Der Jäger und sein Ziel .... Gerd H. Meyden

Der Jäger und sein Ziel ... - Gerd H. Meyden


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kommt der Murmelesack in heiße Holzasche oder unter glühend gemachte Steine. Nach der Garzeit öffnet man den Sack, und der „würzige“, ölige Fleischsaft ist der kulinarische Himmel aller Steppen-Gourmets.

      Darmaa musste bei der Beschreibung dieser edlen Speise vor Appetit schlucken. Vielleicht erging es dem Fuchs auch so?

      Auf jeden Fall hätte es mich sehr gefreut, wenn ich wenigstens einmal im eigenen Jagdbann solch seltene Beute machen, mich an Erlegung, Balg und der raren Trophäe von gelben Nagezähnen hätte erfreuen können. Lieber jedoch ohne anschließenden Chorlog – auch wenn Darmaa mich nur zu gerne an diesem Hochgenuss hätte teilhaben lassen.

      Als ich einem Jagdfreund von meinem Wunsch erzählte, tröstete er mich mit einer Einladung zur legalen Murmelejagd in Tirol. Er habe einen Freund, der eine kleine Eigenjagd auf dem Kitzbüheler Horn hat. Es gäbe da viele Mankei – dort heißen sie halt so – und der Eigentümer mit dem schönen Namen Severin freue sich über einen Gast.

      Heiß brannte die Septembersonne vom wolkenlosen Himmel, als Severin uns hinauf zu den Hochalmen geleitete. Unterwegs bekam ich all die Ermahnungen, die mir aus Literatur und Erzählungen bekannt waren.

      „Schieß nie, wenn der Mankei in der Nähe des Baues ist. Er muss im Schnall liegen, sonst ist er verloren. Und – was hast denn für a Büchs?“

      Für diesen Fall hatte mir mein Freund seine 222 ausgeliehen, denn all meine eigenen Waffen hatten ein zu grobes Kaliber für das kleine Wild. Die Probeschüsse saßen perfekt, und so war der Gastgeber beruhigt.

      Die baum- und strauchlose Hochebene ist eine bucklige Welt. Schon von weitem sahen wir etliche Mankei umherhuschen, und auf gellende Warnpfiffe hin waren sie blitzschnell abgetaucht. Hinter einem Felsbrocken fanden wir Deckung. Es dauerte keine halbe Stunde, da erschienen wieder ihre sichernden Köpfe vor den Einfahrten. Bald waren wieder kleine Affen und größere Bären und Katzen unterwegs zum Äsen. Ich wollte mir einen möglichst starken Bären auswählen, und so wurde mir die Zeit nicht lang, zumal das Bergpanorama allein den Aufstieg gelohnt hätte.

      Plötzlich huschte ein größerer Bursche auf einen der kleinen Hügel, richtete sich auf und sicherte rundum.

      „Den packsch!“, flüsterte mir der Severin zu. „Herrschaft! Des isch a amol a starker Bär!“

      Dort auf dem kleinen Buckel war er weit genug vom Bau entfernt, und mit der guten Auflage an dem Felsen war der Schuss kein Kunststück. Im Knall der kleinen Büchse lag der Bär verendet auf der Hügelkuppe, schlegelte noch einmal kurz und rutschte auf der abgewandten Seite in die Senke. Das ging ja schnell und einfach. Mir ging’s fast zu schnell. Die Freunde beglückwünschten mich mit kräftigem Schulterklopfen, und freudig stiegen wir hinab zur Beute.

      Doch da kam die Enttäuschung wie eine kalte Dusche. Genau in der Senke, in die der Bär abgekippt war, gähnte ein großer Bau. Da war er hineingerollt.

      Severin kratzte sich am Kopf. „Der Deixl solls holen!“

      Die Baueinfahrt ging mindestens einen Meter weit senkrecht in die Tiefe. Wie es dort weiterging, konnte man nur ahnen. Unsere Arme waren zu kurz, um da hinunterzulangen.

      „Jetzt müss’ mer graben“, war Severins Vorschlag. Hier lag eine dicke Humusdecke, unsere Chancen waren gut, ein gutes Stück hinunterzugraben. Bei einem Felsenbau wären alle Mühen vergebens gewesen. So aber fuhr der Bauer zu Tal, um Hacke und Schaufel zu holen.

      Jetzt jedoch kam die große Schinderei. Im glühenden Sonnenschein lief uns der Schweiß in Strömen herab. Hemd und Hose mussten wir ablegen. Abwechselnd gruben mein Freund und ich in die Tiefe. Bis zur Hüfte schon waren wir zum Erdmittelpunkt in Richtung Neuseeland vorgedrungen, doch kein Haar des Bären war weder zu sehen noch zu greifen. Und dann die große Enttäuschung: Der Fels begann. Ende der Graberei. Doch ich dachte nicht ans Aufgeben. Weit unterhalb der Almfläche wuchs ein Haselstrauch. Da wollte ich mir eine Gerte holen, um wenigstens zu ertasten, wo der Mankei lag.

