Der Drachenprinz. Marcel Kircher

Der Drachenprinz - Marcel Kircher


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dieses Vorhaben nicht mehr gewinnen können. Sie wusste von der gegenseitigen Liebe zwischen ihm und ihrer Kammerzofe Ezechia. Königin Aluanda hegte keinen Groll gegen ihre Zofe. Sie gönnte ihr dieses private Glück. Magier Octurian betrat den Thronsaal und begrüßte die Königin höflich und in voller Würde und holte Aluanda in die hiesige Welt zurück.

      „Ihr seht nachdenklich aus, Majestät“, erkundigte sich der weise Magier besorgt.

      „Nun, wo sich die Prophezeiung zu erfüllen droht, wird alles so greifbar so reell. Dann dieser Anschlag auf die Krone von jemandem, der an unserer Seite kämpfen sollte. Ich fürchte, dass ich versagen werde. Wegen mir ist Alplanden dem Untergang geweiht.“ Ihre Stimme wurde mit jedem Wort verzweifelter. Die Augen der Königin schienen sich mit Tränen zu füllen. Octurian bemerkte dies, nahm sie beim Arm und führte sie etwas beiseite.

      „Majestät“, sprach er leise, damit nicht jeder der geladenen Heeresführer und Gäste mitbekam, wie angeschlagen die Königin war. „Euer Handeln war bisher immer richtig und wird es auch immer sein. Vertraut Euch selbst. Ich erinnere mich an Euren Großvater, König Salazarus der Dritte. Er war ein gütiger und gerechter König, das Volk liebte ihn, doch sein Neffe schaffte es Söldner um sich zu scharen und eine wahre Schlacht auf dem Hof der Burg einzuläuten. Er hat die Schlacht gewonnen und die Aufrührer, als er sich von seinen Verletzungen erholt hatte, selbst gerichtet und plötzlich war seine Beliebtheit dahin. Das Elfenvolk wollte keinen rachsüchtigen Tyrannen auf dem Thron, sondern einen gütigen, gerechten und weisen König. Diese Stimmung brachte Euren Großvater dazu von seiner Regentschaft zurückzutreten und den Weg für Euren Vater freizumachen. Wäre Unwyn getötet worden, Euch hätte wohl das gleiche Schicksal gedroht.“

      „Ihr habt ja Recht“, entgegnete Aluanda ungeduldig. „Beliebtheit beim eigenen Volk ist ja schön und gut, aber ich fürchte eher die Orks und Trolle. Wir brauchen auf schnellstem Wege die Verbundenheit mit den Drachen. Ihr selbst wisst, dass es von hier ein Marsch von drei Tagen ist, bis man auf den Gipfeln des Sarangebirges ist, wo sich die Drachen befinden. Ob sie Marcel als den Auserwählten anerkennen, steht auch in den Sternen. Ich will ihn auch nicht ohne eine gut gerüstete Armee aufbrechen lassen, denn die Reise ist weit und beschwerlich. Das heißt damit fehlen uns auch hier wieder Männer, falls Fürst Zorshrek seine Truppen in eine Schlacht führt.“

      „Falls er sie in die Schlacht führt. Wir haben allerdings Unwyn in der Hinterhand“, bemerkte Octurian.

      „Wie meint Ihr das?“

      „Wenn Zorshrek auf Unwyn vertraut und erst nach Erhalt einer Botschaft reagiert, schicken wir ihn eine Woche nachdem Marcel zum Gebirge, wo die Drachen ruhen aufgebrochen ist, über die Mentfruberge und lassen ausrichten, dass der Auserwählte auf dem Weg zu den Drachen ist. Zorshrek wird versuchen unsere Armee im Sarangebirge abzufangen und dort wenn alles nach Plan läuft weder Drachen noch Marcel und seine Garde vortreffen. Es ist ein hohes Risiko, Majestät, aber es würde uns eines bringen: Zeit.“

      Nickend dachte Königin Aluanda über die Idee ihres ersten Beraters nach. Es war in der Tat ein Risiko, aber was für eine Wahl hatte sie. Alle anderen Wege würden in eine Blitzschlacht führen, in der sie zahlenmäßig unterlegen war. „Also gut“, flüsterte sie zu Octurian. „Ich werde Eure Idee in der Besprechung erläutern. Wir müssen agieren, bevor Zorshrek reagieren kann.“

      Octurian lächelte. „So gefallt Ihr mir besser, Majestät.“

      Die beiden drehten sich um, erwiderten die Grüße der bereits eingetroffenen und geladenen Elfen und nahmen auf ihren Plätzen an der Stirnseite der langen Tafel Platz. In der Mitte des Tisches lag eine Karte ausgebreitet. Kurze Zeit später betraten Lord Harbor, Marcel Gerber und Strewberry den Thronsaal und nahmen auf drei freien Plätzen in der Nähe der Königin und des Magiers Platz.

