Zeit zum Überleben - Zukunft. Lara Greystone

Zeit zum Überleben - Zukunft - Lara Greystone


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»So, der Tank ist voll. Ich schaue mal, ob es im Shop Ersatzkanister gibt, und wenn ja, fülle ich die auch gleich randvoll. Man weiß ja nie.«

      Während Marc fleißig ist, gönne ich mir nach der Schieberei ein Päuschen. In diesen gefährlichen Zeiten bleibt man trotzdem immer aufmerksam, und als ein Schwarm Vögel aus einem Baum etwas weiter weg aufgeschreckt davonfliegt, fängt mein Herz sofort an zu rasen. Ich fahre hoch und starre angestrengt in diese Richtung, spitze meine Ohren.

      Marc ist mittlerweile dabei, nach dem größeren auch einen kleineren Benzinkanister aus dem Tankshop zu füllen.

      »Marc! Lass uns sofort abhauen! Ich hab ein ganz mieses Gefühl.«

      »Bin gleich so weit.«

      Plötzlich nehme ich Motorenlärm wahr.

      »Jetzt, Marc! Da kommen mehrere!«

      Er wirft hastig die Handpumpe auf den Anhänger und den Metalldeckel über den Füllstutzen wieder zu.

      Der Lärm wird lauter.

      »Sie fahren in unsere Richtung«, rufe ich jetzt schon leiser.

      »Ich bin mir nicht sicher, ob die Bonnie direkt anspringt, nachdem sie trocken gelaufen ist«, erklärt Marc.

      Scheiße! Wir könnten zwar zu Fuß wegrennen, aber dummerweise kennen die Kerle unsere Triumph mit dem Anhänger und würden sofort die Gegend nach uns durchkämmen, um Rache zu nehmen. Außerdem brauchen wir das Motorrad dringend! Oldtimer wie dieser, die ohne Elektrik funktionieren, gibt es kaum.

      Während Marc einen ersten Versuch unternimmt, schlägt mir das Herz bis zum Hals. Hektisch drehe ich meinen Kopf in jede Richtung.

      Der lauter werdende Lärm warnt mich.

      Sie werden gleich da sein!

      Und Marcs erste Versuche schlagen fehl.

      »Uns bleibt keine Zeit mehr! Los, in die Waschanlage, Marc!«

      Diesmal schieben wir die Triumph gemeinsam. In der wohl seit Jahren stillgelegten Autowaschanlage sind einige Stapel mit Reifen gelagert und eine große, verschmutze Gewebeplane entdecke ich ebenfalls.

      Marc und ich denken das Gleiche.

      Wir schnappen uns das Ding, werfen es über die Bonnie samt Anhänger und kriechen darunter.

      Kapitel 4

      Während ich in der Hocke kauere, hält der Tross der Hellhounds natürlich genau an unserer Tankstelle. Ich erkenne die Stimme des tätowierten Glatzkopfes, der ihr Anführer ist, und beginne zu zittern.

      Dreimal sind wir dieser Bande schon begegnet.

      Und jedes Mal stand unser Leben auf Messers Schneide.

      Marc legt seine Arme um mich. Das tut so unglaublich gut!

      Ich weiß, dass er mich bis zu seinem letzten Atemzug verteidigen würde – obwohl er gegen so eine Übermacht keine Chance hätte. So ist Marc eben und dafür liebe ich ihn umso mehr.

      »Hey, da war vor Kurzem jemand dran! Ich seh noch eine kleine Pfütze«, ruft eines der Gangmitglieder draußen. »Womöglich der Typ mit seiner Schlampe.«

      »Wenn ich die in die Finger kriege, wird sie sich wünschen, sie wäre in der Kapelle verbrannt!«, ruft der Anführer zornig.

      Genau der hatte mir wortwörtlich gedroht, mich zu ficken, bis ich krepiere. Wenn sie jetzt anfangen, uns hier zu suchen!

      »Ich würde das Miststück am liebsten aufschlitzen für die Brandwunde, die ich wegen ihres Molotowcocktails habe!«, schreit ein anderer.

      »Lasst uns verdammt noch mal Leitern beschaffen! Dann stürmen wir dieses Dorf und verbrennen die zwei, wie früher auf dem Scheiterhaufen!«, grölt der Nächste.

