Zeitkapseln - Botschaften in die Welt von morgen. Bertwin Minks
meistens außer Acht gelassen. Doch wer weiß, vielleicht erfolgt das Vergessen auch vorsätzlich nach der anarchistischen Devise: „Der Aktivismus ist alles, das Ergebnis zählt nichts?
Für die Menschen einschneidende Maßnahmen zur Herstellung von Klimaneutralität müssen mit Augenmaß effizienzorientiert und sozialverträglich durchgeführt werden. Der Ausstieg aus der Energieerzeugung mit fossilen Brennstoffen darf nicht überhastet erfolgen, denn er wird in den betroffenen Regionen Zehntausende Arbeitsplätze infrage stellen. Für den Wegfall dieser Arbeitsplätze kann nicht von heute auf morgen Ersatz geschaffen werden. Um arbeitsmarktpolitische und gesellschaftliche Verwerfungen zu vermeiden, wird der Umbau des Arbeitsmarktes dort längere Zeit in Anspruch nehmen. Der populistische Slogan „Wir haben keine Zeit mehr“, der Panik und Weltuntergangsstimmung verbreiten soll, ist dabei alles andere als hilfreich!
Angesichts der festgefahrenen Meinungen und Standpunkte in der Klimadiskussion wäre ich geneigt, es mit Goethe zu halten. Der hat die Auffassung vertreten, dass man gewissen Geistern ihre Idiotismen lassen müsse! Das mag stimmen, solange es nicht um Steuergelder geht, die bei der Umsetzung der überspitzten Forderungen der Klimaideologen – insbesondere was die Fristen anbetrifft – für vage Ziele mit fraglichem Erfolg verbrannt werden. Ob ein breiter gesellschaftlicher Konsens über eine derartige Verschwendung von Steuermitteln besteht, ist zu bezweifeln oder mag zumindest dahinstehen. Nach meinem Dafürhalten scheint den Klimaakteuren bei zahlreichen Vorhaben, Zielvorstellungen und propagierten Maßnahmepaketen schlichtweg der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit abhandengekommen zu sein.
Dazu zählen beispielsweise die angedachte rigorose Begrenzung des globalen Tourismus sowie die drastische Einschränkung des Flug-, Schiffs- und Landverkehrs und die weitgehende Unterbindung von sportlichen, kulturellen, politischen oder sonstigen Großveranstaltungen. Schließlich müssten die Befürworter einer konsequenten CO2-Reduktionsphilosphie auch den Mut haben, die politische Axt an das Dasein eines der größten CO2-Emittenten, das Internet, den damit verbundenen Versandhandel und das Schürfen von Bitcoins zu legen. Solche weitreichenden Veränderungen werden sich global nicht mit der alleinigen Besinnung auf „erneuerbare Energien wie Solar- und Windstrom“ bewerkstelligen lassen. Bei einem vollständigen Verzicht auf fossile Energieträger dürfte sich daher die friedliche Nutzung der Kernenergie als unverzichtbar erweisen.
Die Beispiele sollen deutlich machen, dass die kritiklose und konsequente Durchsetzung der Ziele der Klimaaktivisten die menschliche Gesellschaft in ihren zivilisatorischen Gepflogenheiten von Grund auf betrifft und verändern würde. Dabei ist zu befürchten, dass die Verwirklichung zahlreicher grüner Verbotsideologien zu beachtlichen Dellen in der zivilisatorischen Entwicklung der menschlichen Gesellschaft führen würde. Möglicherweise müssen die Programme, Ziele und Aktivitäten der Klimaaktivisten als der Beginn eines Aufbruchs in eine Art „Troglodyten-Kultur“ begriffen werden. In so einer Gesellschaft würde das herkömmliche Verständnis des Begriffes Lebensqualität vermutlich eine radikale Umbewertung erfahren. Wer weiß, ob die Vertreter der Zunft der Klimaaktivisten solche einschneidenden Vorgänge in den modernen Gesellschaften des 21. Jahrhunderts für denkbar und realisierbar halten?
Na schauen wir mal, wie die Leute in 17 Jahren mit dem Thema des anthropogen verursachten Klimawandels umgehen werden. Ich für meinen Teil hoffe, dass du kein Sympathisant der „Fridays for future“-Bewegung geworden sein wirst. Streikende und damit die Schule schwänzende Schüler können mit plakativen Bekundungen und naiven Parolen das Weltklima nämlich ganz und gar nicht retten. Mit der Verweigerung des Schulbesuchs gefährden sie dagegen ihre eigene Zukunft. Dazu kommt, dass viele junge Leute die komplexen klimatischen Wirkungszusammenhänge und die Diskussion um die von Menschen verursachte Erderwärmung gar nicht sachgerecht beurteilen können. Das hält die Klimaaktivisten jedoch nicht davon ab, die Schülerbewegung für ihre Ziele zu benutzen und sie für ihre Ideologie zu instrumentalisieren.
