INQUISITOR MICHAEL INSTITORIS 1 - Teil Zwei. Eberhard Weidner

INQUISITOR MICHAEL INSTITORIS 1 - Teil Zwei - Eberhard Weidner


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des Fernsehgeräts drang wie eine gespenstische Aufnahme aus dem Reich der Toten.

      »Hör mir jetzt mal gut zu, Schott«, sagte König, dessen eindrucksvolle Erscheinung in einem seiner gewohnten pastellfarbenen Anzüge unverwechselbar war. »Mir reißt nämlich bald der Geduldsfaden bei der ganzen Scheiße, die du mir erzählst. Ich kann auch andere Saiten aufziehen, das kannst du mir ruhig glauben. Nicht alle Geschichten, die man sich über die Inquisition und diese Kellerräume erzählt, sind erfunden oder übertrieben. Also überleg es dir besser zweimal, ob du so weitermachen willst.«

      Schott, der am selben Platz saß, den Michael nun einnahm, und dessen dürrer Körper neben der massigen Statur des Inquisitors wie ein Strichmännchen aussah, hob beide Hände in einer hilflos wirkenden Geste, kam jedoch nicht weit, weil er mit Handschellen an den Tisch gefesselt war.

      Wie der Rest des Gebäudes waren die Verhörräume bis gestern Nacht gegen jeglichen Einsatz von Magie und Zauberei abgeschirmt gewesen. Der Inquisitor, der das Verhör führte, hatte daher nicht befürchten müssen, dass Schott seine magischen Kräfte einsetzen könnte. Aber spätestens als Michael wenig später in den Verhörraum gekommen war, war dieser schützende Bann aufgehoben gewesen, da der Magier ihn mit dem Hitzestrahl angegriffen hatte. Außerdem hatte zuvor bereits die Zauberin im Erdgeschoss ihre rotierenden Blitze auf ihn schleudern können.

      Beiläufig fragte sich Michael, ob die Bannsprüche, die ein unerlaubtes Eindringen der Luziferianer ins Gebäude verhindern und im Innern an der Ausübung ihrer magischen Fähigkeiten oder am Ändern ihrer körperlichen Erscheinung hindern sollten, inzwischen wiederhergestellt oder noch inaktiv waren. Er beschloss, Becker später zu fragen, und verfolgte fürs Erste weiter konzentriert das aufgezeichnete Verhör.

      »Ich kann Ihnen doch nichts sagen, was ich selbst nicht weiß«, jammerte der Magier beschwörend. »Ich bin nur ein klitzekleines Licht, ein winziges Rädchen im Getriebe. Man sagt mir nur, was ich zu tun habe und wann ich es tun soll, aber kein Sterbenswörtchen mehr. Bitte glauben Sie mir das endlich!«

      König schüttelte den kantigen Schädel mit dem weißblonden Bürstenschnitt. »Genau das fällt mir schwer, Schott. Ein Magier deines Kalibers ist doch kein reiner Befehlsempfänger. Und selbst wenn dir dieses Mal wirklich niemand erzählt hat, worum es bei der Sache ging, musst du doch irgendwelche Gerüchte gehört haben. Erzähl mir schon irgendetwas, das ich an meine Vorgesetzten weiterleiten kann. Ansonsten kann ich meine bisherige Freundlichkeit dir gegenüber nicht länger rechtfertigen und muss zu drastischeren Methoden greifen, so ungern ich das tun würde. Aber du lässt mir ja keine andere Wahl, obwohl …«

      Der Inquisitor verstummte, als von außen laut gegen die Tür geklopft wurde. »Herein!«, rief er, runzelte die Stirn und wandte sich zur Seite, um zu sehen, wer an der Tür war. Mit einer Unterbrechung des Verhörs hatte er scheinbar nicht gerechnet.

      Die Tür wurde geöffnet, und ein Mann trat ein.

      Michael traute seinen Augen nicht, als er sein eigenes Abbild auf dem Bildschirm sah. Für einen Moment flimmerte die kleine Gestalt vor seinen Augen, aber er war sich nicht sicher, ob es an der Aufnahme lag oder seine Sehkraft aufgrund des Schocks einen Aussetzer hatte, da sich die Erscheinung sofort wieder stabilisierte. Trotzdem konnte Michael nichts von dem glauben, was er mit eigenen Augen sah, denn als er das Verhörzimmer in Wirklichkeit betreten hatte, war König längst tot gewesen und hatte Schott nicht mehr gefesselt am Tisch gesessen. Doch obwohl er wusste, dass das Ganze eine, wenn auch ziemlich raffinierte Fälschung war, zog ihn das weitere Geschehen in seinen Bann und fesselte seine Aufmerksamkeit.

      Der Neuankömmling betrat das Verhörzimmer und schloss die Tür. Seit Königs »Herein« hatte sich alles in absoluter Lautlosigkeit abgespielt, als hätte jeder der drei Männer vor Überraschung die Luft angehalten und keinen Ton herausgebracht. Doch Michael vermutete, dass es andere Gründe für die gespenstische Stille geben musste. Da das Band so offensichtlich manipuliert worden war, hatte man unter Umständen verräterische Äußerungen der Beteiligten entfernen müssen. Vielleicht hatte König oder Schott den richtigen Namen des Mannes genannt, der den Raum betreten hatte.