      „Ich freue mich, dass Ihr meine treuen Kommandeure und Heeresführer meiner Einladung gefolgt seid und an dieser Runde Platz genommen habt. Wir haben Dinge von großer Tragweite zu besprechen. Wie sicherlich Euch allen bekannt ist, wurde die Krone vor zwei Tagen Opfer eines heimtückischen Anschlags aus den eigenen Reihen. Wir haben zwei Kammerdiener verloren und eine Kammerzofe wurde schwer verwundet. Ziel des Attentates war es mich zu stürzen und Fürst Zorshrek die Herrschaft auf dem Silbertablett zu servieren. Nur dank des beherzten Eingreifens von unserem neuen Freund Marcel, der aus einer anderen Welt in unsere Mitte getreten ist, ist es zu verdanken, dass Alplanden so besteht, wie Ihr es alle kennt. Aufgrund dieses Ereignisses ist damit zu rechnen, dass Zorshrek seine Heere aufstellt und schon bald in die Schlacht gegen uns ziehen wird. Da auch der schwarze Magier Grindelmort Voldewald in seine Intrigen verstrickt ist, werden auch die Nachtelfen dieser Armee angehören. Diese Schlacht alleine zu gewinnen könnte schwierig bis unmöglich werden. Deswegen möchte ich nun Nägel mit Köpfen machen.“

      Königin Aluanda hielt kurz inne und blickte in die gebannten Gesichter der Runde. „Marcel“, fuhr sie fort und der Angesprochene erschrak kurz. „Ihr brecht alsbald in die Berge auf, um Euch zum Sarangebirge zu begeben. Dort werdet Ihr das Bündnis mit den Drachen erneuern. Sobald Ihr sie auf unserer Seite habt, kehrt Ihr so schnell wie möglich zurück. Ich werde Euch mit Lord Harbor und Strewberry ein kleines Heer auf die Reise mitschicken. In der Zwischenzeit werden wir unsere Wachbereitschaften an den Grenzen erhöhen. Je früher wir über Truppenbewegungen unserer Feinde Bescheid wissen, umso besser. An alle Kommandeure mahne ich nochmals: Haltet Eure Truppen in Kampfbereitschaft. Wir müssen gewappnet sein.“

      „Das ist ja alles schön und gut“, warf Magister Torjon ein, der ebenfalls eingeladen war. „Doch haben wir schon öfters erleben müssen, dass wir Zwerge bei einem Angriff von Trollen und Orks ganz schlechte Karten haben. Sollten sie mit ihren Truppen Alplanden überrennen, wird unsere Siedlung dem Erdboden gleichgemacht.“

      Aufgebrachtes Gemurmel setzte nach diesen Worten ein. Königin Aluanda hob ruhig und beschwichtigend die Hand. „Beruhigt Euch. Magister Torjon, ich verstehe Eure Sorge, sehr sogar. Octurian, ich frage Euch und Eure Weisheit. Wie können wir den kleinsten Untertanen unseres Reiches Schutz gewähren?“

      Der Magier dachte nach, ehe er sich erhob und den Anführer der Zwerge direkt ansprach. „Torjon, mein alter Freund. Ihr und Euer Volk braucht keine Furcht zu hegen. Wir bieten Euch und den Bewohnern von Kuhlidorf das große Gästehaus unter dem Goldenen Bergfried an. Dort könntet Ihr alle unterbringen. Was haltet Ihr davon?“

      Der alte Zwerg ließ sich die Worte des Magiers durch den Kopf gehen, er nickte und dem Zauberer mit pathetischer Stimme antwortete: „Ja, das ist eine sehr gute Idee. Und ich verspreche Euch, sollte es zum Äußersten kommen, werden wir an Eurer Seite kämpfen und sterben. Für Alplanden und unsere Königin!“

      „Für Alplanden und unsere Königin!“, stimmten die anderen in der Runde ein.

      „Ihr dürft nun gehen“, bestimmte Aluanda. „Außer Lord Harbor, Marcel und Strewberry. Ihr drei bleibt zur weiteren Unterredung noch hier.“

      Nach und nach verließen die Anwesenden den Thronsaal bis nur noch die Königin, der Magier Octurian und die drei angesprochenen Männer im Raum waren.

      „Ich möchte mit euch Dreien die letzten Details Eurer Mission besprechen“, sagte sie. „Der Trupp, der Euch begleitet und beschützt, Marcel fasst 40 Mann. Das ist die höchste Zahl, die ich Euch entbehren kann. Ihr verlasst die Burg über das Osttor. Dann folgt den Pfad bis zur Meidesbrücke. Dort haltet Ihr Euch gen Westen und folgt den Pfad von Bembardos. Dieser sollte Euch binnen drei Tage auf die Gipfel des Sarangebirges bringen. Erneuert das vor Jahrtausenden erschaffene Bündnis, welches mein Vorgänger König Rowentorian der Erste und der Anführer der Drachen Zupandrak geschlossen haben. Wir wissen, dass die Nachfolger dieses Bündnisses viel dafür getan haben, dass wir nur noch Bruchstücke dieses Bundes vorweisen können und wir bereuen uns es zutiefst. Reicht dem Führer der Drachen dieses Amulett. Es wurde vor 40 Jahren von Sir Faljon den Drachen aus ihrer Schatzkammer entwendet. Ich kann nicht rückgängig machen, was geschehen ist, doch ich möchte Frieden schließen mit unseren Freunden aus alter Zeit. Nicht nur in Zeiten der Gefahr und Not, sondern in Zeiten des Friedens. Überreicht ihnen unsere guten Wünsche und kehrt hoffentlich mit froher Kunde heim, Marcel. Ganz Alplanden bangt mit Euch über den guten Ausgang Eures


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