Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Группа авторов

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nicht möglich wäre. Die differenztheoretische Idee von der Bekanntheit und Normalität kultureller Differenzen als Bestandteil sozialer Praktiken lässt sich auf das gesamte Feld der interkulturellen Berufskommunikation übertragen (z.B. Rathje 2006, 2009, 2010, Bolten 2007, 2016).

      2.1 Transkulturalität und Kulturspezifik

      Transkulturalität und Interkulturalität werden häufig synonym verwendet oder als Konkurrenzkonzepte behandelt, wie es der Urheber des Begriffs „Transkulturalität“, Wolfgang Welsch (1994), selbst tut, wenn er Interkulturalität auf überwundene Kohärenzparadigmen reduziert. Er überträgt den philosophischen Begriff „Transversalität“ auf die Kulturtheorie und betont das Hindurchgehen „durch die klassischen Kulturgrenzen“ (ebd.: 28). Bauer (2015) schlägt vor, den Begriff „Transkulturalität“ für jene Räume und Produkte vorzubehalten, die kulturell nicht markiert sind, etwa Dinge und Orte „‚außerhalb‘ kulturspezifischer Deutungsmuster“ wie Flughäfen, internationale Hotelketten, Supermärkte etc. (ebd.: 202f.). Transkulturalität steht in enger Verbindung mit Internationalisierungs- und Globalisierungsprozessen und ist eine zentrale Kategorie in Corporate Identity-Strategien internationaler Unternehmen, bei denen mit dem Ziel der Alleinstellung im globalen Markt der Markenkern in maximalem Umfang auf eine gemeinsame, transkulturelle semantische Kodierung reduziert wird.

      Die realen die Kommunikationsprozesse in transnationalen Unternehmen hingegen zeichnen sich trotz einzelner pankollektiver Klammern durch Disparität und Differenzen aus (Rathje 2010:19). Vor dem Hintergrund der mangelnden Umsetzbarkeit des Kohärenzprinzips zeigt sich, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl von Gruppen nicht durch Anpassung und Cultural Fit, sondern durch die Aktivierung differenzerhaltender Dynamiken entsteht, da dies ein Klima der gegenseitigen Anerkennung und Wertschätzung ermöglicht.

      Als Gegenreaktion auf die globalen, transkulturellen Homogenisierungstendenzen und die damit einhergehende schwindende Rückversicherung der individuellen Identität in regionalen oder nationalen Kulturmustern (Bauer 2015:208) kommt es zu neuen, partikularistischen Ausdifferenzierungen der eigenen kulturellen Identität. Die verstärkte Reaktivierung von autokulturellen Wahrnehmungs- und Handlungsmustern in transkulturellen Kontexten nennt Bauer „katakulturell“. Katakulturelle Rückgriffe auf regionale, nationale und ethnische Stereotype findet man häufig in der Werbung, weshalb eine Vielzahl von Werbeskandalen auf interkulturelle Problematiken zurückgeht, seien es ungeschickte Pannen oder strategisch geplante kulturelle Tabubrüche.

      In der interkulturellen Berufskommunikation spielt Kulturspezifik bzw. kulturspezifisches Wissen dann eine wichtige Rolle, wenn es um die national- und regionalspezifischen rechtlichen, ökonomischen, politischen und sozialen Rahmenbedingungen von Berufsfeldern, Berufen und Arbeitsplätzen geht. Berufsprofile divergieren im internationalen Vergleich, was Zugangsbedingungen, Ausbildungswege und -inhalte, zu erwerbende Qualifikationen und Abschlüsse, aber auch was die Verdienstmöglichkeiten und das Sozialprestige anbelangt. Ein Übersetzungsinstrument zur Förderung der Komparabilität von Qualifikationen in Europa und der europaweiten Mobilität von Lernenden und Berufstätigen stellt der „Europäische Qualifikationsrahmen“ (EQR) dar. Der „Deutsche Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen“ (DQR)“ ist die nationale Umsetzung des EQR, in welchem es um die Besonderheiten des deutschen Bildungssystems bezogen auf die allgemeinen Deskriptoren des EQR geht. Auch über „weiche“ Faktoren wie Arbeitsorientierung und -einstellung (Kern 2004), Leistungsmotivation (Storch 2012), Arbeitszufriedenheit (Bosau 2009) u.v.a.m. liegen datenbasierte Forschungsarbeiten vor, bei denen es sich i.d.R. um kulturkontrastiv angelegte Ländervergleiche handelt, die das jeweils Kulturspezifische hervorheben.

      2.2 Interkulturelle Kompetenz und ihre Messung

      Maßgebende Impulse zur Erforschung von interkulturellen Kommunikationsprozessen im Berufs- und Arbeitsleben kommen aus der Kontakt- und der interaktionalen Soziolinguistik, die sich ab den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts verstärkt mit Kommunikationsschwierigkeiten der sog. Gastarbeiter beschäftigte und primär problembasiert war. Neutraler definieren zu dieser Zeit Knapp/Knapp-Potthoff (1990:66) „Interkulturelle Kommunikation“ als „interpersonale Interaktion zwischen Angehörigen verschiedener Gruppen, die sich mit Blick auf die ihren Mitgliedern jeweils gemeinsamen Wissensbestände und sprachlichen Formen symbolischen Handelns unterscheiden“. Dieser frühen Definition liegt bereits der hybride Kulturbegriff zugrunde, nach dem jede Kommunikation (potentiell) interkulturell ist.

