Zeit zum Überleben - Zukunft. Lara Greystone

Zeit zum Überleben - Zukunft - Lara Greystone


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und teils ruiniert. Als ich die völlig aufgeweichten Packungen mit Mehl, Salz und Tee sehe, bin ich den Tränen nahe. Schniefend sammle ich ein paar nach wie vor brauchbare Dinge ein.

      »Schau mal, Jessy! Ich hab in Folie verpackte Trockenhefe und Rosinen, dazu noch Barbecuegewürz gefunden.«

      »Barbecue«, seufze ich. »Das weckt Erinnerungen.«

      Wie auf Kommando knurrt mein Magen laut. Kein Wunder, inzwischen ist es ja schon später Nachmittag. Und was wir heute Abend essen, wissen wir noch nicht und Nixi hat leider kein Fettpolster mehr auf den Rippen. Tja, spindeldürr zu sein, ist in diesen Zeiten gar nicht erstrebenswert, Reserven zu haben, dagegen lebenswichtig!

      Bevor wir aufbrechen, sucht Marc die Umgebung mit seinem Fernglas ab. Die Gefahr von skrupellosen Plünderern ist nie gebannt, und wie wir gehört haben, tauchen womöglich diese Jailhounds auf. Allein die Vorstellung sorgt dafür, dass mein Magen sich zusammenkrampft und mir speiübel wird.

      »Ich hab was entdeckt!«, ruft Marc.

      Mein Puls schießt augenblicklich in die Höhe.

      Mein Blick heftet sich sofort auf den total überladenen Anhänger.

      Können wir schnell genug flüchten, um unsere Haut zu retten?

      Warum habe ich mir die Pistole aus dem Waffengeschäft nicht gleich hinten in den Hosenbund gesteckt, sondern im Anhänger verstaut?! Wir sind hier schließlich nicht auf einem Sonntagsausflug! Die Pistole unter diesem Berg schnell wiederzufinden, ist hoffnungslos.

      Hektisch sehe ich mich nach dem besten Fluchtweg um.

      »Aus welcher Richtung kommen die Hellhounds?!«, schreie ich in heller Panik.

      Er nimmt das Fernglas herunter und schaut mich entgeistert an.

      »Ich habe nichts von Hellhounds gesagt. Da ist eine verletzte Kuh.«

      »Eine Kuh?! Bloß eine Kuh?!« Mir gehen die Nerven durch und ich boxe ihn kräftig in die Schulter. »Hast du einen Knall? Willst du, dass ich einen Herzinfarkt kriege!«

      »Du mutierst gerade wieder zur Zicke«, stößt Marc genervt aus – und er mag keine Zicken, das hat er von Anfang an sehr deutlich gemacht.

      »Ach ja?! Wie du weißt, werde ich zur Zicke, wenn ich eine Scheißangst habe!«

      Ich wende mich ab, stütze heftig atmend meine Hände auf die Oberschenkel.

      »Ich brauch ’ne Minute, um runterzukommen.«

      Leider ist das gar nicht so leicht, wenn einem das Adrenalin durch die Adern rauscht. Und ich will es mir mit ihm nicht verderben. Der Ausrutscher gerade eben war schon mehr als genug.

      »Am besten fährst du voraus, Marc. Ich komme zu Fuß hinterher.«

      »Es ist zwar nicht weit bis zur Kuh, aber klug ist es nicht, wenn wir uns trennen.«

      Mit einem Blick über die Schultern fahre ich ihn an: »Möchtest du lieber erleben, wie ich von der Zicke zur Furie mutiere?«

      Beschwichtigend hebt er seine Hände.

      »Reg dich ab, ich fahr ja schon.«

      Meine Nerven werden immer dünner.

      Ich werde meine Angst einfach nicht mehr los.

      Nur in Marcs Armen kann ich sie für kurze Zeit vergessen, aber was Männer angeht, bin ich eben ziemlich angeknackst. Außerdem wäre es lebensgefährlich für mich, schwanger zu werden. Nach der Aussage meines früheren Arztes bräuchte ich dann höchstwahrscheinlich einen Kaiserschnitt. Das eine Mal, bei dem wir ungeschützten Sex hatten, war daher bereits einmal zu viel.

      Als ich Marc davonfahren sehe, bekomme ich ein ungutes Gefühl.

      Kapitel 6

      War eine blöde Idee von mir, dass wir uns trennen!

      Statt gemütlich zu laufen, fange ich an zu joggen.

