An den Ufern des Nebraska. Lennardt M. Arndt

An den Ufern des Nebraska - Lennardt M. Arndt


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Gesichter Firehands, Mrs. Smith‘ und Mr. Wallace‘ waren mehr als beredt.

      Wir setzten uns alle wieder hin und die neu hinzugekommenen wurden vorgestellt. Dass sich jetzt eine Dame am Tisch befand, war für die ziemlich rauen Burschen etwas Neues, wie es auch überhaupt ziemlich ungewöhnlich war. Aber an diesem besonderen Abend, war das allenfalls eine Randnote.

      Ich konnte mein Glück gar nicht fassen und so kam es, dass ich den weiteren Gesprächen nicht richtig folgte. Der Abend verging und ich ging mit Mr. Wallace und ... Mrs. Smith nach Hause.

      Anscheinend hatte ich, da ich in den letzten Wochen ausschließlich mit meinen eigenen Problemen beschäftigt war, so einiges nicht mitbekommen. Natürlich in erster Linie, dass Mr. Wallace offensichtlich, seit er mir die Wahrheit über meine Herkunft erzählt hatte, geplant hatte, was heute Abend auch für mich offenbar wurde. Nämlich, dass ich mich auf eigene Faust auf die Suche machen sollte und dazu bei den richtigen Leuten die nötigen Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben sollte.

      Darüber hinaus hatte ich aber auch nichts davon bemerkt, dass er und Mrs. Smith sich nähergekommen waren. Hatte er doch endlich seine Scheu überwunden? Es musste wohl so sein, denn er führte sie ja soeben am Arm, mich im Schlepptau, die Firestreet entlang. Als wir an unserem Haus ankamen, meinte er, ich solle schon einmal hineingehen, er werde nur noch Mrs. Smith nach Hause begleiten.

      Ich verabschiedete mich also von ihr und sie lächelte mir noch einmal zu und sagte:

      „Ich freue mich so für dich, Leo, dass du dem so großen Wunsch nun einen Schritt nähergekommen bist, deine Familie suchen zu können. Ich hoffe für dich, dass die Deinen noch am Leben sind und dass du sie findest. Aber bitte pass‘ auf dich auf! Ich würde mich freuen, dich bald gesund und wohlbehalten wieder hier zu haben!“

      Ich dankte ihr von ganzem Herzen und hatte auch gar nichts dagegen, dass sie von Mr. Wallace offensichtlich eingeweiht worden war. Ich fragte mich, welchen Anteil sie wohl daran hatte, dass alles so gekommen war. Ich ging also hinein und ließ die beiden allein.

      Als ich zu Bett ging, gingen mir doch noch die Gespräche dieses Abends bei Mother Thick‘s durch den Kopf. Ich hatte mich zwar nicht mehr an diesen beteiligt, aber wohl doch alles erfasst.

      Jedenfalls konnte ich mich nun, allein in meinem Zimmer, des Inhaltes der Unterhaltung erinnern. Es war auffällig, dass kein Wort über mein „Vermächtnis“, wie Firehand sich ausgedrückt hatte, am Tisch geäußert worden war. Mr. Wallace, Firehand und Mrs. Smith schienen in stillem Einverständnis darüber zu sein, dass die Gründe für meine „Ausbildung“ zum Jäger und Prairieläufer im Privaten bleiben sollten und dafür war ich ihnen dankbar.

      Niemand brauchte zu wissen, was in meiner Familie vorgefallen war. Das konnte ich gut mit mir allein ausmachen. Wie ich nun wusste, gab es außer Mr. Wallace, meinem Ziehvater, noch zwei weitere Personen, die in diese Geschehnisse eingeweiht waren und beide hatten schon bewiesen, dass sie diese Dinge für sich behalten würden. Wenn ich darüber reden wollte, hätte ich wohl in allen dreien Menschen, zu denen ich Vertrauen haben konnte.

      Des Weiteren war besprochen worden, dass es, bis zu unserem Aufbruch, nur noch wenige Tage sein würden. Firehand wollte noch auf zwei weitere Kameraden warten, deren Kommen für den nächsten Freitag, also in drei Tagen erwartet wurde. Ihnen würde dann noch ein Tag zum Ausruhen gegönnt und dann sollte es losgehen.

      Er hatte sich für den nächsten Morgen angekündigt, um mich „standesgemäß“ auszustatten, wie er sich ausdrückte. Ich rechnete damit, dass er früh hier sein werde und zwang mich daher nun endlich zu schlafen.

      Wie ich berechnet hatte, so geschah es; Firehand hatte mit Mr. Wallace vereinbart, ein gemeinsames Frühstück einzunehmen und mich dann zum Einkauf mitzunehmen. Also war er bereits gegen sieben Uhr gekommen und so beeilte ich mich, auch fertig zu werden und am Frühstück teilzunehmen.

