Frau Kaiser und der Dämon. Ulla Garden
kann einfach nicht mehr anders, ich muss dir jetzt etwas gestehen“, begann er geheimnisvoll. Sie schaute ihn erstaunt an und fragte: „Was denn?“
Es nahm ihre Hand in seine und sprach etwas verlegen weiter: „Ja also, Leni, es ist so, ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt“, er sah sie mit großen bittenden Augen an. „So, jetzt ist es draußen“, meinte er erleichtert.
In dem Moment kam Johannes zur Tür herein und hörte, wie Leni seinem Bruder beteuerte, dass sie ihn zwar möge, aber nur Jo liebe und niemand anderen. Er räusperte sich und trat ans Bett, wo Leni ihn strahlend begrüßte und einen Kuss verlangte, den er ihr lächelnd gewährte. Leni wollte noch etwas zu Max sagen, aber sie brachte die Worte nicht raus, was sie fürchterlich aufregte und plötzlich ließ sie ein lautes, deutliches „Scheiße“ vernehmen, worauf die beiden Brüder sie erst erstaunt ansahen und dann fingen alle drei an zu lachen.
„Einige Wörter klappen doch schon ganz gut“, feixte Max, der es bedauerte, dass sein Bruder im falschen Moment ins Zimmer gekommen war. Kurz danach wurde Lenis Frühstück gebracht und Johannes half ihr geduldig beim Essen. Kaum hatte sie fertig gefrühstückt, wurde Leni mit dem Rollstuhl abgeholt und zur Logopädin gebracht.
„Was hast du Leni erzählt?“, wollte Johannes von seinem Bruder wissen, als die beiden allein im Zimmer waren.
„Nichts, warum? Also, weißt du, beichten musst du schon selber, das nehm ich dir ganz sicher nicht ab. Ich habe ihr gesagt, dass Mutti und Vati da sind, um mit dir zu besprechen, wie es in Zukunft mit euch weitergehen soll.“
Johannes nickte zustimmend.
„Außerdem hab ich versucht, ihr Gedächtnis aufzufrischen, aber sie kann sich nicht an ihren Umzug nach Leipzig erinnern, sie lebt geistig immer noch in Freiburg.“
Johannes fragte weiter: „Und vorhin, als ich gekommen bin? Was hast du ihr da gesagt?“
Max schob seine Hände in die Hosentaschen und schaute verlegen auf seine Schuhspitzen. „Na ja, sie sah so süß aus, als sie so friedlich dalag und geschlummert hat, da konnte ich einfach nicht anders. Ich hab sie gestreichelt und ihr gesagt, dass ich sie liebe. Es ist nun mal so und das weißt du auch. Sie hat mir vom ersten Augenblick an gefallen und ich versteh wirklich nicht, warum sie sich ausgerechnet in dich Griesgram verliebt hat.“
„Vielleicht weil ich zuverlässiger bin“, meinte Johannes nachdenklich. „Du musst wissen, Lene ist rasend eifersüchtig. Die hat mir vorgestern Abend ganz schön die Hölle heiß gemacht, nachdem Sarah so intensiv mit mir geflirtet hatte. Außerdem hat sie …“, er stockte, denn intime Dinge wollte er vor seinem Bruder ganz sicher nicht ausplaudern. „Jedenfalls ist so ein Casanova wie du nicht der Richtige für sie, da müsste sie ja ständig Angst haben, dass du fremdgehst.“
Max hatte immer noch die Hände in seinen Hosentaschen versenkt und hob leicht die Schultern. „Weißt du, ich denke mit einer Frau wie Leni braucht man doch gar nicht fremdzugehen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, ihr treu zu bleiben“, meinte er und sah seinen Bruder verträumt an.
Johannes lachte: „Vergiss es, Bruderherz, du und Treue, das sind zwei Welten, du weißt doch gar nicht was das ist.“
„Aber jetzt sag schon, was hat sie vorgestern Abend gemacht?“ Max war jetzt natürlich total neugierig.
„Ich denke, das geht nur Lene und mich was an. Sie würde mich steinigen, wenn ich darüber sprechen würde. Du weißt, wie sie ist und ich mag auch nicht über unser Intimleben sprechen.“
„Du hast sie doch nicht etwa in diesem Zustand gevögelt?“
„Nein, natürlich nicht!“, entrüstete sich Johannes, war aber nicht bereit, weiter über dieses pikante Thema zu sprechen und überließ es der Phantasie seines Bruders, sich auszudenken, was da wohl geschehen war.
„Also hat sie dir einen runtergeholt oder vielleicht sogar einen geblasen?“ Max wollte nicht so schnell aufgeben.
