Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel. Michael Schenk

Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel - Michael Schenk


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      »Man kann Wind und Wellen nicht beherrschen«, wandte Segu-Mar ein.

      »Wir mögen uns ihrer bedienen, aber niemand beherrscht das Meer.«

      Sein Schwarmführer stieß ein leises Grunzen aus. »Ich mag dieses Schiff

      nicht. Es stinkt nach Brennstein und hat nicht einmal eine anständige

      Besegelung.«

      Segu-Mar lachte vergnügt auf. »Es braucht uns nicht zu gefallen. Das

      Schiff soll uns ja nur kurze Zeit dienen.«

      »Und das wird es auch«, stimmte Elek-Mar zu. Er strich sich unbewusst

      über die tiefrote Narbe in seinem Gesicht. »Lass uns ein Wort mit den

      Brennsteinmännern wechseln. Ich hoffe, es sind noch genug von ihnen übrig,

      um dieses Ding zu fahren.«

      Die Korsaren standen lachend auf Deck und musterten die erbeuteten

      Kleidungsstücke und Rüstungen der alnoischen Besatzung. »Steht nicht

      herum und schwatzt wie die Weiber«, rief Elek-Mar ihnen zu. »Zieht die

      Sachen an, damit wir endlich Kurs nehmen können!«

      Sein Stellvertreter strich sich über das bärtige Kinn. »Nach Gendaneris?«

      »Wohin sonst?« Der Anführer lachte auf. »Natürlich nach Gendaneris. Die

      Dornfische werden dort eine Menge Beute machen.«

      Kapitel 2

      Der Sommer begann sich zu neigen, und die kalten Winde kündeten den

      nahen Herbst an. Der Reiter, der aus Richtung der Stadt Eternas kam und

      langsam durch die Mark ritt, zog fröstelnd den grünen Umhang der

      Pferdelords enger um die Schultern, als ein kräftiger Windstoß Staub

      aufwirbelte, der den Mann einhüllte. Die einst kräftige grüne Farbe des

      Umhangs war inzwischen ausgeblichen. Der dicke Wollstoff war an einigen

      Stellen verschlissen und am unteren Saum stark ausgefranst. Dieses Symbol

      der Pferdelords wirkte alt und mitgenommen und schien zu dem Mann, der es

      trug, nicht recht passen zu wollen. Ein kurz geschnittener Bart bedeckte die

      untere Partie seines Gesichts, und in den folgenden Zehntagen würde er ihn

      noch wachsen lassen, denn je dichter er war, desto mehr Schutz bot er vor der

      kalten Witterung des Winters.

      Der Mann war jung, schlank und hochgewachsen, und die Weise, wie er

      im Sattel saß, verriet den geübten Reiter. Er beschränkte sich darauf, seinen

      großen braunen Hengst mit sanftem Schenkeldruck zu lenken, und ließ die

      Zügel lose über dem Sattelknauf hängen. Rechts am Pferd, dem Schild

      gegenüber, hingen eine stoffbezogene Wasserflasche aus Metall und ein

      Köcher, dessen Pfeile die blaue Befiederung der Hochmark Garodems

      aufwiesen. Den dazugehörenden Bogen hatte der Reiter hinter sich am Sattel

      befestigt. Er trug nicht die typische beidseitig geschliffene Klinge eines

      Pferdelords, sondern führte das leicht geschwungene Schwert eines elfischen

      Kriegers, das zierlich und zerbrechlich wirkte und doch in der Lage war, den

      dicken Brustpanzer eines orkschen Rundohrs säuberlich zu durchschneiden.

      Griff und Klinge waren mit feinen Ätzungen und Einlegearbeiten verziert,

      ebenso wie die metallene Scheide der Waffe. Nein, es war keine Klinge des

      Reitervolkes, aber der Mann führte sie mit Stolz, denn sie war das Geschenk

      eines Elfen. Der Reiter hatte entscheidend zur Rettung eines elfischen Hauses

      beigetragen, und der elfische Stahl war ein Zeichen der Verbundenheit

      zwischen seinem Träger und dem elfischen Volk.

      Der Reiter hieß Nedeam, und er war, trotz seiner relativ jungen Jahre, einer

      der erfahrensten Kämpfer der Pferdelords.

      Als junger Knabe hatte er einst mit seinem Vater Balwin und seiner Mutter

      Meowyn auf dem elterlichen Gehöft gelebt und Wolltiere gezüchtet. Dann

      waren Orks in die Hochmark eingefallen und hatten sie mit Krieg überzogen.

      Sein Vater war von ihnen getötet und seine Mutter schwer verletzt worden.

      Der Knabe hatte sie in die Stadt Eternas bringen können, wo sie gerettet

      wurde und nun als Heilerin lebte. Nedeam war damals ausgezogen, um dem

      Pferdefürsten Garodem zu folgen, der seine Pferdelords in die unteren

      Marken geführt und nicht geahnt hatte, welche Gefahr Eternas drohte. Eternas

      und die Hochmark waren gerettet worden, und Nedeam erhielt trotz seiner

      Jugend den grünen Umhang eines Pferdelords. Inzwischen hatte er darin viele

      Abenteuer bestanden, gemeinsam mit seinem älteren Freund und Mentor

      Dorkemunt, dem er einst in der Nordmark begegnet war und mit dem er seit

      vielen Jahreswenden auf Balwins altem Gehöft lebte.

      Nedeam war in Eternas gewesen, um in der Stadt einige Dinge des

      täglichen Bedarfs einzutauschen. Seitdem er und sein Freund und Gefährte

      Dorkemunt nicht nur eine kleine Herde Wolltiere, sondern auch fünfzehn Stück

      Hornvieh hielten, konnten sie neben Wolle auch Leder und getrocknete

      Fleischstreifen zum Handel anbieten.

      Wolle, Fleisch und zwei gegerbte Häute hatten genug eingebracht, um die

      Vorräte des Gehöfts für den Winter aufzufüllen. So waren nun nicht nur die

      Provianttaschen an Nedeams Hengst Stirnfleck prall gefüllt, auch das

      Handpferd, das der junge Pferdelord mit sich führte, war mit Waren bepackt:

      Gewürze aus den unteren Marken des Pferdekönigs Reyodem befanden sich

      darunter, Mehl, um damit Brot zu backen, getrocknete Früchte, ein neues

      Schurmesser und zwei neue Nadeln, dazu feinste Schnur zum Nähen von

      Stoff und Leder sowie zwei dicht gewebte Wolldecken. Da Nedeam den

      Geschmack der Süßwurzel schätzte, hatte er auch hiervon einen begrenzten

      Vorrat erstanden.

      Wahrscheinlich würde er erst zur Jahreswende, in der Mitte des Winters,

      erneut nach Eternas reiten. Zwar war der Weg nicht besonders weit oder

      beschwerlich, aber ein Ritt in die Stadt bedeutete, dass der Freund das Gehöft

      allein bewirtschaften musste. Neben dem Schutz der Herden fielen auf einem

      Gehöft noch genug andere Arbeiten an. Futter für den Winter musste angelegt

      werden,


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