      Kampf oder Flucht, heißt es doch so schön, wenn es um den Sinn von Stress beziehungsweise Adrenalin geht. Besser Flucht als Kampf mit Marc. Ich brauche ihn nämlich, auch für mein Herz.

      Und als ich japsend und mit Seitenstechen bei Marc ankomme, weiß ich zwar, dass ich eine Niete im Joggen bin, aber gegen Stress hilft es tatsächlich. Mein innerer Alarmzustand ist vorüber – vielleicht auch nur, weil mein Hirn durch die totale Verausgabung nicht mehr genug Sauerstoff bekommt, um darüber nachzudenken. Soll mir auch recht sein!

      Marc steht mit einem blutigen Jagdmesser im Graben, wo das arme Tier sich augenscheinlich fatal im Stacheldraht verfangen hat. Der Draht hat unter anderem tief in den Hals der Kuh geschnitten.

      Besorgt schaut er auf und mustert mich.

      »Alles okay?«

      Vermutlich sehe ich aus wie der erste Marathonläufer, der am Ende tot umgekippt ist!

      »Ja«, keuche ich. »Und sorry wegen vorhin.«

      »Vergessen wir’s.« Dann schaut er wieder zu dem Tier. »Die Kuh hat geröchelt und war restlos entkräftet. Ich vermute, sie hat schon über einen Tag versucht freizukommen. Aber der Draht hat dabei wohl immer tiefer in ihr Fleisch geschnitten. Sie war nicht mehr zu retten. Ich hab ihr Leiden beendet und ihr die Kehle durchtrennt.« Entschuldigend fügt er hinzu: »Ein Schuss hätte vielleicht die Hellhounds auf uns aufmerksam gemacht.«

      Jetzt weiß ich, wofür er im Laden ein Jagdmesser eingesteckt hat.

      »Wie ich sehe, absolvierst du einen Workshop als Metzger.«

      Er hat bereits angefangen, das Tier zu zerlegen, und macht nun weiter. Es scheint Schwerstarbeit zu sein und besonders fachmännisch sieht es auch nicht aus. Aber ich wäre darin sicher noch viel ungeschickter als er.

      Während ich zu Atem komme, versucht Marc zum wiederholten Mal und mit immer größerem Kraftaufwand, an einer bestimmten Stelle das Hinterbein der Kuh abzuschneiden.

      »Scheiße!«, brüllt er plötzlich und ich sehe, dass die Klinge abgebrochen ist, vermutlich an einem Knochen.

      Mit einem wütenden Aufschrei schleudert er den Rest des Jagdmessers über die Wiese. So hab ich Marc noch nie erlebt. Jetzt gehen ihm anscheinend die Nerven durch. Womöglich liegt es nur am Hunger.

      »Echte Knochenarbeit, was?«, versuche ich zu scherzen, aber ein Lächeln ringe ich ihm damit nicht ab.

      Wir alle haben eben unsere Grenzen. Also springe ich wenigstens zu ihm in den Graben.

      »Warte, ich helf dir.«

      Ich ziehe mein Original Rambo-Messer aus der Scheide am Gürtel und reiche es Marc.

      »Versuch’s mal mit dem von Rambo. Der hat mit dem Ding bestimmt schon mal einen Elefanten filetiert.«

      Den Hinterlauf der Kuh halte ich mit aller Kraft gestreckt, so fällt es ihm etwas leichter, einen Teil des Beines abzutrennen.

      Mein Magen knurrt inzwischen lauter.

      »Marc, ich kriege gerade richtig Lust auf Steak. Was müssten wir dafür rausschneiden?«

      Er klopft dem Vieh ganz hinten beim Schwanz auf den Rücken.

      »Da drunter sind die Hüftsteaks. Aber ich hab dir ja neulich schon erklärt, dass wir die nicht direkt grillen können. Das Muskelfleisch ist nach dem Schlachten extrem zäh und ohne Kühlkammer können wir das nicht abhängen lassen, bis es so ist, wie du es aus dem Kühlregal kennst. Aber die Leber eignet sich zum sofortigen Grillen.«

      Ich runzle die Stirn.

      »Werden wir davon überhaupt alle drei satt?«

      »Die Leber verliert beim Braten oder Grillen immer viel Wasser, aber da sie um die acht Kilo schwer ist, werden wir mehr als satt.«

      »Acht Kilo wiegt so eine Leber?« Verblüfft sehe ich Marc an.

      Als


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