Zeitkapseln - Botschaften in die Welt von morgen. Bertwin Minks

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Betrachtung in einem kosmologischen Rahmen mit Myriaden von bewohnten Welten mit Milliarden, Billionen oder gar Billiarden von Seelen in Zeiträumen von einigen Milliarden Jahren mag dieser Einwand möglicherweise etwas relativiert werden können.

      Doch wie groß auch immer die Summe der zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Seelenenergie sein mag, sie wird nicht unendlich sein. Die thermodynamischen Prozesse könnten zum Erliegen kommen, wenn die Vorräte aufgebraucht und alle schwarzen Seelen zu Asche verbrannt sind. Damit wäre die Hölle grundsätzlich mit dem Problem des Abkühlens oder sogar Einfrierens konfrontiert, falls kein entsprechender Nachschubmechanismus existieren sollte.

      Die Sicherstellung des Nachschubs an Seelenbrennstoff wird für die Hölle aber kein Problem darstellen. Die Geistlichen haben das Betreiberpersonal der Hölle früher verdächtigt, auf Seelenfang zu gehen, damit die Höllenfeuer nicht verlöschen. Damit wurden die Teufel als mysteriöse Bösewichte abgestempelt. Vermutlich zu Unrecht, denn auf lange Sicht wird in der Hölle kein Brennstoffmangel herrschen. Solange die Menschen verschiedene religiöse Ansichten haben und Ungläubigkeit aus ihren Köpfen nicht zu verbannen ist, sollten genügend pechschwarze Seelen vorhanden sein, die als Brennstoff für die Höllenfeuer zur Verfügung stehen. Außerdem scheint nach strengen theologischen Maßstäben die Sündhaftigkeit der Lebensphilosophien ständig zuzunehmen.

      Hauptursache für den reichlich zur Verfügung stehenden Seelenbrennstoff ist jedoch die wachsende Glaubensvielfalt, die den einzig wahren Ordnungszustand der Rechtgläubigkeit erschüttert und bedroht. Man könnte das Phänomen als eine Entropiezunahme infolge wachsender Mannigfaltigkeit religiöser Überzeugungen begreifen. Im schlimmsten Fall würde dann jeder Seelenträger irgendwann seinen eigenen Glauben an einen Gott haben. Aus theologischer Sicht wäre so ein Szenario als eine Art „Wärmetod“ der Glaubenswelt zu betrachten. Außerdem würden in diesem Fall die Grenzen zwischen Monotheismus und Vielgötterei bedrohlich unscharf werden.

      Na ja, jedenfalls sichert das sogenannte „Entropie-Problem“ der Vielgläubigkeit die thermodynamische Perspektive der Höllenfeuer. Nur der zwar theoretisch mögliche, praktisch aber sehr unwahrscheinliche Fall einer Entropie-Abnahme in einem abgeschlossenen System von Seelenträgern könnte den Brennstoffnachschub für die Hölle in Bedrängnis bringen. Voraussetzung dafür ist das Zustandekommen einer einzig wahren Religion mit einem alleinig rechten Glauben an einen von allen Gläubigen akzeptierten Gott nicht nur auf der Erde, sondern auch in interstellaren Dimensionen. Aber so wenig vorstellbar es für die jeweilige Seite von Gläubigen sein mag, dass beispielsweise nur Christen oder ausschließlich Muslime die religiöse Vorstellungswelt bevölkern, so wenig wahrscheinlich wird es sein, dass die Höllenfeuer jemals erlöschen werden. Die Menschen haben sich in ihren theologischen Vorstellungen eine Hölle erschaffen und sie scheinen auch dafür sorgen zu wollen, dass dieser unangenehme Ort nicht einfriert. Diese Schlussfolgerung ist zumindest für einen statischen theologisch-kosmologischen Denkansatz hinreichend plausibel.

      Aber die Hölle hat nicht nur das Problem des Abkühlens. Zwei weitere grundlegende Aspekte, die die Höllenstabilität nachhaltig betreffen, sind die Überhitzungsproblematik und das Reststoffproblem. Das Überhitzungsproblem dürfte gewaltige Ausmaße haben. Da die Feuer dort seit Menschengedenken – und wahrscheinlich noch viel länger – lodern, entsteht zwangsläufig die Frage, wo diese unglaublichen Energiemengen verblieben sind. Selbst in der Hölle werden die Teufel als Betreiber des infernalischen Equipments kein Interesse an unerträglich hohen Betriebstemperaturen haben. Wie also könnten dort annehmliche Betriebstemperaturen gewährleisten werden und wohin mag die überschüssige Energie gelangt sein?

      Eine nicht minder große Relevanz kommt dem Reststoffproblem zu. Die Hölle wird es im Laufe der Zeit bekommen haben, denn die wachsende Menge an „Seelenasche“ muss ja entsorgt oder irgendwo gelagert werden? Selbst wenn die höllische Zwischensphäre sehr geräumig eingerichtet sein sollte, würden – bildhaft gesprochen – irgendwann wohl alle Aschebunker randvoll sein. Dann könnten die angehäuften Reststoffe die Funktionalität der Höllenwelt beeinträchtigen. Eine Lösung dieser für die theologische Kosmologie bedeutsamen Problemstellungen kann nicht im engen, historisch herkömmlichen Spannungsfeld von der Erde und dem Himmel darüber erwartet werden. Dazu bedarf es eines räumlich und zeitlich beträchtlich erweiterten Ansatzes, der den kosmologischen Gegebenheiten in einem Universum Rechnung trägt.

