbarländern wie z.B. der Schweiz stimmen zuversichtlich. Die Honorierung ist in Deutschland allerdings noch unbefriedigend gelöst. Bei aller Euphorie über technische Neuerungen dürfen durchaus relevante und auch teilweise schwierige forensische Probleme der ausschließlichen Fernbehandlung nicht vernachlässigt werden.[289] Flankiert wird diese Öffnung durch das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) vom 7.11.2019.[290]Wesentliche Inhalte des Digitale-Versorgung-Gesetzessind u.a.:

Ärzte können künftig digitale Anwendungen, wie Tagebücher für Diabetiker, Apps für Menschen mit Bluthochdruck, zur Unterstützung der Physiotherapie oder bei vielen weiteren Erkrankungen verschreiben. Diese werden von den Krankenkassen erstattet. Damit Patienten gute und sichere Apps schnell nutzen können, wird für die Hersteller ein neuer, zügiger Weg in die Erstattung geschaffen: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) prüft Sicherheit, Funktion, Qualität, Datenschutz und Datensicherheit der Produkte. Innerhalb eines Jahres muss der Hersteller nachweisen, dass die App die Versorgung verbessert.
Patientinnen und Patienten sollen sich darauf verlassen können, dass ihre Ärztinnen und Ärzte sowie weitere Leistungserbringer an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen werden. Apotheken müssen sich bis Ende September 2020 und Krankenhäuser bis Januar 2021 anschließen lassen. Für Ärzte, die sich weiterhin nicht anschließen, wird der Honorarabzug von bislang 1 % ab dem 1. März 2020 auf 2,5 % erhöht. Hebammen und Physiotherapeuten sowie Pflegeeinrichtungen können sich freiwillig an die TI anschließen. Die Kosten hierfür werden erstattet.
Patientinnen und Patienten sollen Ärzte, die Online-Sprechstunden anbieten, leichter finden. Darum dürfen Ärztinnen und Ärzte künftig auf ihrer Internetseite über solche Angebote informieren. Die Aufklärung für eine Videosprechstunde kann jetzt auch im Rahmen der Videosprechstunde erfolgen.
Die Zettelwirtschaft im Gesundheitswesen wird abgelöst durch digitale Lösungen. Bislang erhalten Ärztinnen und Ärzte für ein versendetes Fax mehr Geld als für das Versenden eines elektronischen Arztbriefs. Die Selbstverwaltung wird beauftragt, das zu ändern. Außerdem haben Ärztinnen und Ärzte künftig mehr Möglichkeiten, sich auf elektronischem Weg mit Kollegen auszutauschen. Wer einer gesetzlichen Krankenkasse freiwillig beitreten möchte, kann das auch auf elektronischem Wege tun. Wahlleistungsvereinbarungen können etwa im Vorfeld geplanter Krankenhausaufenthalte auch elektronisch abgeschlossen werden. Außerdem können auch alle weiteren veranlassten Leistungen wie Heil- und Hilfsmittel oder aber die häusliche Krankenpflege auf elektronischem Weg verordnet werden.

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