Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel. Michael Schenk

Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel - Michael Schenk


Скачать книгу
Blick zurück, um

      sicherzugehen, dass das Handpferd folgte, und beugte sich dann vor, um dem

      Wind weniger Widerstand zu bieten. Er genoss den raschen Ritt, bei dem der

      Reitwind seinen zerschlissenen Umhang hinter ihm auswehen ließ. Vor ihm

      tauchte nun das kleine Seitental auf, und Nedeam spürte eine wohlige Wärme

      in sich aufkommen, als er das Gehöft erkannte und die unverwechselbare

      Gestalt des Freundes, der gerade aus dem Wohnhaus trat.

      Überrascht registrierte Nedeam ein gesatteltes Pferd, das neben dem

      Gehöft graste. Die tiefschwarze Stute kam ihm bekannt vor, und wie zur

      Bestätigung trat nun ein stämmiger Mann neben Dorkemunt, der den

      kleinwüchsigen Pferdelord mit der kräftigen Statur deutlich überragte. Der

      Mann trug weder Helm noch Umhang und hatte Wams und Hemd geöffnet.

      Als Nedeam näher ritt, sah er die rötliche Narbe an der Brust des Besuchers,

      aber er hätte ihn auch ohne dieses Zeichen erkannt.

      »Scharführer Kormund, guter Herr, es ist eine Freude, Euch zu sehen«,

      grüßte Nedeam herzlich und schwang sich aus dem Sattel. Er sah Dorkemunt

      an. »Ich habe die Ledersachen aus dem Hammergrund mitgebracht und

      Vorräte für den Winter.«

      »Und sicherlich auch Süßwurzel«, erwiderte Dorkemunt mit breitem

      Grinsen. Er schlug Nedeam freundschaftlich an den Arm. »Versorge

      Stirnfleck, und dann lass uns ein paar Worte mit unserem Freund Kormund

      reden.«

      Nedeam ließ seinen Hengst an die Tränke und kümmerte sich zunächst um

      das Handpferd; er nahm ihm die Lasten ab und löste die Gurte, um es

      anschließend abzusatteln.

      Kormund, Schwertmann der ständigen Wache des Pferdefürsten Garodem

      und als Scharführer der Kommandeur eines Beritts, lehnte sich leicht gegen

      die massige Steinwand des Hauses und kratzte sich unbewusst an der Narbe.

      Vor etlichen Jahreswenden, als die Orks Eternas berannten, hatte er eine

      Pfeilwunde in der Brust erlitten und sie mit viel Glück und dank seiner

      robusten Natur überlebt. Gelegentlich schmerzte das vernarbte Gewebe und

      behinderte Kormund in der Führung seines Schwertes, aber der Scharführer

      ließ sich dies niemals anmerken und unterdrückte den Schmerz.

      Die unbewusste Geste ließ Nedeam einen Blick zu Dorkemunt werfen. Ja,

      die Schläfen des Freundes waren hell geworden, und er hielt sich nicht mehr

      so gerade wie noch zu der Zeit, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren.

      Merkwürdig, dass ihm das zuvor nicht aufgefallen war.

      Der junge Pferdelord stellte die Packlasten ans Haus, legte den Sattel dazu

      und gab das Handpferd frei. Es war gut genug ausgebildet, um sich nicht zu

      entfernen, und so soff es an der Tränke und begann dann zu grasen.

      »Hat der Besuch unseres Freundes Kormund einen besonderen Grund?«

      Nedeam nahm Waffen und Lasten von Stirnfleck, um ihn dann ebenfalls

      abzusatteln. »Immerhin ist der Weg von Eternas für eine einfache Plauderei

      recht weit.«

      »Ein Weg, der zu Freunden führt, ist niemals weit«, erwiderte Kormund

      lächelnd. »Aber du hast recht, Nedeam. Sosehr ich es auch schätze, mit dir

      und Dorkemunt über vergangene Taten zu reden, so gibt es doch einen

      bestimmten Grund, der mich zu euch führt.«

      »Einen guten Grund, wie mir scheinen will.« Dorkemunt nahm einige der

      Packen auf und trug sie ins Haus.

      Nedeam und Kormund folgten mit dem Rest. Sie stellten die Sachen neben

      die Waffentruhe an der Tür und setzten sich dann an den massigen Tisch, auf

      dem noch die Reste eines Mahls standen. Nedeam nahm sich Brot und Käse

      und sah die beiden an.

      »Nun, was gibt es zu bereden?«, fragte er und kaute dabei genüsslich.

      Kormund strich abermals über die Narbe an seiner Brust. Instinktiv spürte

      Nedeam, dass der Besuch des Scharführers, zumindest indirekt, mit der alten

      Wunde zusammenhing. Der Scharführer räusperte sich und suchte nach den

      rechten Worten.

      »Nun, Nedeam, mein Freund, unsere Mark lebt jetzt schon einige

      Jahreswenden in Frieden, und sie entwickelt sich prachtvoll. Die Herden

      wachsen, und junge Männer und Frauen füllen die Lücken, die so manche

      Schlacht gerissen hat.« Kormund räusperte sich erneut. »Aus Knaben werden

      junge Männer und Pferdelords.«

      »Der Horngrundweiler stellt nun seinen vierten Beritt auf«, fügte

      Dorkemunt mit seltsam eindringlicher Stimme hinzu. »Vierhundert Lanzen

      bringt er mittlerweile in den Sattel.«

      »Ja, ich weiß«, brummte Nedeam verwirrt. »Und im Hammergrund wird

      nach Gold gegraben, auch das ist mir bekannt.«

      Kormund errötete ein wenig, da er Nedeams Anspielung verstanden hatte.

      »Nun, Nedeam, mein Freund, aus Knaben werden Männer und Pferdelords

      …«

      »Ich glaube, das erwähntest du bereits.«

      »Hm.« Der Scharführer stieß ein leises Brummen aus. »Also schön,

      Nedeam, ich will den Reiter in den Sattel heben. So, wie aus Knaben junge

      Männer werden, so werden aus jungen Männern alte Männer. Du verstehst?«

      Nedeam sah unwillkürlich zu Dorkemunt, der nun ebenfalls errötete.

      »Ich kann mein Pferd wohl noch bedecken und meine Axt noch

      schwingen«, knurrte der kleinwüchsige Pferdelord heiser. »Und ich kann es

      noch immer mit jeder verfluchten Bestie aufnehmen, die sich mir in den Weg

      stellt.«

      Kormund nickte. »Das kannst du, Dorkemunt, mein Freund, ganz gewiss.«

      Nedeam schob Brot und Käse zur Seite und nahm einen Becher mit

      Wasser. »Eure Worte bleiben ein wenig dunkel.«

      »Schön, du willst wissen, worum es geht, und das ist dein gutes Recht.«

      Kormund legte seine Hand flach auf jene tiefe Kerbe in der Tischplatte,


Скачать книгу