Mein Junge, ich bin mir ziemlich sicher, dass in 17 Jahren weder eine Temperatur-Apokalypse über die Menschen gekommen sein wird noch ganze Inselketten im Meer versunken sein werden. Darüber hinaus dürfte auch kein Massensterben aufgrund einer „Klimakatastrophe“ stattgefunden haben. Zu diesem Zeitpunkt wird die Erde für das vernunftbegabte Leben vermutlich immer noch eine weitgehend attraktive Heimstatt sein. Mein Optimismus mag erstaunlich anmuten, denn dann werden fast 10 Milliarden Menschen den Planeten bevölkern und seine Biosphäre im Übermaß belasten. Diese dramatische demografische Situation stellt nämlich die wirkliche Katastrophe für die Zukunft unserer Gattung auf der Erde dar.
Bei der Diskussion über die Klimaerwärmung wird offenbar auch außer Acht gelassen, dass die drastische Zunahme der Weltbevölkerung selbst ein beachtlicher Klimaeinflussfaktor ist. Scharfsinnige Köpfe haben ausgerechnet, dass ein Mensch allein durch seine bloße Anwesenheit auf dem Planeten etwa 80–100 Tonnen CO2 jährlich in die Atmosphäre emittiert. Diese immense Treibhausgas-Emission kann zwar besteuert, aber nicht eingespart werden, denn Menschen lassen sich nicht substituieren. Dazu kommen noch die Emissionen all dieser zukünftigen Erdenbewohner, denn die Leute wollen natürlich annehmlich leben, preiswert mobil sein und nicht in ungeheizten Höhlen wohnen.
In Anbetracht der sich zuspitzenden demografischen Entwicklung scheint daher das Erreichen der Klimaziele im Jahr 2100 durch die Reduzierung anthropogener CO2-Emissionen eine fragliche Angelegenheit zu sein. Doch wer weiß, ob das dann noch bei 16 Milliarden Menschen auf der Erde die Gemüter erregen wird?
Viele der sogenannten „Klimaschützer“ mögen Leute mit aufrichtigen Befürchtungen, ehrlichen Überzeugungen und lobenswerten Absichten sein. Doch sie scheinen nicht zu erkennen oder auch begreifen zu wollen, dass die anthropogen verursachte Klimaerwärmung vor allem eine Folge der dramatischen Bevölkerungsexplosion auf unserem Planeten ist. Ihr Kampf gegen die Mühlen der von Menschen gemachten Klimaerwärmung gleicht insofern einer Don Quichotterie, weil sich das Grundübel nicht mit „umweltkosmetischen“ Methoden wie der alleinigen Begrenzung von CO2-Emissionen beseitigen lässt.
Außerdem bin ich überzeugt, dass das für die Pflanzen so wertvolle und einseitig als schädliches Treibhausgas verunglimpfte Kohlendioxid eines Tages seine politisch gewollte „Buhmann-Rolle“ in der Klima- und Energiepolitik verlieren wird. Engagierte „Klimaschützer“ sollten sich außerdem bewusst sein, dass für viele Menschen vor allem die Bekämpfung von Armut, Hunger, Krankheiten und gesellschaftlicher Unterdrückung wichtiger ist. Zumindest diese Leute dürften ihre Existenz und Zukunft nicht vordergründig durch zu hohe CO2-Emissionen bedroht sehen. Wer weiß, vielleicht werden die Menschen auch noch ganz andere Krisensituationen meistern müssen, von denen sie heute noch keine Ahnung haben?
Matti, das kleine Klimaflugblatt soll dir die Komplexität und Vielfalt der globalen Klimaproblematik vor Augen führen. Man darf nicht vergessen, dass amtliche Wetteraufzeichnungen erst seit etwa 140 Jahren existieren. Was aber mag sich davor in den 12.000 Jahren nach dem Ende der letzten Eiszeit an Wetterkapriolen und Klimaveränderungen ereignet haben? Freilich ist auch diese Zeitspanne nur ein kleiner Ausschnitt aus der langen Klimageschichte unseres Planeten, die seit dem Proterozoikum in einem ständigen Wandel begriffen ist.
Oh, mein Junge, entschuldige, in der Hitze der Debatte hätte ich fast vergessen, dir ganz liebe Glückwünsche zum 20. Geburtstag zu übermitteln. Ich gestehe, dass mich meine Vergesslichkeit ein bisschen verunsichert, denn ich bin mir nicht sicher, ob dieser peinliche Lapsus einer an sich noch unbedenklichen altersbedingten Wunderlichkeit zuzurechnen ist. Na ja, was solls, schauen wir mal, wie sich die Dinge mit Opas Zerstreutheit weiterentwickeln mögen. Ich wünsch dir neben Gesundheit und Glück im Leben auch einen allzeit klaren Verstand, damit du Unwahrheiten, Lügen und die vielfältigen, komplizierten und manchmal auch versteckten Wahrheiten in deiner Lebenswirklichkeit erkennen kannst.
Nach den statistischen Erhebungen zur Lebenserwartung männlicher Personen, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts geboren worden sind, werde ich an deiner Geburtstagsfeier bestimmt nicht mehr teilnehmen können. Es sei denn, ich finde wider Erwarten eine Zeitmaschine, die mich an den Zeitpunkt und den Ort deiner Feier in der Zukunft transportieren könnte. Da das für mich ein ziemlich unwahrscheinlicher Glücksfall sein dürfte, möchte ich dich vorsorglich schon heute aus der Vergangenheit ganz herzlich drücken und grüßen,
dein dir liebevoll zugetaner