Veyron Swift und die Allianz der Verlorenen. Tobias Fischer

Veyron Swift und die Allianz der Verlorenen - Tobias Fischer


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mehrfach, die Pläne des Dunklen Meisters zu durchkreuzen. Ich erfuhr, dass Ihr dabei stets Gebrauch von Eurem schnellen Intellekt machtet, ebenso von der Fähigkeit, mehr in den Dingen zu sehen als alle anderen. Wenn es jemandem gelingen kann, den Attentäter des Dunklen Meisters aufzuspüren, dann Euch«, sagte sie entschlossen. »Als Gegenleistung werde ich Euch mit allem entlohnen, wonach es Euch verlangt. Kein Preis soll mir zu hoch sein, sofern ich ihn erbringen kann. Morgen werde ich nach Elderwelt zurückkehren. Bis dahin habt Ihr Zeit, über mein Angebot nachzudenken.« Die Seelenkönigin erhob sich und stolzierte zum Ausgang.

      »Ich finde Euch unten im Hafen von Dover, nehme ich an«, rief ihr Veyron hinterher.

      Überrascht blieb die Seelenkönigin stehen und drehte sich zu ihm um. »Woher nehmt Ihr dieses Wissen?«, fragte sie.

      Tom glaubte, eine Spur Misstrauen herauszuhören.

      »Die Nummernschilder des Polizeiautos stammen aus Dover. Die beiden Constables haben dort Lastwagen überprüft, die vom Kontinent herüberkamen. Das Klemmbrett mit einer Überprüfungsliste auf dem Armaturenbrett spricht eine eindeutige Sprache. Ich nehme an, Ihr besitzt die volle Kontrolle über die Gedanken der beiden Männer?«

      »Sie sind meine Sklaven«, bestätigte die Seelenkönigin kalt, dann gestattete sie sich ein zufriedenes Grinsen. »Meine Wahl war richtig, was Euch betrifft. Ich hätte natürlich Euren Verstand ebenso übernehmen können, doch brauche ich Euren Geist frei und unabhängig. Den Verstand Eures vorlauten Mündels schützt dagegen ein mächtigerer Zauber, als ich ihn besitze. Leider. Lebt wohl, Veyron Swift.« Mit diesen Worten wandte sie sich um und verschwand nach draußen.

      Kaum war sie fort, wurde es merklich wärmer in der Wohnung. Tom musste erst einmal tief durchatmen. Ganz klar: Dieses Weibsbild stellte ihnen eine Falle. Nie und immer durften sie sich auf diesen Handel einlassen. Sie sollten die Simanui warnen und auch sonst alle Freunde und Verbündeten in Elderwelt. »Okay, was tun wir jetzt gegen dieses Miststück?«, fragte er in Veyrons Richtung.

      Der reagierte zunächst in keiner Weise, sondern saß einfach nur wie eingefroren da. »Gar nichts«, entschied er nach einer Weile.

      Tom wollte das nicht glauben. »Das war die Seelenkönigin, eine der Sieben Schatten. Erst letztes Jahr hatten wir es mit dem Schattenkönig zu tun. Sie wissen doch am besten, dass dieser Mistkerl meine Eltern hat ermorden lassen. Diese falsche Schlange ist keinen Deut besser!«, schimpfte er.

      Veyron blieb ganz gelassen. »Emotionen sind stets ein schlechter Ratgeber, Tom«, meinte er. »Ich zweifle nicht daran, dass die Seelenkönigin uns die Wahrheit sagte. Zudem tut sich uns hier eine einzigartige Chance auf. Wir könnten mehr über die Schatten erfahren als jemals jemand zuvor.«

      Verzweifelt schüttelte Tom den Kopf. Dieses Teufelsweib musste seinen Paten irgendwie verhext haben. Das konnte doch nie und nimmer sein Ernst sein! »Veyron, wir dürfen diesen Auftrag nicht annehmen«, sagte er mit aller aufzubringenden Geduld. »Selbst wenn es wahr sein sollte, was sie sagt, bleibt sie immer noch eine der Sieben Schatten. Sie ist eine Tyrannin, die ohne Rücksicht jeden in einen willenlosen Sklaven verwandelt, wenn es ihren Zwecken dient. Wenn wir ihr helfen, dann stellen wir uns gegen alles, für das wir bisher gekämpft haben. Das würde uns zu Verrätern an der Sache des Lichts machen.«

      »Wir könnten lernen, wie genau die Verbindung zwischen den Schatten und dem Dunklen Meister funktioniert, und wie er seine Kraft auf die Schatten überträgt. Das könnte uns eines Tages einen ganz enormen Vorteil verschaffen«, konterte Veyron, als hätte er Toms Worte eben gar nicht gehört.

      Tom musste tief durchatmen. Natürlich war Veyrons Standpunkt verständlich, aber seiner Meinung nach überschritten sie hier eine Grenze, die sie nicht überschreiten sollten. Es fühlte sich einfach falsch an, der Seelenkönigin zu helfen. Nie und nimmer käme er auf die Idee, einem Tyrannen gegen einen anderen Tyrannen beizustehen. Das war purer Opportunismus. »Okay, Sie können sich ja zum Dienstboten dieser dunklen Königin machen, aber ich nicht. Wenn Sie diesen Auftrag annehmen, dann ohne mich. Ich mache da nicht mit!«, verkündete er laut.

