Textlinguistik. Группа авторов

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des Terminus ausgehen. Im Wesentlichen können wir drei sprachwissenschaftliche Bedeutungsdimensionen von Diskurs unterscheiden:

      1 Diskurs als satzübergreifende Struktur, als so genannte transphrastischetransphrastisch Einheit im Sinne von Text (vgl. Harris 1952).

      2 Diskurs als gesprochene Alltagssprache im Kontext institutionell gebundener Kommunikation im Sinne von Dialog oder GesprächGespräch (vgl. Kurt Ehlich 1994).

      3 Diskurs als Menge formal oder funktional zusammengehöriger Texte im Sinne von textübergreifender Struktur (vgl. Busse/Teubert 1994).

      Während sich die Bedeutungen von (1.) und (2.) auf Einzeltexte bzw. singuläre Formen gesprochener Sprache beziehen, können wir bei (3.) von einem transtextuellen Diskursbegriff sprechen. Transtextuell heißt über den einzelnen Text hinausgehend. Der Diskurs als transtextuelle Struktur von Aussagen ist also ein sprachliches Phänomen, das nicht durch singuläre Texte begrenzt ist. Solche transtextuellen Strukturen sind mehr als ein Effekt intertextueller Verweise. Eine Linguistik des Diskurses im Sinne von (3.) ist daher auch nicht gleichzusetzen mit einer Untersuchung von Intertextualitätsphänomenen. Der Diskurs als transtextuelle Aussagenstruktur umfasst sprachliche Einheiten von der Phonem- bis zur Textebene und bringt als wissenschaftlicher Gegenstand eine eigene Spezifik mit. In der Diskurslinguistik befasst man sich unter theoretischen Gesichtspunkten mit dieser strukturellen Spezifik des Diskurses und zugleich damit, wie man konkrete textübergreifende Strukturen empirisch analysiert. Um die Umrisse der damit verbundenen theoretischen Überlegungen und die Möglichkeiten empirischer Untersuchungen der Diskurslinguistik wird es im Weiteren gehen.

      2.2 Richtungen und Akzentuierungen der Diskurslinguistik

      2.2.1 Textualistische und epistemologische Diskurslinguistik

      Unter DISKURS wollen wir im Weiteren präzisiert einen textübergreifenden Verweiszusammenhang von thematisch gebundenen Aussagen verstehen (vgl. Busse/Teubert 1994 und Warnke 2007). Die Diskurslinguistik befasst sich mit diesem Gegenstand einerseits unter dem Gesichtspunkt der textübergreifenden Zeichenorganisation und andererseits mit Blick auf das im Diskurs manifeste gesellschaftliche Wissen. Wir sprechen daher von einer textualistischen Ausprägung der Diskurslinguistik, sofern die sprachstrukturelle Organisation von Aussagen in textübergreifenden Verweiszusammenhängen wissenschaftlicher Gegenstand ist. Sofern sprachlich manifestiertes Wissen Gegenstand des wissenschaftlichen Interesses ist, kann von einem epistemologischen Diskursbegriff gesprochen werden.

      1 Die textualistische Diskurslinguistik versteht sich als erweiterte Textlinguistik und lässt sich relativ leicht in das System der Linguistik einordnen. Hier werden intertextuelle Verweise und thematisch-funktionale Übereinstimmungen von Texten im Diskurs untersucht und beschrieben. Wir können auch sagen, dass die textualistische Diskurslinguistik Gebrauchsformationen von Sprache untersucht, also die Art und Weise, wie jenseits singulärer Texte Sprache verwendet wird. Mit Methoden der KorpuslinguistikKorpuslinguistik werden hier sprachliche Phänomene der Diskursrepräsentation beschrieben, also wiederkehrende Muster erfasst.

      2 Demgegenüber nutzt die epistemologische Diskurslinguistik die Analyse textübergreifender Aussagenzusammenhänge, um Erkenntnisse über zeittypische Formationen des Sprechens und Denkens über die Welt gewinnen zu können. Kurz, es geht um das Wissen einer Zeit. Man fragt sich hier, was man wann und wie sagen kann, und wie über das Sagen die Welt überhaupt erst erfahrbar wird. Das sprachlich verankerte Wissen erscheint nicht zuletzt als Ausdruck von Haltungen und Einstellungen, von sprachlichen Routinen, von Macht und Regulierung. Der Diskurs reguliert immer auch, wer eine Stimme erhält, wer schweigen muss.

