INGRATUS - Das Unerwünschte in uns. Tabea Thomson

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es aufklären konnte, hastete er zum Biodisplay.

      Der Studiosus folgte unaufgefordert.

      Als Lennard vorm Display stand lachte er höhnisch. Das unnütze Ding gaukelte ihm doch tatsächlich vor, das Sophie in den Wehen lag. Im Moment ruhten die Kontraktionen.

      Gereizt blickend kommentierte er das Gesehene: »Eine Geburt ist das Einzige, was das nutzlose Ding von unseren Weibern richtig anzeigt. Und das nur; damit kein einziger der zukünftigen U P C Sklaven schon bei der Geburt verloren geht«, seine Stimmenlage klang gallig. Als Zeichen der Technik Verachtung schnippte er an das Display. »Hat sie vielleicht was bekommen, was die Kolik auflöst?«

      »Was soll sie bekommen haben. Wo doch, wie Sie sagen, ihr Körper alles ablehnt.« Am Satzende streichelte Luckas liebevoll über Sophies Haare und dann hauchte er zwei heiße Küsse auf ihre Lippen.

      Lennard nahm es schmunzelnd hin. In Gedanken fragte er sich jedoch: »Wie nah, steht er Sophie. Ist das gar am Ende ihr blonder Schweden Ex.« Seine Vermutungen behielt er vorerst für sich. Stattdessen antwortete er, auf Luckas Feststellung, mit betrübter Stimme: »Das stimmt leider.« Zu den Worten forderte er Luckas mit einer Geste auf, das sie weiter essen. ...

      »Woher kommt nur jedes Mal ihre plötzliche Genesung«, fragte sich Lennard.

      Luckas, der die Gedanken des Ausbilders belauschte, gefiel das Grübeln überhaupt nicht. Es zögerte nur unnötig hinaus, dass sein Ausbilder schläfrig wird. Weil der bereits einen Nachschlag verputzte, müsste das Schlafmittel längst schon sichtbare Zeichen setzen. Bloß solange dieser sich noch mit dem Analysieren beschäftigt, wurde er nicht müde. Also musste Luckas handeln. Dazu rutschte ihm der lässig gehaltene Löffel aus den Fingern. Scheppernd landete dieser auf der metallenen Tischplatte. Es verfehlte nicht die Wirkung und von hier auf jetzt überkam Lennard Müdigkeit.

      Grienend griff Luckas nach seinem Mehas (medizinischer Handscanner) und nachdem der ihm bestätigt hatte, du kannst getrost den Ausbilder nochmals wecken, sprach er ihn an: »... Sire, Sie sind erschöpft. Eine Pause tut ihnen gut. Indessen Sie schlafen, werde ich bei ihrer Schwester wachen«, er wählte hierzu einen schmeichelnden Tonfall.

      Gähnend stimmte Lennard zu und danach schlich er in seinen Ruheraum, und kaum das er alle Glieder von sich streckte, übermannte ihm das Schlafmittel. Weil es nur sehr schwach dosiert war, verfiel Lennard alsbald in eine Wach-Traumphase. Darin beschäftigte ihm ebenfalls der Gedanke, was die Kolik spontan hervorruft und beendet. Wenig später erwachte er und von Sorge getrieben, ging er in seinen Bereitschaftsraum.

      *

      Vom Schreibtisch Terminal aus überprüfte Lennard nochmals alle Laborwerte. Aber wie gehabt fand er darin nichts Auffälliges. Unbewusst kratzte er sich an der Stirn. Es sah gerade so aus, als wenn er einen zündenden Geistesblitz freikratzt. In der Tat, ihm fiel tatsächlich ein, wo er was finden könnte: »Citraa von der Fracht Bark, mit der Sophie Minn anreiste, das Bordbuch anzeigen.«

      Nichts geschah.

      Ungehalten wiederholte er den Wunsch.

      Diesmal meldete sich sofort ein Techniker: »Sire, der Citraa steht noch nicht dem Heiler System zur verfü...«

      Zornig unterbrach Lennard die Verbindung. Im selben Atemzug zischte er: »Also alles wieder übern lahmen U P C Computer.«

      Nach unzähligen nervenaufreibenden Fragen und Antwort Dialogen, mit dem begriffsstutzigen Sprachsystem, erschien vor Lennard das angeforderte. Zuerst informierte er sich, um was für einen Typ von Frachtraumschiff es sich handelt:

       ~

      … Langstrecken Fracht und Transport Bark. Sie wird ausschließlich von Aiws gesteuert.