Johannes gab keine Antwort, sondern grinste seinen Bruder nur vielsagend an.
„Mannomann, was hat sie mit dir gemacht? Sie hat dich ja total umgekrempelt. Das hätte es bei dir früher nie im Leben gegeben, dass dir eine Frau in dieser Umgebung an die Hose geht.“ Max hatte mal wieder seinen Spaß. Es gab für ihn nichts Schöneres, als seinen steifen Bruder aufzuziehen.
„Hör zu, Max, ich denke, es ist besser, wenn du jetzt gehst“, sagte Johannes nach kurzem Schweigen. „Mutti und Vati warten auf dich, die wollen wieder nach Hause zurückfahren.“ Er gab seinem Bruder den Autoschlüssel und verabschiedete sich nachdenklich von ihm.
„Verdammte Scheiße, warum muss er Lene ausgerechnet jetzt mit seinen Gefühlen belästigen?“, brummte Johannes grimmig vor sich hin, während er seinem Bruder vom Fenster aus nachschaute und auf die Rückkehr seiner Frau wartete.
Als Leni wieder ins Zimmer zurückgebracht wurde, wollte er helfen, sie ins Bett zu legen, aber sie meinte, dass sie erst zur Toilette müsse. Er sah sie erstaunt an und klingelte dann nach einer Pflegerin. Als längere Zeit niemand kam, wurde Leni unruhig, denn so gut konnte sie ihre Schließmuskeln doch noch nicht beherrschen. Als Johannes merkte, dass es wohl dringend war, nahm er sie kurzerhand auf den Arm.
„Oh Mann, sie sind aber ganz schön schwer geworden, Frau Kaiser“, stöhnte er. Sie kicherte und kuschelte sich an seine Brust. Im Bad stellte er sie vorsichtig auf die Füße und in dem Moment kam die Pflegerin, die es übernahm, Leni aus ihrer Windel zu befreien und auf die Toilette zu setzen.
„Wie haben Sie sie denn alleine hier reingebracht?“, wollte die ziemlich korpulente Pflegerin von ihm wissen.
Er lachte: „Ganz einfach, ich trage meine Frau auf Händen.“
„Oh, das ist aber schön. Bei meinem Gewicht hätte mein Mann ganz schön was zu schleppen“, meinte sie dann lachend.
Als Leni rief, dass sie fertig sei, kam die Pflegerin wieder zu ihr und hatte eine kleinere Vorlage und einen von Lenis Slips in der Hand. „Ich denke, die Windel brauchen wir jetzt nicht mehr“, meinte sie und zog Leni ihren Slip mit der neuen Vorlage an. Leni lächelte sie glücklich an und freute sich, dass sie schon wieder einen weiteren Schritt in ein normales Leben geschafft hatte. Unter Mithilfe von Johannes wurde Leni wieder in ihr Bett gebracht.
„Na, alles klar, Schätz-chen?“ fragte er zärtlich. Leni nickte, nahm seine Hand, legte sie auf ihren Bauch und sagte: „Ich liebe dich, Jo.“
„Ja, ich dich auch, meine süße Kaiserin.“ Er strich ihr über den Kopf, wobei er feststellte, dass ihre wegen der Operation kurz geschorenen Haare schon wieder etwas gewachsen waren und küsste sie zärtlich.
„Jo, ich will nach Hause“, sagte Leni unvermittelt.
„Das kann ich nicht entscheiden, Schätz-chen, da müssen wir die Ärzte fragen“, meinte er nachdenklich. Leni machte jetzt ebenfalls ein ernstes Gesicht, denn sie dachte daran, dass Max ihr erzählt hatte, dass sie jetzt in Leipzig wohnen würde.
„Na, was überlegst du?“, fragte Johannes nach.
„Wo?“, fragte sie und Johannes spürte, dass sie noch mehr sagen wollte.
„Du willst wissen, wo wir wohnen?“
Leni nickte mit Tränen in den Augen. Es machte sie traurig und wütend zugleich, dass sie nicht wusste, wo sie jetzt lebte.
„Wir haben eine wunderschöne, große Wohnung am Stadtrand von Leipzig gemietet“, erklärte er ihr, worauf sie ihn nur ungläubig anschaute.
„Lilli und Mäxle?“, fragte sie daraufhin.
Er lächelte sie an. „Ja, deine beiden Katzen sind auch dort. Denen geht es gut. Sie lieben den großen Balkon, den wir haben.“
Leni konnte sich immer noch keinen Reim darauf machen, was er ihr erzählte. In Gedanken sah sie immer noch ihre, von ihr selbst entworfene Freiburger Wohnung vor sich, wo sie auch einen schönen großen Balkon hatte.
Nach