      Veyron zuckte kurz zusammen und musterte Tom interessiert. »Da bist du fest entschlossen?«

      »Felsenfest. Veyron, wir sollten uns lieber darum kümmern, der Herkunft dieses Schwarzen Manifests auf die Spur zu kommen. Damit wäre viel mehr Menschen geholfen, als dieser falschen Schlange einen Gefallen zu erweisen. Außerdem ist nicht gesagt, dass dies alles am Ende nicht doch eine Falle ist, um uns nach Elderwelt zu locken. Wir können – nein, wir dürfen dieser Frau nicht vertrauen. Ich werde Ihnen da auf keinen Fall helfen, wenn Sie das wirklich durchziehen wollen.«

      Veyron lehnte sich in die Polster seines Sessels zurück und schloss kurz die Augen. »Ja, vielleicht hast du recht. Es wäre nur schade um die verpasste Gelegenheit …«

      »Nein, Veyron«, unterbrach ihn Tom. Nach fast drei Jahren mit Veyron Swift unter einem Dach wusste Tom genau, wie stur der Mann sein konnte, und dass er immer wieder versuchen würde, ihn von seinem Standpunkt zu überzeugen. »Ich mache da nicht mit, Gelegenheit hin, Gelegenheit her. Das ist mein letztes Wort.«

      Veyron lächelte gutmütig. Ihm schien klar zu sein, dass sich Tom in dieser Sache keinesfalls überzeugen ließ. »Am besten ist, wir schlafen noch einmal darüber. Die Nacht war aufregend genug, und ich will nicht ausschließen, dass ich in diesem Fall dazu neige, meiner Neugier im ungesunden Maße nachzugeben. Wir sehen uns zum Frühstück. Ich will noch ein paar Informationsquellen aussortieren. Vielleicht kann ich mich auf diese Weise ein wenig ablenken. Um das Schwarze Manifest kümmern wir uns noch, soviel ist sicher. Schlaf gut.«

      Er stand auf, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und trat hinaus auf den Flur. Tom lauschte seinen flinken Schritten, wie sie die Treppe hinaufhuschten und dann den Weg in Richtung Arbeitszimmer einschlugen. Ganz gleich, was Veyron ihm weismachen wollte: Das Thema Seelenkönigin war alles andere als abgeschlossen. Morgen würde die Diskussion in die nächste Runde gehen.

      2. Kapitel: Auf dem Pfad des Grafen

      Es war neun Uhr morgens, als es an der Tür klingelte. Zu diesem Zeitpunkt war Jane Willkins gerade erst vor zwei Stunden ins Bett gegangen. Natürlich hatte es nach der Verhaftung von Henry Fowler noch einige Arbeit auf dem Revier gegeben. Es geschah ja nicht jeden Tag, dass man einen gemeingefährlichen Serienmörder verhaften konnte.

      Es klingelte erneut, diesmal länger. Den Unbekannten vor der Tür verfluchend rappelte sich Jane auf und zupfte ihr Nachthemd zurecht. Schlaftrunken wankte sie in Richtung Tür. Fest entschlossen, dem Störenfried eine ganze Reihe übler Beschimpfungen entgegenzuschleudern, nahm sie den Hörer von der Gegensprechanlage. »Ja?«

      Jane wohnte im vierten Stock eines für Ealing typischen großen Wohnblocks. Sie würde also noch etwas Zeit haben, richtig wach zu werden, bis ihr Besucher den Weg von der Haustür bis hier herauf hinter sich gebracht hätte.

      »Ich stehe schon vor der Tür, Willkins«, drang ein paar Meter weiter die Stimme des unerwünschten Besuchers gedämpft durch die Wohnungstür.

      Jane verdrehte die Augen. Veyron Swift, wer sonst? Murrend machte sie auf und funkelte Veyron übellaunig an. »Es ist Samstagmorgen, verdammt!«

      »Der fünfzehnte März, um genau zu sein. Morgen Nacht ist Vollmond«, erwiderte er mit einem Unschuldsblick, der seinesgleichen suchte.

      »Nett, dass Sie mich daran erinnern«, gab sie bissig zurück. »Genau deswegen hatte ich nur sehr wenig Schlaf. Ich kann mich nämlich nicht einfach so wie Sie verdrücken, wenn ein Täter geschnappt wurde.«

      »Hatten Sie nicht einmal erwähnt, Sie wären eher der nachtaktive Mensch?«, fragte er mit gespielter Verwunderung.

      Jane schüttelte grummelnd den Kopf. »Kann schon sein. Bei Ihnen muss man aufpassen, was man sagt. Sie vergessen ja nie etwas, nicht einmal die geringste Kleinigkeit. Also, was wollen Sie?«

      »Das tut mir leid. Ich wollte Sie nicht vor den Kopf stoßen. Es ist nur … nun, wie sage ich das am besten …«, raunte er und blickte an die Decke,


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