       Die Schwerkraft und Klimabedingungen sind für humanoide geeignet. Die Ausstattung ist als zweckdienlich einzustufen.

      … Die Bark ist für Bend Blasen in der Cybord Dimension ausgelegt.

      ~

      »Cybord Dimension. Da war was ...«, es klang, als habe er die Erklärung unter der Zunge und er bekommt sie nicht hervor. … Während er weiter überlegte, verfolgten seine Augen die nächsten Textzeilen.

      ~

      … Die Passagierin Miss Vacca portierte um acht Uhr früh (Anuna Standardzeit), von vor den Toren der Stadt Dahl brie, an Bord …

      ~

      »Anuna?«, rief Lennard mit überraschter Stimme, »Die Koordinaten gehören doch zu unserer Heimatwelt Advenu. … Ich dachte, meine Süße kam von der Erde. Was macht sie in Dahl brie. Da ist unser Ferienhaus sowie unser Geburtshaus. Aber in der glutheißen Jahreszeit ist sie doch sonst nie dort. – Und wieso benutzt sie den Nachnamen unserer Mutter? ...«

      Fragen über Fragen. Auf plausible Erklärungen hoffend, las er weiter:

       ~

      … Bereits beim ersten Blickkontakt zu den Aiws bekam Miss Vacca einen Panikanfall.

       (Nach ihrer Aussage leidet sie an einer sehr schweren Aversion gegenüber Aiws von Vulkan. Nur mit einer List gelang es mir, Miss Vacca zu überzeugen, dass die Aiws nicht von dort kommen.)

      … Sie erwähnte eher beiläufig, was mich allerdings aufmerksam werden ließ: ›Ich nehme einen stark konzentrierten Duft wahr. Er bereitet mir arge Probleme.

       (Anmerkung meinerseits, was ich auch der Mitreisenden sagte: Ich benutze keinerlei Deos oder Riechwasser ...)

      ~

      Sophies Aussage ließ Lennard schmunzeln. Zumal er doch wusste, dass seine Schwester sofort jammert, wenn es ihr auch nur ein Fünkchen nicht gut ging. Auf eine Bestätigung hoffend schlug er erwartungsvoll die nächste virtuelle Seite auf.

       ~

      … Ich bemerkte auch den Duft. Ich empfinde ihm

      ~

      Den restlichen Text verdeckte ein fetter schwarzer Balken. Lennard vermutete: Der Schreiber entdeckte was und schrieb es nieder. Später sah er darin ein Irrtum, dass er widerrufen hat. Aber falls er es doch braucht, stand es noch unter dem Geschwärzten. Nickend las er weiter.

       ~

      … Zur Sicherheit wurde die Raumluft, auf Schadstoffe überprüft. Es wurde nichts Schädliches gefunden …

      ~

      Um vielleicht doch noch den entscheidenden Hinweis zu finden, blätterte er um. Zu seiner Verblüffung wurde auf den nächsten zwei Seiten alles maschinell geschrieben und zudem in einer für Lennard unverständlichen Sprache verfasst. Aufgebracht bat er den Computer um eine Übersetzung.

      Erstaunlicherweise teilte der ihm umgehend mit: ›Sprache erkannt. Uraltes irdisches Latein. Es wurde von antiken Heilkundigen benutzt und später von Ärzten ...

      ~

      Verwundert stellte Lennard fest: »Bei der Reise war weder ein Aiws mit medizinischer Programmierung, Heiler, oder Arzt auf der Bark anwesend. ... Hmm! ... Der Schreiber nahm, vorsorglich Kontakt zu einem Heilkundigen auf. Dieser diagnostizierte in jener Sprache. Der Bark Citraa übersetzte und verfasste es.«

      Neugierig, was sich hinter dem Latein verbarg, forderte er: »Computer übersetzt vorlesen.«

      ~

      … Nach dreißig Minuten Flug wurde es Miss Vacca mehrmals schlecht, sowie schwarz vor Augen und sie verspürte leichte, wehenartige Schmerzen. Die strahlten in ihren gesamten Körper aus.

      … Auf meine Frage: »Ob sie eine Kindsfrucht trage«, antwortete sie: ›Nein. Und an Flugparanoia leide ich nicht.‹

      … Habe ihr mit meinem Taschenmesser, eine Wunde geritzt/ zugeführt, damit ich etwas Cruor von ihr erhalte.

      …


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