Pragmatische Bedingungen der Topikalität. Detmer Wulf
Elemente intonatorisch von den bekannten abgehoben sind, muss Halliday für diesen Satz zwei „message blocks“6 annehmen, die sich jeweils über den NP- und den VP-Bereich erstrecken.
Das Auseinanderfallen von Informationsstruktur (d.h. ‚Given/New‘-Struktur) und Thema/Rhema-Struktur – neue Elemente befinden sich sowohl im thematischen als auch im rhematischen Bereich – ergibt sich aus dem spezifischen kommunikativen Kontext, in dem die Äußerung dieses Satzes eingebettet ist: „I am talking (theme), specifically, (new) about this gazebo: the fact is (rheme) that your suggestion (given) that Wren built it is actually quite impossible“ (Halliday 1970, 163). Die ‚Given/New‘-Struktur des Satzes ist also der Reflex auf die (vom Sprecher unterstellte) Überzeugung des Adressaten, dass es sich um ein von Christopher Wren entworfenes Pavillon handelt.7 Die Thema/Rhema-Struktur ist demgegenüber sprecherbezogen:
Given and new thus differ from theme and rheme, though both are textual functions, in that ‘given’ means ‘here is a point of contact with what you know’ (and thus is not tied to elements in clause structure), whereas ‘theme’ means ‘here is the heading to what I am saying’. (Halliday 1970, 163)8
Halliday bestimmt ‚new‘ allgemein im Sinne hörerseitig unzugänglicher Information – was von der der Frage der Zugänglichkeit oder Nicht-Zugänglichkeit eines Diskursreferenten unabhängig ist: „The function ‘new’ means ‘treated by the speaker as non-recoverable information’: information that the listener is not being expected to derive for himself from the text or situation“ (1970, 163).
Die intonatorische Herausstellung ‚neuer‘ Satzelemente nennt Halliday „information focus“. Der Informationsfokus indiziert intonatorisch einen bestimmten Bereich („domain“) innerhalb der Informationseinheit als neu und grenzt ihn von ‚given elements‘ ab: „What lies outside that domain can be said to have the function ‘given’“ (1967, 207). Was fokussiert wird, unterliegt dabei der Sprecherwahl und reflektiert die kommunikativ-situative Verankerung der Äußerung (vgl. 1967, 207f.):9
(17a) | // John painted the shed yesterday // |
(17b) | // John painted the shed yesterday // |
(17c) | // John painted the shed yesterday // |
(17d) | // John painted the shed yesterday // |
Für (17a) bis (17c) gibt Halliday auf der Basis des klassischen Fragetests spezifische Kontexte an, in denen die Sätze jeweils als Antworten fungieren können: (a) als Antwort auf die Frage, wer die Hütte gestrichen hat, (b) auf die Frage, was mit der Hütte gemacht wurde und (c), wann sie gestrichen wurde. Passen die Sätze mit ihrem jeweiligen Intonationsmuster nur zu spezifischen Fragekontexten, so wie in (a) bis (c), spricht Halliday von markiertem Fokus. Lässt sich ein Satz auf der Basis seines Intonationsmusters einem kommunikativ-situativen Kontext nicht eindeutig zuordnen, handelt es sich um einen unmarkierten Fokus. Ein solcher Fall liegt seiner Meinung nach in (d) vor. Was diesen Satz informationsstrukturell ‚unmarkiert‘ macht, ist der Umstand, dass der Informationsfokus dort hinsichtlich der Frage nach dem Umfang seiner Domäne ambig bleibt. Sie kann entweder innerhalb des rhematischen Bereichs bleiben (What did John do?) oder sich auf den gesamten Satz beziehen (What happened?): „An item with unmarked focus may thus be represented as being ambiguous, as having the structure either given – new or simply new“ (1967, 208).10 Den Unterschied zwischen markiertem und unmarkiertem Informationsfokus expliziert Halliday folgendermaßen:
