Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Holger Dahl
bb) Spaltung von Betrieben
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Auch der Begriff der Spaltung ist betriebsverfassungsrechtlich und nicht unternehmensrechtlich zu sehen. Eine Spaltung i.S.v. § 111 Satz 3 Ziff. 3 BetrVG kann sowohl durch eine Aufspaltung des Betriebs als auch durch eine Abspaltung von Betriebsteilen erfolgen. In Fällen der Aufspaltung wird der Ursprungsbetrieb aufgelöst, in Fällen der Abspaltung besteht der Ursprungsbetrieb fort.97 Die Spaltung eines Betrieb kann innerhalb des Unternehmens erfolgen, sie kann aber auch mit der Veräußerung eines Betriebsteils i.S.v. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, also einem Teilbetriebsübergang, verbunden sein.98
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Bereits 1996 hat das BAG darauf hingewiesen, dass es nicht erforderlich ist, dass ein abzuspaltender Betriebsteil erheblich oder wesentlich sei.99 Ob sog. Bagatellausgründungen auch von der Spaltung erfasst werden, hat das BAG damals offen gelassen, jedoch darauf hingewiesen, dass, sofern ein Betriebsteil veräußert werde, also eine „veräußerungsfähige Einheit“ besteht, dies auf jeden Fall genügt.100 Im Beschluss vom 17.2.2015 weist das LAG Hamm richtigerweise darauf hin, dass „der Gesetzgeber durch den Wortlaut des § 111 Satz 3 Ziff. 3 zum Ausdruck gebracht (habe), dass jede Betriebsspaltung ausreicht“. Einschränkungen, etwa durch Hinzufügung des Erfordernisses eines „wesentlichen“ Betriebsteils, enthalte das Gesetz nicht.101 Aber selbst wenn man eine sog. „Bagatellgrenze“ anerkennen wollte, so kann diese sich nicht an den Zahlen des § 17 Abs. 1 KSchG orientieren, sondern muss die Frage beantworten, ob eine veräußerungsfähige Einheit vorliegt. Die Reduktion des Personalstands im Umfang der Zahlen des § 17 Abs. 1 KSchG erfüllt ja bereits den Tatbestand des § 111 Satz 3 Ziff. 1 BetrVG.
e) Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation,
des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen (§ 111 Abs. 1 Satz 3
Ziff. 4 BetrVG)
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Auch bei § 111 Satz 3 Ziff. 4 BetrVG handelt es sich um mehrere Varianten von Betriebsänderungen, bei der jeweils die möglichen Nachteile für die Beschäftigten fingiert werden (siehe oben Rn. 83).102
aa) Grundlegende Änderung
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Das Adjektiv „grundlegend“ bezüglich der möglichen Änderungen von Betriebsorganisation, Betriebszweck oder Betriebsanlagen zeigt, dass eine bestimmte Dimension bzw. Tiefe der Veränderung gefordert ist, wenngleich es falsch wäre, zur Interpretation allein auf Satz 1 zurückzugreifen. Wenn richtigerweise Betriebsänderungen im Sinne von Satz 3 als solche des Satzes 1 gelten, also die Frage der wesentlichen Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft nicht gesondert zu prüfen ist, kann eben dieses nicht als verbindlicher Prüfpunkt bei einem der Katalogtatbestände herangezogen werden. Wenn noch zu prüfen wäre, ob wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft Folge der Maßnahme sein können, so wäre ja auch gleichzeitig eine Betriebsänderung im Sinne des Satzes 1 jenseits der Katalogtatbestände gegeben. Das BAG hat bereits 1982 klargestellt, dass eine Gesamtschau erforderlich ist und (nur) bei Zweifeln darüber, ob die Änderung der Betriebsanlagen grundlegend ist, der Anzahl der Betroffenen indizielle Bedeutung zukommt.103 Die Änderung muss also in ihrer Gesamtschau104 von erheblicher Bedeutung sein, wobei stets qualitative Gesichtspunkte, wie z.B. der Grad der technischen Änderung, aber auch die Auswirkung auf die Mitarbeiter zu bewerten ist.