      Michael, der seinen eigenen Körper am besten kannte, hatte sofort bemerkte, dass die Person zwar seinen Kopf hatte und die gleiche Kleidung trug wie er, der Körper sich jedoch in grundlegenden Details von seinem eigenen unterschied. Die Gestalt erschien ihm geringfügig kleiner, dafür etwas massiger zu sein. Auch die Proportionen von Hals und Kopf stimmten nach Michaels Überzeugung nicht hundertprozentig überein. Aber vor allem die Körperhaltung war ihm fremd und bewies in seinen Augen am deutlichsten, dass er es hier nicht mit Aufnahmen von sich selbst zu tun hatte, sondern dass sein Kopf auf den Körper eines anderen Mannes kopiert worden war, der wie er gekleidet war und dessen körperliche Erscheinung seiner eigenen ähnelte. Doch für andere waren diese winzigen Abweichungen vermutlich nicht so leicht erkennbar. Sie sahen sein Gesicht, und damit war die Sache für sie glasklar.

      Nach der kurzen Phase absoluter Lautlosigkeit waren wieder Geräusche zu hören. Die Kette von Schotts Handschellen klirrte leise, als würden seine Hände vor unterdrückter Erregung zittern. Kurz darauf scharrte ein Fuß geräuschvoll über den Boden, bevor Inquisitor Königs lautes Organ zu hören war und jegliches andere Geräusch übertönte: »Entschuldige bitte, aber was hat dich hierher verschlagen? Ich führe hier gerade eine Befragung durch, wie du unschwer erkennen kannst. Kann ich dir irgendwie behilflich sein?«

      Königs Worte ließen vermuten, dass er den Besucher gut genug kannte, um ihn mit dem vertraulichen Du anzusprechen. Allerdings wusste Michael, dass König nicht viel von übertriebener Förmlichkeit gehalten und fast jeden geduzt hatte, sofern es sich nicht um einen Vorgesetzten oder den Papst persönlich gehandelt hatte. Dennoch verstärkte dieses unscheinbare Detail möglicherweise die beabsichtigte Wirkung auf einen aufmerksamen Zuschauer, da es bekannt war, dass der Leiter des Bereitschaftsdienstes und Michael sich kannten und duzten.

      Der Neuankömmling sagte kein einziges Wort, sondern zog in einer fließenden Bewegung eine Pistole aus einem Holster unterhalb der linken Achsel – exakt dort, wo es auch Michael trug.

      »He, lass den Unsinn!«, rief König und hob abwehrend die linke Hand, sodass die Handfläche in Richtung der Pistolenmündung wies, als könnte er damit die Projektile aufhalten. »Was immer er dir angetan hat – er ist nur ein Stück Scheiße und es nicht wert, dass du ihn abknallst und damit deine Karriere ruinierst. Also nimm die Waffe runter.«

      »Sieh nach vorn, König!« Die Stimme des Mannes mit Michaels Gesicht war nur ein Flüstern und daher nicht identifizierbar.

      König schien den Ernst der Situation erkannt zu haben. Er gehorchte und drehte den Kopf, bis er nach vorn zu seinem Gefangenen sah. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, als der Bewaffnete mit einem raschen Schritt hinter ihn trat, die Pistole hob und schoss.

      Das Donnern des Schusses war so laut, dass es Königs Worte auslöschte. Die Kugel stanzte ein Loch in seinen Hinterkopf und riss beim Austritt den größten Teil seines Gesichts weg. König war auf der Stelle tot, auch wenn seine Arme und Beine noch ein paar Sekunden lang zuckten. Das kantige Kinn sackte auf die Brust, und jegliche Bewegung seines massigen Körpers erstarrte, während Blut und Gewebeteile in seinen Schoß und zu Boden tropften und begannen, eine dunkle Lache auf den hellen Fliesen zu bilden.

      Der Magier hatte sich instinktiv aus der Schusslinie geduckt, sodass die Kugel, nachdem sie Königs Schädel passiert hatte, über ihn hinweg sauste und sich in die Wand bohrte. Jetzt starrte er verblüfft auf den toten Mann vor ihm und anschließend auf den Neuankömmling mit der Schusswaffe, als könnte er nicht glauben, was er mit angesehen hatte.

      Auch Michael hatte unwillkürlich die Luft angehalten, als der vorhersehbare, aber in seiner Plötzlichkeit und Brutalität dennoch überraschende Angriff erfolgt war. Er ließ den angehaltenen Atem zischend entweichen, als er König exakt so dasitzen saß, wie er ihn später vorgefunden hatte.

      Der Mörder mit Michaels Gesicht steckte seelenruhig die Waffe weg. Er hatte bislang nur vier flüsternde Worte gesprochen und hüllte sich in Schweigen. Er sah zu Schott, der den Blick erwiderte und den Mund öffnete. Doch was immer der Magier sagen wollte, erfuhren die Zuschauer nicht, da die makabre Aufnahme in diesem Moment


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