      4. Himmel und Hölle im Standarduniversum

      Wenn man die Existenz einer göttlichen Sphäre (Himmel) neben der uns bekannten irdischen Welt (Erde) sowie eine mögliche Verbindung dazwischen für möglich und denkbar hält, wird man Religion als einen frühen und sehr einfachen Versuch zur Beschreibung dieses Sachverhaltes betrachten müssen. Die damals entstandenen religiösen Konzepte können insofern nur relativ trivial sein. Zumindest sind sie unvollständig und nach der modernen Erkenntnis von Raum und Zeit nicht mehr zeitgemäß. Die kosmologische Theologie soll und kann Religion nicht ersetzen, muss aber deren Aussagen auch in interstellaren Maßstäben bis hin zur Dimension eines Universums kritisch hinterfragen und vor allem plausibel interpretieren!

      Eine grundsätzliche Beschränkung göttlichen Wirkens auf den theologisch traditionell betrachteten irdischen Maßstab (z. B. Umfeld Erde-Sonne) dürfte bereits heute nicht mehr begründbar und kaum noch überzeugend vermittelbar sein. Die himmlische Sphäre muss nach der modernen Erkenntnis von Raum und Zeit zwangsläufig in den Dimensionen des Standarduniversums angenommen werden. Eine Begrenzung himmlischer Strukturen auf eine Galaxie, lokale Gruppen oder gravitativ verbundene Supercluster macht einfach keinen Sinn. Der Ansatz himmlischer Kleinteiligkeit scheint auch theologisch nicht plausibel zu sein, weil der Himmel als das immaterielle Gegenstück zum Universum begriffen werden muss. In die Erweiterung der himmlischen Begrifflichkeit ist aber auch die Hölle einzubeziehen. Die Beurteilung von deren raumzeitzeitlicher Situation erweist sich in diesem Ansatz als schwierig. Auch in der Dimension des Standarduniversums entzieht sich die Hölle einer eindeutigen Lokalisierung. Man sollte jedoch der universalen himmlischen Konzeption folgen, da der Ansatz eines Himmels mit vielen Höllen theologisch nicht sinnvoll erscheint. Im Maßstab und der Größenordnung eines Universums bekommt die Hölle jedoch eine völlig neue Funktionalität!

      Mit dieser konzeptionellen Vorstellung lassen sich nämlich die Energieproblematik und das Reststoffproblem der Hölle auflösen. Es liegt nahe, anzunehmen, dass die „Aschereste“ der verbrannten Seelen über einen speziellen „Rost-Mechanismus“ oder durch eine in analoger Weise funktionierenden „Höllenpforte“ wieder in den materiellen Kosmos gelangen. Die Reststoffe der höllischen Entsorgungspolitik könnten dort beispielsweise als kalte dunkle Materie, die in dichten Clustern um die großen Galaxienhaufen vermutet wird, für die Stabilität der baryonischen Strukturen im Standarduniversum sorgen.

      Aber auch für die Energiefrage und das Problem der Überhitzung der Hölle bietet der Ansatz eine theologische Deutung an. Es wäre durchaus denkbar, dass die überschüssige Höllenenergie über einen noch nicht verstandenen Wechselwirkungsprozess wieder in den materiellen Kosmos diffundiert. Sie könnte dort als dunkle Energie das natürliche Gegengewicht zur dunklen Materie bilden und die Dynamik des Standarduniversums beeinflussen. Erst die feine „göttliche“ Abstimmung der dunklen Parameter, die in letzten Milliarden Jahren vielleicht etwas außer Kontrolle geraten ist, kann die nachhaltige Stabilität unserer universalen materiellen Welt garantieren. Akzeptiert man diese Vorstellung, käme der Hölle eine theologische, aber auch kosmologische Schlüsselrolle zu. Sie wäre als ein dualistischer Ort zwischen einer immateriellen Sphäre und einer materiellen Welt zu betrachten, von dem aus durch die teuflischen Handlanger des Herrn die dynamischen Prozesse im Standarduniversum maßgeblich gesteuert werden. Falls eine Verknüpfung der dunklen Prozesse mit der Funktionalität der Höllenwelt angenommen wird, ergibt sich daraus eine weitere Schlussfolgerung hinsichtlich der Zeitskala göttlichen Wirkens. Da die dunklen Prozesse seit Jahrmilliarden andauern, scheint der Herr des Himmels schon sehr früh Welten mit vernunftbegabtem Leben erschaffen zu haben. Dort müssen rechtgläubige, ungläubige, falschgläubige und weniger oder nicht gläubige Seelenträger offenbar seit Langem einen Disput um die rechte Religion und ein gottgefälliges Leben ausgetragen haben. Wahrscheinlich dauert der Streit in den interstellaren Weiten um den einzig wahren Glauben noch heute an. Auf der Erde tut er es jedenfalls! Warum auch sollte der göttliche


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