      Als ich den Speiseraum betrat, stand Firehand von seinem Stuhl auf und begrüßte mich mit Handschlag. Als ich mich gesetzt hatte, fragte er:

      „Und? Hast du nach diesem sicher aufregenden Abend gut geschlafen?“

      Ich bejahte dies und fragte neugierig:

      „Was für Einkäufe werden wir denn heute erledigen, Mr. Firehand?“

      „Nun das kommt ganz darauf an, mein Junge.“

      „Auf was kommt es an?“

      „Darauf, ob du Schießen und Reiten kannst. Wir werden dich heute ein bisschen prüfen und nach dem Ergebnis dieser Prüfungen, werden wir handeln. Also, dich ausstaffieren. Lediglich deine Kleidung ist von keiner Prüfung abhängig. Hier brauchen wir etwas Haltbares, Robustes. Also am besten Lederkleidung. So wie meine Kameraden und ich sie auch tragen. Dann siehst du jedenfalls schon mal aus, wie einer von uns.“

      „Schießen und Reiten, … nun ich denke, da kann ich es auf eine Probe ankommen lassen. Habe zwar noch keinen Mustang13 geritten, aber die Pferde der hiesigen Farmer haben mich jedenfalls nicht abgeworfen. Das Schießen wird schon werden, habe ein gutes Gefühl für das Zielen. Jedenfalls treffe ich mit meinem alten Bowie-Knife im Wurf jedes erreichbare Ziel. Gleiches gilt für meine alte Zwille, mit der wir immer am Fluss Ungeziefer jagen. Warum sollte es nicht auch mit einem Revolver oder einem Gewehr klappen?“

      „Hoho,“ machte Firehand, „willst doch wohl nicht aufschneiden?“ Er sah mich fragend an. „Bisher hatte ich nicht den Eindruck, dass du ein Gernegroß seist. Ich denke also, dass du es Ernst meinst, mit deinen Worten.“

      „Mr. Firehand, das Aufschneiden ist nicht meine Sache. Ich habe ja auch nur gemeint, dass ich mit den Waffen, die ich bisher gehandhabt habe, gute Ergebnisse erzielen konnte. Mir ist durchaus bewusst, dass das Schießen mit einem Gewehr oder einem Revolver etwas ganz Anderes ist. Genauso wie das Reiten eines Mustangs gegenüber dem eines Farmergauls.“

      „Recht so, Junge! Aber du liegst schon richtig damit, nicht verzagt an diese Prüfungen heranzugehen. Es soll ja auch kein Examen stattfinden, sondern lediglich festgestellt werden, wie du dich mit Schusswaffen und beim Reiten verhältst. Meister fallen selten vom Himmel, was natürlich nicht heißen soll, dass es mich nicht freute, falls du eine gute Probe machtest.“

      Mr. Wallace lächelte zu alldem nur und schien zu wissen, dass ich mich vor Old Firehands Augen nicht blamieren würde. Er sagte:

      „Mr. Firehand, ich bin sicher, das Leo Euch keine Schande machen wird. Habt Ihr denn schon die passenden Örtlichkeiten für Eure Proben gefunden?“

      „Yes, of course. Wenn man die Stadt in nördlicher Richtung durchquert, befindet sich kurz vor dem Stadtrand auf der rechten Seite der Durchgangsstraße ein Pferdehandel, der bei uns Prairieläufern einen guten Namen hat.

      Jos Masterson ist zwar ein Schlitzohr, das seinen Vorteil kennt aber er hat gute Ware und ist bereit, Leo einen Proberitt auf einem guten Pferd machen zu lassen.

      Sodann werden wir den guten alten Gunsmith14 auf der Highstreet aufsuchen. Mr. Heintz verfügt über die neuesten 1848‘er Sharps-Karabiner. Hinterlader mit Fallblocksystem und papierummantelten Patronen. Sehr gute Jagd- und Verteidigungswaffen. Spiele selbst mit dem Gedanken, mir ein solches Gewehr zuzulegen.“

      „Aber wie soll ich das alles denn bezahlen?“, fiel ich ein, „Habe zwar gutes Geld bei Mrs. Thick in den letzten Wochen verdient, aber das reicht höchstens für den Anzug, nicht aber auch noch für eine gute Bewaffnung und dafür, mich beritten zu machen.“

      „Junge,“ meinte da Mr. Wallace, „das lass‘ mal mich machen. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich dich mit diesen Jägern und Prairieleuten losziehen lasse, ohne dich ordentlich auszustatten.“

      Als ich darauf etwas erwidern wollte, bedeutete er mich, zu schweigen.

      „Keine Widerrede! Habe so einiges an dir gut zu machen. Habe viel zu lang geschwiegen und bin untätig gewesen, das muss nun anders werden. Zwar wirst du in einigen Monaten erst sechzehn, doch Mr. Firehand und Mrs. Smith meinten, du seist reif genug, es


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