Mit schwarzen Flügeln. Daimon Legion

Mit schwarzen Flügeln - Daimon Legion


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riss ihm Virel an seinen dunklen Haaren und brüllte: „Verkaufe mich nicht für dumm! Im Himmel magst du ja ein unscheinbares Licht gewesen sein, aber ich weiß, du bist jetzt ein Höllengeneral! Und der macht keine kleinen Spaziergänge! Wir sind hier, um deinem Treiben ein Ende zu setzen, du See­lenfänger!“

      Deacon bemühte sich, keinen Schmerz oder sonst etwas von seinem Gefühl zu zeigen. Schweigend hielt er dem zorni­gen Blick des Engels stand, bis der seine Haare losließ.

      Von ihm zurücktretend, verkündete Virel zufrieden: „Die Anklage lautet Mord an siebenundzwanzig Menschen. Allein dieses Jahr. Insgesamt steht deine Sündenopferzahl bei mehr als vierhundert. Du hast die Seelen deiner Opfer noch vor ihrer Zeit gestohlen und damit das Handelsabkommen mit Hades gebrochen! Und du bürgst für Todgeweihte, dass diese als Dä­monen auferstehen! Auch ein Gesetzesbruch! Gib es zu, du sammelst Seelen für den Höllenkaiser wie dessen Armee, und ich werde es beweisen!“

      So ein Schwachsinn, schoss es Deacon durch den Kopf und er rollte mit den Augen.

      Virel registrierte dies zähneknirschend, doch fuhr er weiter fort: „Du pfuschst an Gottes Werk herum und wie dein Herr schlängelst du dich durch die Lücken im Kodex. Wie kannst du es wagen, einfach den Richter über Leben und Tod zu spie­len?“

      Deacon stöhnte trotzig auf. „Hallo?! Ich bin ein Gefalle­ner! Soll ich tiefer sinken? Was geht mich Gottes Werk an? Mein König ist an anderer Stelle und ich mach meine Arbeit – die mal nebenbei gesagt absolut nichts mit deinen verrückten Verschwörungen zu tun hat!“

      „Offensichtlich bist du kein Engel mehr“, wertete Virel ihn ab. „Gefallen oder nicht hat hierbei allerdings nichts zu bedeuten. Der Hohe Rat hat beschlossen, dass du dich für deine Ta­ten verantworten sollst. Deine Aussage soll vor Gericht beste­hen.“

       Das ist ja wohl ein schlechter Witz.

      „Ich soll vor Gericht gebracht werden? Von wem?“

      Virel zog sein Schwert aus der Scheide. Anders als die der Soldaten, bestand die Klinge aus weißem, teils klarem Kristall und die goldenen Lettern identifizierten es als Waffe des Gar­deführers.

      Eine gefährliche Schneide, für jeden, der der anderen Seite angehörte.

      „Wir werden dir gern die Richtung weisen, Heat. Solltest du dich weigern und zur Wehr setzen, sind uns alle Mittel recht, dich in unserer Gewalt festzuhalten. Mach es dir also besser nicht unnötig schwer. Vor der Strafe Gottes kannst du eh nicht fliehen.“

      „Vor der Strafe Gottes“, zitierte der schwarze Engel zy­nisch. „Dass Metatron und sein feiner Rat sich immer noch für das ausführende Organ der Heiligkeit halten ...“

      „Spott über den Rat ist Spott an Gott!“, meldete einer der Soldaten erbost seinen Zorn.

      Deacon hörte mit dem Lästern nicht auf und ärgerte weiter: „In den fast dreihundert Jahren, die ich nun schon dem Him­mel fern bin, scheint sich dort oben nicht viel geändert zu ha­ben. Ihr seid nicht viel anders als die Affen, die der Kirche fol­gen, denn ihr vertraut auf einen Rat, der angeblich Gottes Wil­len ausführt, diesen aber nur verzerrt und zu eigenen Gunsten nutzt. Ihr könnt einem echt leidtun. Ist doch super, schon aus eurem Klub geschmissen worden zu sein.“

      Wütend griffen die Soldaten zu ihren Schwertern und Virel wollte noch rufen: „Achtet nicht auf sein Geschwätz!“ Jedoch kam seine Weisung zu spät.

      Schutzlos durch die Welt zu marschieren, wäre Deacon im Traum nicht eingefallen. In seiner Hand manifestierte sich mit schwarzem Rauch ein Säbel, dunkel wie Onyx und schärfer als Diamant. Im weißen Himmelslicht seiner Gegner schimmerte die Klinge violett, und bevor der erste Angreifer reagieren konnte, hatte er ihn samt der eigenen Hand entwaffnet.

