Bio Kosmetik. Dr. R. A. Eckstein
Abbildung 2
Übersicht über die verschiedenen Stoffwechselstadien und deren Auswirkungen auf den Hautzustand.
Seborrhoe wird dabei durch die folgenden Faktoren hervorgerufen:
1 Infolge übersteigerter Talgproduktion (ölige Seborrhoe – Seborrhoea oleosa).
2 Infolge vermehrter Verhornung (lokale Hyperkeratose an der Follikelmündung als trockene Seborrhoe – Seborrhoea sicca).
Die verschiedenen Stoffwechselstadien sind in Abbildung 2 zusammengefasst. Wir können diese drei physiologischen Stoffwechselzustände auf die Art und Weise der Behandlung übertragen und damit deren Modus den Eigenschaften der Haut entsprechend anpassen:
1 Bei einer Normergie wollen wir den vorhandenen gesunden Status der Haut erhalten und zugleich möglichen Tendenzen zu Unter- oder Überfunktionen vorbeugen.
2 Bei der Hypergie müssen wir versuchen, die verminderten Energie- und Stoffwechselvorgänge in natürlicher, physiologischer Weise anzuregen und zu beleben.
3 Liegt eine Hyperergie zugrunde, dann wollen wir die Haut beruhigen, ausgleichen, normalisieren, und zwar jeweils sowohl durch die Wahl der Wirkstoffe und ihrer Anwendungsformen, als auch durch die ganze Art und Weise der biokosmetischen Behandlung in der Praxis.
Durchschnitt und Norm
Wir sprechen von einer Normalkonstitution, aber wir hören auch sehr häufig von Durchschnittswerten. Beide Begriffe, Norm und Durchschnitt, müssen wir streng unterscheiden. Durchschnitt ist das Ergebnis einer statistischen Erfassung von Gegebenheiten. Ein Durchschnittswert muss in keiner Weise als gesund bewertet werden, sondern kann sogar pathologisch sein, beispielsweise wenn man bei zahnmedizinischen Erhebungen feststellt, dass der Durchschnitt aller Menschen, vor allem in hochzivilisierten Ländern, zahnkrank ist. Der Durchschnitt ist also überall in den statistischen Maßen greifbar, erfahrbar und registrierbar. Die Norm eines Menschen ist eine biologische Potenzfülle, ist der ideale Mensch im Vollbesitz seiner körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte. Mit diesem Begriff der Norm sind wir im Prinzip bereits im Bereich der Metaphysik. Denn es handelt sich dabei um ein Idealbild, um eine erstrebenswerte transzendentale Idee, die in der realen Welt nicht unbedingt und unmittelbar fassbar sein muss. Die Norm umschreibt eine Lebensführung, Lebenshaltung und Lebenseinstellung, die erstrebbar und wünschenswert ist.
Wenn wir das physiologische Hautgeschehen beeinflussen, so wollen wir entweder anregen, beleben, stimulieren oder beruhigen, ausgleichen, normalisieren. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:
Substitution
Man kann die Stoffwechselprozesse unmittelbar beeinflussen, indem man im Rahmen einer Substitutionsbehandlung physiologische Substanzen gibt, die selbst im normalen Stoffwechsel vorkommen, wie etwa Aminosäuren.
Biokatalysator
Es gibt auch Stoffe, welche in ganz geringen Mengen in der Lage sind, physiologische Vorgänge im Organismus spontan hervorzurufen oder bereits ablaufende zu beschleunigen, ohne dass sie selbst dabei verändert werden. Einen derartigen Stoff, welcher Stoffwechselprozesse vermittelt, ohne selbst dabei umgewandelt zu werden, nennt man im lebendigen Geschehen einen Biokatalysator. Dazu gehören vor allem Enzyme, Vitamine und Hormone.
Biostimulanz und Biosedativum
Einige Stoffe wirken nicht direkt, sondern mittelbar über ein Nervensystem (das autonome, vegetative Sympathikus-Parasympatikus-System, Zentralnervensystem) auf die Stoff- und Energiewechselprozesse im Organismus, in den Organen oder auf die Haut. Die Wirkung ist entweder anregend, belebend, stimulierend als Biostimulans oder beruhigend, ausgleichend und neutralisierend als Biosedativum.