      Und tatsächlich, vorsichtig, den Stecken um eine Biegung schiebend, stieß ich auf etwas Weiches. Das musste der Bär sein. Doch wie ihn da herausziehen? Der Stecken hatte ja keinen Greifarm. Da fiel mir eine Geschichte ein, die ich einmal gelesen hatte. Da sah es so aus, als würden die Jäger ebenfalls in einem Felsenbau einen Dachs auf die gleiche Weise wie ich den Mankei verlieren. Sie spalteten einen Stecken am Vorderende zu einer Gabel. Mit dieser drehten sie den Stock in die langen Haare der Schwarte und zogen den Dachs langsam und vorsichtig heraus.

      Das wollte ich auch probieren. Die Freunde runzelten zweifelnd die Stirn, doch machten sie mir Mut zum letzten Versuch. Also musste ich nochmals zum Haselstrauch hinunter und eine andere, biegsamere Gerte schneiden. Dann stocherte ich mit der gespaltenen Spitze vorsichtig nach dem Murmele. Bloß – wo hatte der die längeren Haare, in die sich der Stecken eindrehen ließ? Sehen konnte ich eh nichts, und so blieb mir nur das Probieren. Immer wenn ich auf den weichen Körper stieß, drehte ich mein Steckerl wie eine Spaghettigabel. Doch umsonst, sie konnte sich nicht festbeißen. Ich musste die langen Haare des Bürzels erwischen, das könnte gehen. Aber ohne Sicht dahin finden? Geduld ist des Jägers wichtigste Tugend, und ich gab nicht auf. Und dann – juhe – plötzlich ließ sich die Gerte nicht mehr drehen. Sie hatte gebissen. Zentimeter für Zentimeter konnte ich sie mit dem Mankei daran herziehen, immer in Angst, sie könnte sich vom Wild lösen. Und nach spannenden Minuten sah ich das schwarze Ende vom Bärenbürzel. Jetzt nur langsam. Den könnte ich jetzt mit den Händen fassen. Dazu musste ich kopfüber in die Grube hinab. Die Freunde hielten mich an den Füßen fest, und endlich gelang es mir, bis zum Mankei hinunterzugreifen. Erdverschmiert, aber glücklich zog ich meine Beute ans Tageslicht.

       Der Bär vom Kitzbüheler Horn

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       Weit hinunter mussten wir graben …

      Nach dem Schuss war ich ein wenig frustriert gewesen, dass die ganze Jagerei zu einfach und zu schnell gegangen war. Doch wie man sieht – da man kann sich gewaltig täuschen. Zwischen Schuss und Rucksack kann allerlei geschehen.

       Auf der Weiherwiese

      „Kommt schnell, ihr werdet staunen, um die Randbäume der Weiherwiese drängelt sich eine Riesenversammlung von Rehen! Der reinste Wahnsinn! Grad wutz’ln tut’s. Schaut’s euch das an! Los! Auf geht’s! Diesen Anblick werdet ihr nie vergessen!“

      Mit dieser aufgeregt hervorgesprudelten Meldung polterte ich in die Jagdhütte meines Freundes Hubertus. Mit einem „Gell, du Zweifler, da siehst du mal, wie das Zaubermittel Buchenholzteer wirkt!“, sprang er mit seinen beiden Söhnen rasch ins Auto und brauste davon, dass der Kies aufspritzte.

      Zurück blieb ich bei seiner Frau, die mich stirnrunzelnd und voller Zweifel anblickte.

      „Da stimmt doch was nicht!? Oder?“

      Nun konnte ich nicht mehr länger das Lachen zurückhalten und rückte mit der Wahrheit heraus. Ich hatte den Freund in den April geschickt.

      Vor einigen Tagen war er, der großzügige Jagdherr, bei dem ich unbeschränktes Jagen genießen durfte, auf die Idee gekommen, Rehe mittels Buchenholzteer anzulocken. In einem Inserat in der Jagdzeitung pries ein Hersteller dieses Wundermittel mit folgendem Werbespruch an: „Sie werden staunen! Unvorstellbare Wirkung!“ In der Beschreibung stand, dass davon nicht nur Sauen – die gab es damals noch nicht in unserem Revier –, sondern auch Rehe magnetisch angezogen würden. Man müsse nur einige Baumstämme damit bestreichen, dann – nun ja, siehe oben.

      Ich lachte den Freund aus, das sei Blödsinn, nur ein plumper Verkäufertrick. Doch nein, alle meine Argumente halfen nichts. Werbung lügt nicht. Punkt! Er bestellte einen Eimer von dem „Wundermittel“ und schickte mich los, um die Randbäume an der Weiherwiese mit dem schwarzen Zeug zu bestreichen. Diese Wiese war ein überaus beliebter Platz für unsere Rehe. Hufeisenförmig, sanft hügelig ansteigend


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