Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks. Michael Schenk
heranstürmenden Rundohren zu schießen.
Vielleicht war er wirklich kein guter Krieger, aber er war ein guter Jäger.
Direkt neben Bluthand warf es eines der Rundohren nach hinten, und aus
seiner Kehle spritzte dunkles Blut über die Steine; ein anderer Ork krallte
plötzlich seine Hände in den Unterleib und sackte dann zur Seite. Sein
Schreien hallte durch das ganze Tal, so lange, bis Bluthand einem der anderen
einen Wink gab, der dem Verwundeten daraufhin mit einer raschen
Bewegung den Schädel einschlug. Mit dem dumpfen Knacken des
zerbrechenden Schädels erstarben auch die Schreie. Ein weiterer Pfeil streifte
Bluthand, doch dann begannen die Spitzohren erneut zu schießen. Der Mann
schrie auf, als er an der Schulter getroffen wurde, und es war offensichtlich,
dass er seinen Bogen nun nicht mehr spannen konnte. Bluthand brüllte auf,
denn jetzt konnte er den Wehrlosen mit nur wenigen Sätzen erreichen.
Eine Bewegung lenkte Bluthand ab, und er sah ein junges Mädchen aus der
offenen Tür des Hauses treten. Der Mann am Boden sah es ebenfalls und
schrie ihm etwas zu, doch das Kind blieb wie gelähmt stehen. Zwei
Rundohren drehten daraufhin sofort in Richtung des Hauses ab, wo sie
weiteres Fleisch lockte. Bluthand dagegen hetzte nach wie vor auf den
Pferdekadaver und den dahinter liegenden Mann zu. Er wollte es rasch zu
Ende bringen. Das junge Mädchen würde zwar weit schmackhafter sein als
der Mann, aber Bluthand würde sowieso seinen Anteil als Anführer des
Trupps an ihr erhalten.
Bluthand sprang über den Pferdekadaver und grunzte überrascht, als er
einen stechenden Schmerz im Bein verspürte. Der scheinbar wehrlose Mann
hatte seinen Dolch gezückt, mit dem er nun verzweifelt nach Bluthand stach.
Schwung von unten gegen den Kopf des Mannes. Er spürte, wie die langen
Eisenfinger der Kralle in Gewebe und Knochen eindrangen, und riss so lange
daran, bis sich der Unterkiefer des Mannes loslöste. Doch der Schwerverletzte
lebte noch lange genug, um Bluthand mit schmerzerfüllten Augen anzusehen,
bevor der große Ork ihm schließlich die Kralle ins Schädeldach hineintrieb.
Hirnmasse tropfte von den Krallen, während Bluthand sich dem Haus
zuwandte.
Das blonde Mädchen stand noch immer wie gelähmt in der offenen Tür
des Hauses und starrte auf die beiden Rundohren, die sich aber gegenseitig
behinderten, weil sie gleichzeitig nach der Kleinen greifen wollten. Da schrie
einer der Orks plötzlich auf und taumelte zurück. Für einen Moment sah
Bluthand eine blonde Menschenfrau, die das Mädchen ergriff und ins Haus zu
zerren versuchte, während sich das verletzte Rundohr den aufgeschlitzten
Leib hielt und versuchte, seine Gedärme am Herausquellen zu hindern. Aber
das andere Rundohr warf sich gegen die schließende Tür und drückte sie
wieder auf. Sofort verschwand es im Inneren, und Bluthand sprang über den
verwundeten Ork hinweg und stürzte ebenfalls ins Haus.
Die Frau, die er gerade noch schemenhaft gesehen hatte, war durch den
Schwung der Tür zurückgeworfen worden und außerdem in doppelter Weise
behindert. Es war offensichtlich, dass sie hochschwanger war, und die
stattliche Rundung des Leibes behinderte sie ebenso wie das entsetzt
kreischende Mädchen, das die Mutter zu schützen versuchte.
»Sie kalbt«, brüllte das andere Rundohr auf.
Das Rundohr war schneller als Bluthand und schlug die Hand der Frau
einfach zur Seite, sodass das lange Messer aus ihrer Hand flog und klirrend
gegen die Wand prallte. Der Ork legte eine Klaue um die Kehle der entsetzten
Frau, drückte sie rücklings auf den Boden und erwürgte sie.
Das blonde Mädchen stand wie erstarrt, vollkommen reglos, und
stierte mit geweiteten Augen auf das schreckliche Bild.
Plötzlich vernahm Bluthand einen dumpfen Schlag und sah aus den
Augenwinkeln, wie das kleine Mädchen rotes Menschenblut verspritzte. Dann
gab es einen erneuten Schlag und weitere Blutspritzer. Doch diesmal war es
dunkles Blut. Orkblut.
Verwirrt sah Bluthand von der Leiche auf und blickte zur Tür. Dort stand
ein Spitzohr, das nun quiekte und rücklings ins Haus taumelte. Ein weiß
gefiederter Pfeil steckte tief in seinem Körper, trat durch die Wirbelsäule
wieder aus und verriet dadurch, dass der Pfeil aus großer Nähe und mit hoher
Wucht abgeschossen worden sein musste.
»Menschlinge«, brüllte Bluthand alarmiert, der nun erst richtig registrierte,
dass zwei seiner Spitzohren tot in der Hütte lagen und ihr Blut sich mit dem
der beiden Menschen mischte. Der große Ork zögerte nicht länger und warf
sich genau in dem Moment gegen die Tür, als gerade ein stämmiger Mann mit
langen schwarzen Haaren eindringen wollte. Beide prallten in der Türöffnung
zusammen, und Bluthands Eisenkralle traf das Schwert des Mannes. Die
beiden Waffen verhakten sich ineinander, und für einen Moment lang starrten
Mensch und Ork einander in unversöhnlichem Hass an.
»Bestie«, keuchte der Mann und versuchte, gegen Bluthands Stärke
anzukommen.
»Eure Zeit ist vorüber, Menschling«, brüllte Bluthand triumphierend
zurück. Er spürte, dass er stärker als der Feind war und dass er dessen
Schwertarm immer mehr nach unten drücken konnte. Schließlich gelang es
ihm, seine Hand nach oben, bis zur Kehle des Mannes, zu schieben. Ein
Pferdelord, wie der grüne Umhang ihm verriet. Und sehr bald schon ein toter
Pferdelord!
Da machte der Mann eine Bewegung, die Bluthand nicht nachvollziehen
konnte. Etwas traf sein verletztes Bein, und der Ork wich schmerzerfüllt
zurück, sodass sich ihre Körper voneinander lösten. Das Schwert des
Pferdelords kam wieder frei, und für einen Moment schoss dem Ork der
unfassbare Gedanke durch den Kopf, dass er im Kampf unterliegen könne.
Instinktiv trieb er die