      Ebenso vielfältig wie die Kultur- und Interkulturalitätskonstrukte sind die Definitionen von interkultureller Kompetenz. Es kursieren zahlreiche alternative Begriffe wie interkulturelle kommunikative Kompetenz, interkulturelle Handlungskompetenz, interkulturelle Kommunikationsfähigkeit, interkulturelle Sensibilität, interkulturelles Bewusstsein, interkulturelle Bewusstheit, (inter-)kulturelle Intelligenz, internationale Kompetenz (vgl. z.B. Thomas et al. 2005, Otten et al. 2007, Barmeyer & Bolten 2010, Moosmüller 2009), die sich oft nur in ihren Schwerpunktsetzungen unterscheiden oder aber synonym verwendet werden.

      Inhaltlich beschrieben wurde interkulturelle Kompetenz zunächst als Summe von Teilkompetenzen wie z.B. Empathie, Rollendistanz, Respekt vor kultureller Vielfalt u.a., die in Merkmallisten zusammengefasst wurden. Eine systematische Zuordnung der Teilkompetenzen in kognitive, affektive und konative Teilkonstrukte leistet das sog. Strukturmodell. Dieses wurde ergänzt um den prozessualen Aspekt der synergetischen Interdependenz der in den Listen genannten Wissensbestandteile, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen und Motive, da diese ohne deren funktionierendes Zusammenwirken nur eine Ressourcenbasis bilden. Interkulturelle Kompetenz bezeichnet Bolten (2007:27) als „anwendungsbezogene[n] Spezialfall allgemeiner Handlungskompetenz“, der sich wie folgt darstellen lässt:

      

Abb. 1:

      Interkulturelle Kompetenz als „Spezialfall allgemeiner Handlungskompetenz“ (Bolten 2007:27)

      Interkulturelle Handlungskompetenz als transversale Orientierungskompetenz ist aber nicht nur „ein Spezialfall“, sondern bildet im Zuge der Internationalisierung aller Lebensbereiche auch die Voraussetzung für die Wirksamkeit anderer – fachlicher, sprachlicher, strategischer und weiterer – Handlungskompetenzen in interkulturellen Berufskontexten (Rathje 2006:9, Hammerschmidt 2010:218f., Bolten 2012:126–130). Sie umfasst sowohl kulturspezifische Kenntnisse der jeweiligen Rahmenbedingungen als auch kulturübergreifende Verständigungskompetenzen. Berufsbezogene interkulturelle Kompetenz kann als berufsfeldadäquate Diskurs- und Handlungsfähigkeit in interkulturellen Kommunikationssituationen (Middeke 2014:162) zusammengefasst werden, die dazu beiträgt, im Berufsalltag Normalität zu stiften und Kohäsion zwischen den auf dem Berufsfeld (inter-)agierenden Kollektiven zu erzeugen.

      Zwecks Entwicklung von Instrumenten und Maßnahmen zur bedarfsökonomischen Förderung von interkultureller Kompetenz wurden Messungen zur Feststellung des Ist-Zustandes erforderlich. Die Messbarkeit von interkultureller Kompetenz ist aufgrund fehlender psychometrischer Gütekriterien umstritten, wohingegen Konsens darüber herrscht, dass interkulturelle Kompetenz sich bei unbegleitetem Kulturkontakt nicht automatisch entwickelt, sondern einer reflexiven und (bei Kindern und Jugendlichen) einer pädagogischen Unterstützung bedarf. Zur Kompetenzbeschreibung wurde in dem von der EU geförderten INCA-Projekt (Intercultural Competence Assessment, 2001–2003) nach dem Vorbild des „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen“ ein interkultureller Referenzrahmen entwickelt, der eine Einstufung in niedrige, mittlere, hohe Kompetenz nachfolgenden Profilen vorsieht: I) Ambiguitätstoleranz, II) Verhaltensflexibilität, III) Kommunikationsbewusstsein, IV) Wissenserwerb, V) Offenheit gegenüber anderen Kulturen, VI Empathie). Die textbasierten Kompetenzbeschreibungen („can do“) erfolgen anhand von drei Testarten: Fragebögen, Szenarios und Rollenspiele. Zielgruppen sind laut Inca Assessorenhandbuch (2004:4) alle Berufstätigen von den Lehrlingen und Angestellten (zwecks Förderungen der individuellen Mobilität in einem globalen Arbeitsumfeld) bis zum Arbeitgeber in der Industrie (zwecks Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit).

      Prinzipiell können die Messverfahren interkultureller Kompetenz subjektiv wie objektiv sein, sich auf Selbst-


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