BESESSENHEIT. Kiki Abers
verkloppt hat, oder, dass Antek von den Walczaks dem Hausmeister ein Kaninchen geklaut hat. Noch schlimmer war es für ihn, die Nachbarinnen zu hören, wie sie sich über ihre Ehemänner und die Kinder furchtbar beklagten. Nein, das war nicht seine Welt, er war zu Besserem geschaffen, davon war er schon seit jungen Jahren überzeugt. Er hörte sehr gern Musik und mochte auch singen, oft imitierte er Elvis Presley.
Seit seiner Kindheit war er mit Maja, der Nachbarstochter, dick befreundet. Sie spielten zusammen mit den Puppen, denen er verschiedene Frisuren nach seinen Ideen machte.
Maja hatte sehr lange Zöpfe, und er liebte es, ihre Haare zu kämmen.
Einmal beschloss er, ihr eine neue Frisur zu machen, die gleiche, wie sie sein Idol, ein Rockstar, trug. Er hat ihr die Zöpfe abgeschnitten und mit Hilfe des Gels, das er heimlich vom Salönchen nahm, die Haare geformt. Leider, niemand hat sein Werk geschätzt. Die Mutter von Maja hätte beim Anblick ihrer Tochter beinah einen Herzinfarkt bekommen, und Marians Vater verpasste ihm eine Tracht Prügel in dem Glauben, dass solche Erziehungsmethode die beste wäre.
Immer, wenn Marian Unfug getrieben hat, war der Gürtel im Einsatz.
- Ich werde dich schon zu einem guten Menschen erziehen. – sprach dann immer sein Vater, er wollte es doch gut machen.
Sein Vater hat ihn auch so erzogen und wie man sah, mit einem guten Resultat.
Immer, wenn Marian es vom Vater gekriegt hat, spürte er Hass gegen ihn und hatte Rache geschworen, wenn er erwachsen sein würde.
Beide Eltern wunderten sich, warum er nicht so, wie andere Knaben, spielte. Anstatt mit den Kumpels zu laufen oder Fußball spielen, befasste er sich mit den Puppen von Janna, frisierte sie und nähte für sie Kleider. Auch die Nachbarn, die ihn immer beim Spielen mit Maja sahen, wunderten sich und fingen an zu tratschen.
-Vielleicht ist Marian in Wirklichkeit ein Mädchen, und die Kwiateks ziehen ihn nur so an? Aber warum sollten sie so etwas tun? Aus welchem Grund? Nein, es muss etwas daran sein! – sprachen die neugierigen Malinowskis zuhause.
Ihr Sohn Bartek hörte das Gespräch und beschloss, die ganze Sache genau zu klären. Er besprach es mit seinem Kumpel, zusammen machten sie einen Plan des Vorgehens, und eines Tages, als Marian nach der Schule zurück ging, schnappten sie ihn unweit vom Haus, zerrten ihn hinter die Büsche und zogen ihm die Hose aus. Der arme Marian verstummte vor Schrecken, etwas Fürchterliches erwartend. Aber sie beguckten ihn nur ganz genau, pfiffen beide durch die Zähne, als sie die imponierende Masse des Penis ihres Opfers sahen. Dann ließen sie ihn mit dem nackten Arsch da liegen und suchten das Weite.
-Er hat einen richtigen Schwanz, das haben wir gesehen, das bedeutet, er ist ein echter Junge. Und, dass er mit den Puppen spielt, das bedeutet, er ist bescheuert. – kommentierten sie kurz und begannen zu spielen, wer am weitesten in die Pfütze spucken konnte.
Marian war so schockiert, dass er sich noch lange nicht beruhigen konnte. Er hat nichts zu Hause gesagt, nur schnell zu Mittag gegessen und ist zu Maja gelaufen. Nur ihr konnte er alles erzählen, was passiert war, nur ihr konnte er sagen, dass eigentlich, als sie ihm zwischen die Beine glotzten, es ihm eigenartig angenehm war. Aber das wurde ihm erst dann bewusst, als er sich schon beruhigt hat und über den Vorfall nachdenken konnte. Was war an ihm so besonders, dass Tolek, der ältere Sohn des Kassierers vom Kino, ihn öfter bat den Pimmel zu zeigen, und manchmal fasste er ihn sogar dort an. Sie saßen dann zusammen im Treppenhaus in der obersten Etage, wo niemand wohnte, und wo es nur einen Ausgang auf das Dach gab.
Marian tat das gern und bekam dafür von Tolek zwei Kinotickets für den Film am Sonntagmorgen. Er nahm dann Maja mit, sie kauften sich Bonbons, schauten den Film, lutschten ihre Lieblingsdrops mit Himbeergeschmack und versanken in einer anderen Welt.
Marian war mit Maja so eng befreundet, dass er sich nicht ein Leben ohne sie vorstellen konnte und war bereit, für sie alles zu tun.