      Beide Ausprägungen der Diskurslinguistik beziehen sich mehr oder weniger erkennbar auf den französischen Philosophen Michel Foucault (1926–1984). Insbesondere in der epistemologischen Diskurslinguistik, also mit dem Interesse an zeittypischen Formationen des Sprechens und Denkens über die Welt, erfolgt die sprachwissenschaftliche Aneignung der Werke Foucaults. So zielt etwa die diskurslinguistische Analyse so genannter Argumentationstopoi (vgl. Wengeler 2003) auf die Freilegung des impliziten Wissens einer Gesellschaft, das mit Foucault als anonyme Formation des Denkens über die Dinge verstanden wird. Der Diskurs ist hier eine Repräsentation von Topoi oder Schemata. Wir verstehen darunter schematisierte Formen des Sprechens und Meinens. In diesem Verständnis ist Diskurslinguistik letzthin Teil einer Semantik, die verstehensrelevantes Wissen einer Zeit rekonstruiert. Etwas komplexer ausgedrückt kann man auch von einer epistemischen Funktion sprechen. Die in den Blick genommenen Wissensbestände – etwa über Sexualität, Religion oder menschliches Zusammenleben – werden als Effekte von Aussagen beschrieben.

      Textualistische und epistemologische Diskurslinguistik sind in der Forschungspraxis kaum zu trennen, ihre Abgrenzung ist eher theoretischer Art. Denn auch eine wissensbezogene Analyse von Diskursen wird, sofern sie linguistisch organisiert ist, die strukturellen Konstituenten des Diskurses in den Blick nehmen und mit Texten arbeiten. Folglich gilt die Analyse von Korpora auch als gängige Praxis aller diskurslinguistischen Arbeiten.

      2.2.2 Diskurslinguistik nach Foucault

      

Wie bereits angemerkt, sind für die humanwissenschaftliche Prägung des Begriffs ‚Diskurs‘ die Arbeiten Michel Foucaults grundlegend. Jedoch verfolgt gerade Foucault das Projekt einer terminologischen Verunklarung, wie es übrigens vielen Texten des französischen Poststrukturalismus gemeinsam ist. Gegen die Annahme einer Geschlossenheit und Eindeutigkeit von Bedeutungen werden offene Konzepte, zerfaserte Kategorien und Vieldeutigkeiten zum Gegenstand und Verfahren des wissenschaftlichen Schreibens. Der Versuch, ‚Diskurs‘ nach Foucault zu definieren, scheitert daher regelmäßig. Wir müssen geradezu davon ausgehen, dass Foucault die bereits in der französischen Sprache vorhandene Mehrdeutigkeit des Substantivs discours für ein kaleidoskopartiges terminologisches Spiel nutzt. Bereits in seinem für die Diskurslinguistik zentralen Text „L’ordre du discours“ (1972, dt. 1974) finden sich unterschiedliche Bedeutungen des Terminus, wie z.B. Diskurs als GesprächGespräch, Abhandlung, Aussagenverbund, Handlungsstruktur.

      Es ist nicht möglich, eine eindeutige Rekonstruktion des linguistisch relevanten Diskursbegriffs bei Foucault vorzunehmen. Durchaus sinnvoll ist es aber, einige seiner Annahmen als Ausgangspunkt einer Diskurslinguistik nach Foucault zu bestimmen. Die Präposition nach kann sowohl temporal als auch modal verstanden werden: in zeitlicher Nachfolge zu Foucault und in Anlehnung an seine Theorie und Methode.

      Wir stimmen mit Foucault zunächst darin überein, dass der Diskurs eine „Gesamtheit von Zeichen“ (Foucault 1973: 74) ist, d.h. ein Aussagensystem. Foucault führt dies in der „Archäologie des Wissens“ (1969, dt. 1973) aus. Im gleichen Text findet sich auch der epistemologische Diskursbegriff, der den Diskurs als WissensformationWissensformation beschreibbar macht. Bis heute arbeitet die theoretische Diskurslinguistik an der Auflösung dieses Widerspruchs: Diskurs als Aussagensystem gegenüber Diskurs als Wissensformation. Bei aller Differenzierung der dabei eingenommenen Standpunkte stimmt man mit Foucaults Absage an geschlossene Kategoriensysteme überein. Es gibt danach keine eindeutige Semantik von Aussagen in Texten. Bedeutung und Wissen, die komplexe Organisation unserer Gedanken, all das, was wir wissen, was wir sagen und hören, wird als diskursiver Effekt, als Ergebnis von anonymen Formationen des Wissens verstanden.

      Wörter verweisen also nicht auf eine verlässliche Bedeutung, sondern bedeuten etwas dadurch, dass sie in einem spezifischen diskursiven Umfeld erscheinen. Die Diskurslinguistik nach Foucault grenzt sich daher von semantischen Analysen ab, die Texte als alleinige Rahmenkonstruktionen für die Bedeutungsbildung annehmen. Abgelehnt werden auch Konzepte, die sprachliche Bedeutung als Resultat von individuellen Intentionen beschreiben. Deutlich werden kann das, wenn man versucht, die Bedeutung von Freiheit zu ermitteln. Man wird sehen, dass die Semantik von Freiheit nicht das Resultat einer Bedeutung in singulären Texten ist oder weil jemand darunter etwas Bestimmtes versteht oder verstehen will, sondern weil das Wort in einem komplexen Feld von Haltungen und Einstellungen, von sprachlichen Routinen, von Macht und Regulierung erscheint. Dieses Feld ist dynamisch, so dass die Bedeutung von


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