Biologische Wertigkeit
Der Begriff der biologischen Wertigkeit bezieht sich meist auf die Nahrung. Aber man kann in der BioKosmetik für die Wirkstoffe wie auch für alle Grundstoffe der Präparate von einer biologischen Wertigkeit der eingesetzten Substanzen sprechen. Es handelt sich dabei vor allem um die Anwendung von biologisch wertvollen, für die Haut wichtigen Substanzen wie essenzielle Aminosäuren, essenzielle Fettsäuren, Mineralstoffe, Vitamine und Fermente. Vor allem bei einer substituierenden Behandlung ist es notwendig, dass nur physiologisch identische oder biologisch verwandte Grund- und Wirkstoffe Anwendung finden, damit bei ästhetischen Mangelerscheinungen Hilfe und Unterstützung sicher gestellt sind.
Arndt-Schulzsche Regel
Man nennt die Arndt-Schulzsche Regel häufig ein biologisches Grundgesetz. Es betrifft die physiologische und biologische Wirksamkeit von Substanzen und besagt: „Kleine Reize fachen die Lebenstätigkeit an, mittlere fördern sie, starke hemmen sie und extrem starke heben sie auf.“ Diese Gesetzmäßigkeit hatte Virchow bereits in seiner Reizlehre angedeutet, ohne sie jedoch als biologische Regel zu formulieren.
Prophylaxe und Substitution
Wir haben in der Einleitung davon gesprochen, dass die Bio-Kosmetik:
1 Eine vorbeugende (präventive oder prophylaktische) Gesundheitspflege darstellt.
2 Eine ergänzende, vervollkommnende (kompensative oder substituierende) Körperpflege ist.
Sind diese beiden Momente gleichartig oder unterscheiden sie sich in der Art der Anwendung und Behandlung?
Die vorbeugende Gesundheitspflege will erreichen, dass bei einer Neigung zu Seborrhoe, Hautunreinheiten, bei einer Tendenz zu vorzeitigen Alters- und Degenerationserscheinungen, bei einer Anfälligkeit und Überempfindlichkeit für Reizungen, Rötungen, Irritationen, einer erhöhten Disposition zu Allergie der Körper in seiner Gesamtheit und die Haut im speziellen vorsorglich so behandelt wird, dass die genannten Symptome und Syndrome nicht oder nur in leichtem, vorübergehendem Maße auftreten. Bei einem atrophierenden Teint regen wir den peripheren Stoff- und Energiewechsel der Haut durch eine belebende, leicht durchblutende, revitalisierende Behandlung an. Das heißt, prophylaktisch suchen wir stets physiologisch die Vorgänge und Prozesse in der Haut zu beeinflussen.
Wenn wir mit fehlenden Substanzen ergänzend behandeln wollen, dann müssen wir vorher wissen, was der betreffenden Haut an materiellen Stoffen und Stoffkomplexen fehlt, um diese dann epikutan und endoderm zu geben. So fehlt der trockenen Haut sowohl Fett (als fett-arme) als auch der natürliche Feuchtigkeitsfaktor (als feuchtigkeits-arme Haut), und daraus ergibt sich für die substituierende Behandlung, dass wir dem Teint physiologisch und biologisch dem natürlichen Hautfett möglichst verwandte Fette und Öle in Form von Emulsionen zuführen und außerdem den natürlichen Feuchthaltefaktor (NMF) geben. Daraus folgt, dass die substituierende Behandlung stets mit Substanzen arbeitet, die ersetzt und ergänzt werden sollen. Sie wirkt also primär substanziell und erst in zweiter Linie funktionell.
Die Aufgaben der Haut
Die Haut ist ein weit ausgedehntes (2,0 bis 2,2 m2), vielfältiges Organ, welches im Rahmen des gesamten Organismus gesehen werden muss, da enge Verbindungen zwischen der Haut und den inneren Organen des Körpers bestehen. Im Zusammenhang mit den Körperfunktionen hat die Haut folgende Aufgaben:
Schutzorgan
Sie ist ein Schutzorgan gegen mechanische, physikalische oder chemische Einflüsse und Reize von außen: Die Hornschicht schützt vor Verletzungen durch Druck und Reibung. Ihr Fettanteil, der aus Bestandteilen des Hauttalgs und bei der Verhornung frei werdendem Hornschichtfett besteht, schirmt chemische und physikalische Reize ab. Durch die Einlagerung des Hautpigmentes in die Basalschicht und durch die reiche Ausbildung des oberflächlichen Gefäßnetzes wird ein zu starkes Eindringen von Licht und Wärme verhindert. Freie Fettsäuren und die bei der Verdunstung zurückbleibenden Bestandteile des Schweißes bilden den Säureschutzmantel der Haut (Marchionini). Die