Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks. Michael Schenk
stoßt bis zum Pass vor und haltet ihn. Ich selbst werde Euch in
spätestens zwei Tagen mit allen Männern folgen, die bis dahin waffenfähig
sind.«
»Ich werde dreißig Schwertmänner der Wache nehmen, mit Eurer
Erlaubnis, mein Hoher Lord. Damit bleiben schon wenig genug, um die Höfe
zu warnen und die Wehrfähigen zu sammeln.«
Larwyn legte ihre Hand an den Arm ihres Gemahls. »Wir sollten auch die
Graue Frau verständigen. Auch wenn ich sie nicht besonders mag, so kann sie
uns in dieser Zeit doch hilfreich sein.«
»Merawyn?« Tasmund stieß einen heiseren Laut aus. »Die Hexe?«
»Nein, die Heilerin und Seherin«, erwiderte Garodem. »Ich weiß, die
Meinungen über Merawyn sind geteilt, und manche trauen ihrem Zauber
nicht. Aber sie hat viele Kranke geheilt, und sie besitzt das Wohlwollen des
Weißen Zauberers.«
»Sagt sie«, brummte Tasmund. »Keiner von uns hat je mit ihm
gesprochen.«
»Merawyn ist vor vielen Jahren zu uns gekommen und war uns oft zu
Diensten.« Pferdefürst Garodem sah seine Frau Larwyn an und lächelte. »Wir
werden jede Hilfe annehmen, die sich uns in dieser Zeit bietet. Sendet auch
einen Boten zu ihr, Tasmund. Und danach nehmt Euren Beritt und reitet.«
Tasmund blähte seine Backen auf, doch dann nickte er. »So sei es, mein
Herr. Ich werde Haronem herbeirufen, damit er die Burg in Bereitschaft
setzen kann.«
»Und gebt auch Nachricht an die Scharführer Baromil und Derodem. Sie
sollen sich besprechen, wie die Einberufenen am raschesten gerüstet werden
können.«
Nach einem kurzen Gruß eilte Tasmund aus dem Raum. Larwyn trat an
ihren Gemahl heran und nahm seine Hand. »Du handelst richtig, mein
geliebter Mann. Greift das Dunkle nach unserer Hochmark, so werden wir
ihm auf unserem eigenen Boden begegnen. Ist der König in Gefahr, so
werden wir ihm beistehen.«
Erneut hörte man das Poltern von Schritten auf der Treppe, doch dieses
Mal verharrten sie nicht vor der Tür, sondern eilten weiter die Stufen hinauf.
Schritte waren über der Decke des Raumes zu hören, welche sich über die
Bohlen der Deckenauflage zum hinteren Bereich des Haupthauses hin
entfernten, das mit seiner Schmalseite in die große Wehrmauer hineingebaut
worden war. Dort ragte der schlanke und hohe Aussichtsturm auf, der in einer
Plattform mündete, auf der sich stets geschichtetes Holz und Öl für das
Signalfeuer Eternas’ befanden.
Der Mann von der Wache des Pferdefürsten stemmte die hölzerne Luke
auf und trat auf die Plattform. Von hier aus hatte man einen weiten Ausblick
über das Land, und ein hier entzündetes Feuer war selbst noch in vielen
abgelegenen Bergtälern zu sehen. Der Mann vergewisserte sich, dass der
Holzstapel noch gut mit Fett und Öl getränkt war, dann nahm er eine
Fettlampe und setzte ihn in Brand.
Mit einem puffenden Laut entflammten Öl und Fett, und Flammen griffen
auf das Holz über. Es begann zu knistern, und Funken sprühten, als die
Restfeuchtigkeit im Holz verdampfte. Dann schien sich der Holzstapel mit
einem Schlag zu entzünden. Eine lodernde Flamme stieg in den Himmel über
Eternas und trieb den Schwertmann der Wache zurück. Für einen Augenblick
hielt er sich schützend den grünen Umhang vors Gesicht, dann stieg er wieder
ins Gebäude hinunter und warf die eisengeschützte Luke hinter sich zu.
Das Feuer von Eternas brannte, und wer immer es sah, würde wissen, dass
das Dunkle erneut sein Haupt erhoben hatte.
Kapitel 10
Bluthand stieß einen grunzenden Laut aus und beschattete seine Augen mit
der Hand. Das grelle Sonnenlicht wurde teilweise von den Felsen reflektiert
und blendete ihn. »Ich hasse dieses widerliche Licht«, knurrte er. »Und ich
hasse diese widerlichen Menschen, und ich hasse diese widerlichen Wolltiere.«
Bluthand war ein groß und kräftig gebautes Rundohr. Er schlug sich ärgerlich
auf die Brust. »Und ich hasse es, unbedeckt zu sein.«
Keiner in der kleinen Gruppe der Orks trug eine Rüstung. Man hatte es
ihnen verboten, denn sie sollten die Menschlinge ausspähen und sich
unbemerkt in deren Land bewegen. Doch Rüstungen konnten Licht
reflektieren oder klappernd gegen Steine stoßen, und so hatte man dem
Spähtrupp verboten, sie zu tragen.
Neben Bluthand duckte sich ein Spitzohr in die Deckung der Steine und
spähte in das Tal hinein, das sich im vollen Sonnenlicht unter ihnen
ausbreitete. Es war ein kleines, lang gestrecktes Tal, wie es für die
Gebirgsregion hier typisch war. Sein Talgrund war grün und würde den auf
ihm weidenden Wolltieren noch eine ganze Weile Futter bieten.
»Wolltiere«, beschwerte sich Bluthand. »Widerliche Wolltiere. Ich will
wieder etwas Ordentliches zwischen die Zähne bekommen. Wolltiere sind
widerlich. Sie schmecken nach nichts. Nach überhaupt nichts. Und ihr Fleisch
ist zudem widerlich weich.«
In der Mitte des Tals erhob sich ein kleines Gehöft. Das Haupthaus war
relativ klein und aus behauenen Felsen errichtet. Sein Dach war mit
Grassoden abgedeckt, und aus einer Öffnung im Dach kräuselte sich eine
dünne Rauchfahne. Neben dem Haus befand sich eine kleine Koppel mit
einigen Pferden, und jetzt war auch ein Mann zu sehen, der gerade aus dem
Haus getreten war. Instinktiv duckte sich die Gruppe tiefer in die Felsen.
Einer der Spitzohren sah Bluthand an und bleckte dabei nervös sein
Gebiss. »Ich mag auch keine Wolltiere.«
»Wir sollten endlich wieder richtiges Fleisch zu essen bekommen«, knurrte
Bluthand. »Wir sind Krieger, also steht es uns zu, dass wir