      Den Verwundeten in ihren Reihen wissend, griffen die üb­rigen Krieger blind und überstürzt an. Auch sie büßten bald tiefe Wunden ein, und mit einem kräftigen Schlag gegen den Kopf räumte Deacon sie aus dem Weg, bis er die Klinge schließlich mit Virel kreuzte.

      „Anfänger“, schimpfte der Gardeführer trocken über seine Mannen.

      Der General zuckte die Schultern. „Gutes Personal ist schwer zu finden.“

      Trotz ihrer gemeinsamen Zeit im Himmel, fochten die bei­den Kontrahenten miteinander wild und verbittert durch die verfallenen Zimmer. Keiner schenkte dem anderen einen Vor­teil und gegenseitig versuchten sie, den Feind bei einer Blöße zu erwischen.

      Dennoch geriet Virel langsam ins Schwitzen. Die Hiebe des Höllenkriegers waren stark, und immer, wenn die unheili­ge Schneide auf seinen gesegneten Kristall traf, sprühten grel­le, heiße Funken, die Brandspuren auf dem morschen Holzbo­den hinterließen.

      „Nicht schlecht!“, musste er zugeben. „Früher hätte dich ein einfacher Schüler besiegen können. Du hast dich ge­macht!“

      Seinem Gegner wusste, die Konversation diente allein dazu, seine Konzentration zu stören, aber er erwiderte trotz­dem knapp: „Ich nehme das als Kompliment.“

      „Wer hat dich ausgebildet?“ Virel parierte einen weiteren Schlag. „Der Dämonenkönig selbst?“

      „Ihn könnten nicht einmal hundert deiner Sorte schlagen!“ Deacon spielte mit seiner Beinarbeit und umrundete den En­gel, um ihm einen Schnitt am Arm zuzufügen. Der fluchte und schlug hart gegen die dunkle Klinge.

      „Wie konntest du nur Gardeführer werden, mit so einer lausigen Technik?“, reizte der Gefallene und setzte zum nächs­ten Schlag an. Virel brach unter der Wucht des Säbels ein und ging zu Boden. Das Schwert wurde ihm aus den Händen gerissen und davongeschleudert.

      Jetzt fühlte er die feindliche Waffe an der Kehle und konn­te bloß noch hilflos zu dem schwarzen Krieger aufsehen, der nur zuzustoßen brauchte, um sein Leben zu beenden.

      „Na los! Worauf wartest du?“, fauchte er ihn wütend an. „Töte mich, Höllendiener! Vernichte mich, wie auch all die an­deren, deren Blut an deiner Klinge klebt!“

      Himmel und Hölle. Das hatte gereicht, um diese Feindse­ligkeit zu streuen.

      Er hätte zustoßen können. Diesen weißen Engel töten sol­len. Doch Deacon konnte es nicht. Mochte es Sentimentalität sein, um der alten Zeiten wegen, oder die Tatsache, dass der Tod seines Widersachers größere Probleme nach sich ziehen würde, aber er ließ seinen Säbel sinken. Die Klinge löste ihre Form in denselben schwarzen Nebel auf, aus dem sie hervor­getreten war, und für Virel hatte er ernüchternde Worte: „Du wurdest von mir bezwungen, Gardist. Lebe du nur ewig mit dieser Schande weiter. Aber mein Leben gebe ich weder heute noch morgen in Hades’ Hände. Und deinem Rat kannst du aus­richten, dass er mich mal kreuzweise kann.“

      „Du bist ein Narr, Heat!“

      „Wie du meinst“, wischte der die Worte weg. Er hatte keine Lust mehr, den Hassreden zu lauschen. Am Himmel dämmerte bereits die blaue Stunde und wegen des Kampfes musste er sicheres Gebiet aufsuchen. Besser wäre es, er ginge gleich heim.

      Deacon lief zurück in den Raum mit dem großen Loch in der Außenwand. Nah an den Abgrund stellte er sich und wollte seine Flügel ausbreiten. Die großen, gefiederten Schwingen in der Farbe des Amselkleides. Heilig, egal wie verdammt der Geflügelte auch war.

      Um diese Unzeit konnte er einen Flug wagen und wäre so schneller fort von diesem Ort. Außerhalb des Wirkungskreises der himmlischen Heerscharen und des Rates, weg von den ein­fachen Menschen, den Sündern und all dem schmutzigen Elend dieser Welt.

      Die Mauer umfassend, machte er seinen Geist bereit für den Absprung.

      Das Geräusch reißenden Fleisches. Brennender Schmerz. Deacon keuchte auf.

      Die Klinge des klaren Schwertes hatte sich unterhalb sei­nes Brustkorbes durch den Bauch gebohrt. Von der Schneide floss sein rotes Blut und er sah jedem einzelnen Tropfen hyp­notisiert zu, wie er in die Tiefe fiel.

      „Virel ...“

      Dieser trieb


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