A distinction may […] be made between unmarked focus, realized as the location of the tonic on the final accented lexical item, which assigns the function ‘new’ to the constituent in question but does not specify the status of the remainder, and marked focus, realized as any other location of the tonic, which assigns the function ‘new’ to the focal constituent and that of ‘given’ to the rest of the information unit. (Halliday 1967, 208)
Damit sind die möglichen kommunikativen Kontexte der sogenannten markierten Informationsfoki aber noch nicht erschöpft. In anderen Diskurszusammenhängen lassen sich die Informationsfoki in (17a)-(17c) auch im Sinne eines Korrekturfokus denken. Ihre ‚non-recoverability‘ besteht dann nicht darin, dass sie die von der jeweiligen Frage eingeforderte Information darstellen oder dass, wie im ‚unmarkierten‘ Fall des Gleichlaufs von thematischer und informationeller Struktur, bekannter Information neue Information hinzugefügt wird, die dann im weiteren Verlauf als gemeinsame Diskursbasis gelten kann. Sie besteht vielmehr darin, dass im Fall der Korrektur die Geltung bestimmter Sachverhalte als gemeinsamer Diskurshintergrund zurückgewiesen wird, wobei es die Funktion des Fokus ist, das entsprechende Element als Korrektur auszuweisen, wohingegen die nicht fokussierten Elemente nicht nur als bekannt gelten sondern auch als gemeinsame Diskursbasis akzeptiert sind:
(18) | Diskursbasis: Mary and John resored the shed. |
A: Mary painted the shed. | |
B: No, John painted the shed. |
‚Neu‘ im Sinne von „non-recoverable“ ist das fokussierte Element hier also nicht im Hinblick auf die Erweiterung der gemeinsamen Diskursbasis durch neu hinzugefügte Information, sondern hinsichtlich seiner Ausweisung als nicht akzeptierte Diskursbasis.11
In Analogie zum unmarkiertem vs. markierten Fokus unterscheidet Halliday auch zwischen unmarkiertem und markiertem Thema. Der Standardfall eines unmarkierten Themas ist das Subjekt als Thema im Deklarativsatz (1985, 45). Ein markiertes Thema bestimmt Halliday folgendermaßen: „A Theme that is something other than the Subject, in a declarative clause, we shall refer to as a Marked Theme“ (ebd.). Hierzu zählen satzinitiale Adjektive (today, suddenly etc.) oder Präpositionalgruppen (at night, in the corner, without much hope u.ä.) in adverbialer Funktion, aber auch vorangestellte nicht-verbale Elemente des Prädikats (White as snow was its fleece.) sowie Konstruktionen mit vorangestelltem Objekt (This responsibility we accept wholly.), die Halliday als „most marked“ charakterisiert (ebd., 45). Markierte Themen haben, ähnlich wie beim markierten Fokus, die Funktion der Herausstellung und Kontrastierung: „Marked theme represents a foregrounding of the speaker’s point of departure […]“ (1967, 214).
Das „foregrounding“ des Themas, das sonst, d.h. im unmarkierten Fall den Hintergrund (background) bildet, findet seinen Niederschlag in einer spezifischen Informationsstruktur, und zwar insofern, als das markierte Thema für sich selbst eine durch Intonation indizierte „information unit“ bildet – im Gegensatz zu Sätzen mit unmarkiertem Thema wie etwa in (15), wo sich eine „information unit“ über den gesamten Satz erstreckt. Vgl. die Beispiele für „marked themes“ in Halliday (1967, 214):
(19) | (a) // tomorrow // John’s taking me to the theatre // |
(b) // that // I don’t know // |
Die intonatorische Hervorhebung indiziert das satzinitiale Adverbial tomorrow und das vorangestellten Objekt that als ‚new‘ im Sinne von ‚non-recoverable‘. Was aber macht diese Elemente thematisch? Die Funktion des „foregrounding“ ist offenbar die ‚Thematisierung‘ sonst, d.h. im unmarkierten Fall, nicht-thematischer Elemente: Sie werden durch die satzinitiale Stellung zum „point of departure“ des Sprechers, zum „starting-point of the message“, zu dem „what the clause