      »Halt’s Maul und pump gefälligst!«, schreit der Boss so laut, dass mir fast die Ohren klingeln. »Falls wir noch hier sind, wenn die Jailhounds auftauchen, dann werden wir massakriert!«

      »Lass uns doch abstimmen, Boss. Ich wäre nämlich dafür, uns in dem Dorf zu verbarrikadieren, wie die zwei.«

      »Hast du sie noch alle? Die Jailhounds sind eine regelrechte Armee! Die walzen alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Eine dämliche Mauer ist für die nicht mehr als eine Bodenwelle! Den Nächsten, der über diesen bescheuerten Vorschlag abstimmen will, knall ich höchstpersönlich ab!«

      Es wird eine ganze Weile dauern, bis die Hellhounds die Tanks ihrer Motorräder gefüllt haben. Ohne Marc, der mich im Arm hält, würde ich wohl vor Angst sterben.

      Die Zeit dehnt sich für mich zu einer gefühlten Ewigkeit.

      Als ich schon glauben möchte, dass wir davonkommen, nähern sich schwere Stiefelschritte der Waschanlage.

      »Ich fick dich, bist du krepierst!«, hallt in meinem Kopf die Drohung des tätowierten Glatzkopfes wider.

      Mein Herz pocht so heftig, dass ich schon fürchte, es wäre tatsächlich zu hören. Starr vor Angst, traue ich mich kaum zu atmen. In mir steigen die bösen Bilder aus meiner Vergangenheit auf. Und zusätzlich die der versuchten Vergewaltigung, als ich nachts überfallen wurde und erst aufgewacht bin, als ein Hellhound schon auf mir lag. In meinem Kopf vermischen sich alle Szenen.

      Als wäre mein Körper fremdgesteuert, beginnen meine Arme regelrecht zu schlottern. Ich bin froh, dass Marc mich fester an sich presst, sonst würde ich das Gleichgewicht verlieren. Ich selbst kann rein gar nichts dagegen tun und merke, dass mein Körper anfängt, sich taub anzufühlen.

      Doch ich spüre noch Marcs Lippen direkt an meinem Ohr.

      Fast nicht zu hören, flüstert er: »Jessy, bleib bei mir.«

      Er hat recht, ich darf nicht wieder in so einen apathischen Zustand geraten wie beim Angriff auf unser Dorf! Gut möglich, dass ich gleich um mein Leben rennen muss! Und wenn ich dann völlig steif bin und neben mir stehe, ist es aus mit mir.

      Um mich abzulenken, suche ich krampfhaft nach Ideen, wie man einen Mann überwältigen kann, ohne dass er noch Zeit zum Schreien hat.

      Dieser Mann ist jetzt in der Waschanlage. Und seine Schritte nähern sich unserem Versteck. Natürlich macht eine Plane neugierig auf das, was darunter verborgen ist!

      Als ich, verzweifelt und gespannt wie eine Bogensehne, drauf und dran bin, mich auf den Typ zu stürzen, höre ich ein weiteres Stiefelpaar in die Waschanlage treten. Jetzt sind es auch noch zwei!

      Die zu überwältigen, wäre schon schwer, aber ohne dass ein verdächtiges Geräusch entsteht? Unmöglich.

      »Hey! Was machst du da drin?«, brüllt der Anführer, der anscheinend als Zweiter hereinkam.

      »Sehen, ob ich was Brauchbares finde.«

      »In einer Waschanlage voller Altreifen? Du bist echt ein Trottel! Los, raus mit dir! Und sieh gefälligst im Shop nach, aber mach Dampf! Ich will nicht von den Jailhounds überrascht werden!«

      Augenblicke später sind wir wieder allein in der Waschanlage und vorläufig gerettet. Den Geräuschen nach zu urteilen, bricht die Bande allmählich auf.

      Mein Herz hört aber nicht auf zu pochen, es dröhnt mir förmlich in den Ohren. Und die Angst, die mein Leben immer mehr in den Griff nimmt, lässt kein bisschen locker. Im Gegenteil, sie schnürt mir wortwörtlich die Kehle zu.

      Ich ringe nach Luft. Es wird mit jedem Atemzug schlimmer, womöglich wird man es jeden Moment von draußen hören!

      Ablenken! Ich muss mich ablenken und an etwas anderes denken! Marcs Gesicht ist direkt neben meinem. Ich nehme seinen Kopf in beide Hände, drehe ihn zu mir und küsse ich ihn aus reiner Verzweiflung. Er ist überrascht, seine Lippen sind zuerst fest und verschlossen, aber nach einem Augenblick lässt er mich ein. Er ist wieder mal unglaublich und schafft es, mich so zu nehmen, wie ich gerade bin. Zunächst erwidert er meinen Kuss ebenso


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