Wallenstein. Friedrich Schiller
des Dörfleins lustigen, grünen Auen,
Die Traubenlese, den Erntekranz
Muß er wandernd von ferne schauen.
Sagt mir, was hat er an Gut und Wert,
Wenn der Soldat sich nicht selber ehrt?
Etwas muß er sein eigen nennen,
Oder der Mensch wird morden und brennen.
ERSTER ARKEBUSIER.
Das weiß Gott, 's ist ein elend Leben!
ERSTER KÜRASSIER.
Möchts doch nicht für ein andres geben.
Seht, ich bin weit in der Welt rumkommen,
Hab alles in Erfahrung genommen.
Hab der hispanischen Monarchie
Gedient und der Republik Venedig
Und dem Königreich Napoli,
Aber das Glück war mir nirgends gnädig.
Hab den Kaufmann gesehn und den Ritter,
Und den Handwerksmann und den Jesuiter,
Und kein Rock hat mir unter allen
Wie mein eisernes Wams gefallen.
ERSTER ARKEBUSIER.
Ne! das kann ich eben nicht sagen.
ERSTER KÜRASSIER.
Will einer in der Welt was erjagen,
Mag er sich rühren und mag sich plagen,
Will er zu hohen Ehren und Würden,
Bück er sich unter die goldnen Bürden.
Will er genießen den Vatersegen,
Kinder und Enkelein um sich pflegen,
Treib er ein ehrlich Gewerb in Ruh.
Ich – ich hab kein Gemüt dazu.
Frei will ich leben und also sterben,
Niemand berauben und niemand beerben,
Und auf das Gehudel unter mir
Leicht wegschauen von meinem Tier.
ERSTER JÄGER.
Bravo! Just so ergeht es mir.
ERSTER ARKEBUSIER.
Lustiger freilich mag sichs haben,
Über anderer Köpf wegtraben.
ERSTER KÜRASSIER.
Kamerad, die Zeiten sind schwer,
Das Schwert ist nicht bei der Waage mehr;
Aber so mag mirs keiner verdenken,
Daß ich mich lieber zum Schwert will lenken.
Kann ich im Krieg mich doch menschlich fassen,
Aber nicht auf mir trommeln lassen.
ERSTER ARKEBUSIER.
Wer ist dran schuld, als wir Soldaten,
Daß der Nährstand in Schimpf geraten?
Der leidige Krieg, und die Not und Plag
In die sechzehn Jahr schon währen mag.
ERSTER KÜRASSIER.
Bruder, den lieben Gott da droben,
Es können ihn alle zugleich nicht loben.
Einer will die Sonn, die den andern beschwert,
Dieser wills trocken, was jener feucht begehrt.
Wo du nur die Not siehst und die Plag,
Da scheint mir des Lebens heller Tag.
Gehts auf Kosten des Bürgers und Bauern,
Nun wahrhaftig, sie werden mich dauern;
Aber ich kanns nicht ändern – seht,
's ist hier just, wies beim Einhaun geht,
Die Pferde schnauben und setzen an,
Liege wer will mitten in der Bahn,
Seis mein Bruder, mein leiblicher Sohn,
Zerriß mir die Seele sein Jammerton,
Über seinen Leib weg muß ich jagen,
Kann ihn nicht sachte beiseitetragen.
ERSTER JÄGER.
Ei, wer wird nach dem andern fragen!
ERSTER KÜRASSIER.
Und weil sichs nun einmal so gemacht,
Daß das Glück dem Soldaten lacht,
Laßts uns mit beiden Händen fassen,
Lang werden sies uns nicht so treiben lassen.
Der Friede wird kommen über Nacht,
Der dem Wesen ein Ende macht;
Der Soldat zäumt ab, der Bauer spannt ein,
Eh mans denkt, wirds wieder das alte sein.
Jetzt sind wir noch beisammen im Land,
Wir haben's Heft noch in der Hand,
Lassen wir uns auseinander sprengen,
Werden sie uns den Brotkorb höher hängen.
ERSTER JÄGER.
Nein, das darf nimmermehr geschehn!
Kommt, laßt uns alle für einen stehn.
ZWEITER JÄGER.
Ja, laßt uns Abrede nehmen, hört!
ERSTER ARKEBUSIER ein ledernes Beutelchen ziehend, zur Marketenderin.
Gevatterin, was hab ich verzehrt,
MARKETENDERIN.
Ach! es ist nicht der Rede wert!
Sie rechnen.
TROMPETER.
Ihr tut wohl, daß ihr weiter geht,
Verderbt uns doch nur die Sozietät.
Arkebusiere gehen ab.
ERSTER KÜRASSIER.
Schad um die Leut! Sind sonst wackre Brüder.
ERSTER JÄGER.
Aber das denkt wie ein Seifensieder.
ZWEITER JÄGER.
Jetzt sind wir unter uns, laßt hören,
Wie wir den neuen Anschlag stören.
TROMPETER.
Was? wir gehen eben nicht hin.
ERSTER KÜRASSIER.
Nichts, ihr Herrn, gegen die Disziplin!
Jeder geht jetzt zu seinem Korps,
Trägts den Kameraden vernünftig vor,
Daß sies begreifen und einsehn lernen.
Wir dürfen uns nicht so weit entfernen.
Für meine Wallonen sag ich gut.
So, wie ich, jeder denken tut.
WACHTMEISTER.
Terzkas Regimenter zu Roß und Fuß
Stimmen alle in diesen Schluß.
ZWEITER KÜRASSIER stellt