Er war sehr auf ihren um ein Jahr älteren Bruder eifersüchtig. Der latschte immer hinter seiner Schwester, wollte mit ihnen zusammen spielen, und Marian wollte sie lieber nur für sich haben. Einst sogar, nach dem sie ein Film über Indianer gesehen hatten, schnitten sie sich mit einer Rasierklinge die Hände, vermischten zusammen ihr Blut und haben sich Freundschaft bis zum Tod geschworen. Jetzt verband sie die Blutsbrüderschaft, und sie blieben noch sehr lange von dem besonderen Moment beeindruckt.
Als Marian den Stimmbruch hatte und die Hormone begannen in ihm zu wüten, hat er verstanden, dass er homosexuell war. Er fühlte sich zu den Jungen hingezogen, träumte von der Annäherung an einen Mitschüler, war heimlich in ihn verliebt und litt furchtbar, weil der mit einem Mädchen aus der Zehnten B ging und ihn gar nicht beachtet hat. Nur Tolek hat ihn ständig belästigt, versuchte ihn zu überreden, zu verführen, aber Marian wollte ihn nicht. Er erwartete vom Leben etwas Besseres, als so einen pickeligen Tolek.
Und eines Tages, als er mit Maja im Konzert in der Philharmonie war, merkte er wie ein schöner Junge, ungefähr in seinem Alter, ihn ununterbrochen anschaute. Als der schließlich ihn anlächelte, erwiderte Marian unsicher dessen Lächeln. Sie haben sich in der Pause kennengelernt. Der andere kam auf sie zu und stellte sich ihnen beiden vor.
-Das ist das! Er hat Klasse! – schrie etwas in Marian.
Ab jetzt trafen sie sich sehr oft. Sie verliebten sich in einander mit erster, jugendlicher Liebe. Marian verlor ganz den Kopf. Waldemar war der Sohn eines bekannten Regisseurs, verkehrte in höheren Kreisen, hatte Geld, ein Auto und besaß eine Selbstsicherheit, die Marian bewunderte. Er könnte jetzt glücklich sein, wenn ihn nicht der Gedanke an seine Eltern quälte. Er hatte nicht den Mut ihnen die Wahrheit zu sagen. Nur Maja wusste alles über ihn, und für sie war das ohne Bedeutung. Sie freute sich für ihn, als sie die Freude in seinen Augen sah.
-Marian, mein Herzchen, versuche mit deinen Alten zu reden, jetzt sind schon andere Zeiten. Vielleicht werden sie dich verstehen. Sie lieben dich doch. Du würdest dich besser fühlen, ohne die Wahrheit verheimlichen zu müssen.- versuchte sie ihn zu überzeugen.
Er kannte jedoch seinen Vater, hatte lähmende Angst vor ihm und war sicher, der würde ihn dann umbringen.
Schon bald sollte sich herausstellen, dass er sich nicht geirrt hat.
Einst, als Waldemar ihn nach Hause brachte, küssten sie sich noch einen Moment im Auto. Es war schon spät, in keinem Fenster brannte Licht, wahrscheinlich schliefen schon alle.
Marian kam in die Wohnung und spürte sofort im Gesicht die Faust seines Vaters. Er verteidigte sich nicht, als der ihn mit einer Wut schlug und dabei wie ein Besessener schrie:
-Einen Perversen habe ich großgezogen! Verfluchte Scheiße! Ich werde dir schon zeigen, mit den Kerlen rum zu machen! Und das direkt vor dem Haus! Eine Schande vor den Leuten! Ich werde das aus dir heraus prügeln! Schon lange hatte ich einen Verdacht! Du dreckiger Arschficker! Solche Schweinereien hast du im Kopf! Zu wenig habe ich dich verdroschen! Besser erschlage ich dich mit meinen eigenen Händen! Du Hurensohn!-
Er kam erst dann zu Besinnung, als er den Sohn mit einem von Blut verschmierten Gesicht auf dem Boden liegen sah. Er stand keuchend über ihm, dann spuckte er ihn an und ging weg. Die Mutter und Janna standen wie gelähmt bis jetzt in der Tür zum Flur, hatten Angst einen Laut von sich zu geben. Jetzt bückten sie sich über ihn.
-Janna, spring schnell ins Bad und bring ein nasses Handtuch.
Sie setzte sich auf den Boden, drückte den Kopf ihres geliebten Sohnes an sich, über ihre Wangen liefen die Tränen, und ihr Mutterherz wusste nicht, wie es jetzt das ertragen sollte.
In derselben Nacht fasste Marian einen Entschluss.
Er zog ein Handy aus der Tasche, ein Geschenk von Waldemar, und rief ihn an. Dann packte er seinen Rucksack, zählte die Dollars durch, die er in einer Spardose sammelte, und wollte die Wohnung verlassen.
Der Vater kippte zwei große Schnäpse, schlief wie tot, aber die Mutter drückte kein Auge zu und horchte die ganze Zeit. Sie würde so gern ihrem Sohn helfen und überlegte, ob sie nicht mit ihm zu einem Arzt gehen sollte, vielleicht konnte man so etwas heilen. Marian war doch so ein gutes Kind. Plötzlich hörte