bb) Änderung der Betriebsorganisation
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Eine Änderung der Betriebsorganisation liegt vor, wenn der Betriebsaufbau, insbesondere hinsichtlich Zuständigkeiten und Verantwortung, umgewandelt wird.105
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Die Fremdvergabe bzw. Outsourcing von Aufgaben z.B. führt an sich zu so einem Wegfall der bisherigen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten in diesem Bereich.106 Ist dieser jedoch klein und/oder nicht zentral wertschöpfend, so stellt sich die Frage der Auswirkung auf den Rest des Betriebs. Die Fremdvergabe der technischen Anzeigenproduktion (Satzherstellung) eines Zeitungsverlags mit 10 von 390 Mitarbeitern hat das BAG nicht genügen lassen, da dies keine hinreichenden Auswirkungen auf den Betriebsablauf oder auf die Arbeitsweise und -bedingungen der nicht unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer hatte.107 Wären die Arbeitsabläufe enger miteinander verwoben gewesen, hätte das Ergebnis anders aussehen können. Genügen ließ das BAG die Aufgabe des mit eigenen Angestellten durchgeführten Anzeigendienstes zugunsten des Aufbaus eines Netzes selbstständiger Handelsvertreter.108 Auch die Ausgliederung der Zimmerreinigung in einem Hotelbetrieb ist eine Änderung der Betriebsorganisation im Sinne von § 111 Satz 2 Nr. 4 BetrVG, da es sich, anders als etwa in einer Druckerei, im Hotel um eine Primärfunktion handelt.109
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Ein häufiger Anwendungsfall sind grundlegende Organisationsveränderungen, bei denen oftmals Hierarchieebenen hinzukommen oder entfallen und/oder Aufgaben und Zuständigkeiten anders verteilt werden. Bei Entfall der Ebene der Regionalleiter im Pharma-Außendienst mit einer Betroffenheit von 100 Außendienstmitarbeitern hat das BAG die grundlegende Änderung bejaht.110 Im Gegensatz dazu hat das LAG Hamm eine grundlegende Änderung in einem Fall verneint, in dem die abgeschaffte Ebene nur aus einer Person bestand.111 Es kann aber auch eine Mischung verschiedener organisatorischer Maßnahmen vorliegen, wie im bejahten Fall der Neu-/Umorganisation der Logistik in Hallen eines Bremsbelägeherstellers und der damit einhergehenden Fremdvergabe der Staplerfahrertätigkeiten.112 Die Einrichtung einer Internetfiliale bei einer bis dahin
klassisch agierenden Bank kann eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation sein,113 ebenso die Einrichtung von häuslichen Telearbeitsplätzen oder Satellitenbüros.114 Auch der Übergang zu einer Profitcenter-Organisation bzw. die Einführung von Profitcentern ändert die Betriebsorganisation.115 Unter welchen Tatbestand die Einführung von „Desk-Sharing“ (auch „Shared Desk“ oder „Flexible Office“ genannt) fällt, wird unterschiedlich diskutiert.116 Aber auch hier kommt es natürlich auf die Ausgestaltung an.
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Auch die Einführung von Matrixstrukturen wird in vielen Fällen mit einer grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation einhergehen.117 Kern der Einführung von Matrixstrukturen ist ja gerade die Veränderung von Entscheidungsabläufen und zumindest teilweise Aufhebung klassischer Strukturen der Betriebsorganisation. Auch wenn zwischenzeitlich höchstrichterlich bestätigt wurde, dass die Übernahme von Führungsaufgaben eines Matrixmanagers ohne physische Präsenz im Betrieb als Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG zu werten ist,118 wird man andererseits die Frage zu stellen haben, in welchem Umfang dies geschieht und wie sich dadurch Führung und Arbeitsabläufe verändern. Da die Frage der Dimension der Veränderung oft strittig sein wird, ist hier ergänzend auf das Informationsrecht des Wirtschaftsausschusses hinzuweisen. § 106 Abs. 3 Ziff. 9 BetrVG kennt den Begriff der Änderung der Betriebsorganisation ebenfalls, jedoch ohne dass dort die Änderung grundlegend sein muss. Hierüber kann zumindest der Informationsfluss „gefördert“ werden. Ein weiteres Beispiel ist die Umstellung von einer Linienorganisation auf eine agile Netzwerkorganisation.119 Die zumindest teilweise Auflösung klassischer Hierarchiestrukturen zugunsten flexibler, sich der jeweiligen Aufgabe anpassender Strukturen führt zu einer Änderung der Betriebsorganisation, wobei Umfang, Intensität und die Frage der Dauer in der Gesamtschau dann die Frage beantworten müssen, ob das „grundlegend“ im Sinne des Gesetzes ist. Die Abgrenzung zur Einführung neuer Arbeitsmethoden ist unscharf, da z.B. Scrum als Arbeitsmethode begriffen wird, aber die vorgenannten Auswirkungen hat. Das gilt auch für sog. „ganzheitliche Produktionssysteme“ wie Kaizen, Kanban und SMED, deren Einführung in aller Regel eine wesentliche Änderung der Betriebsorganisation darstellt, aber auch Auswirkungen auf Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren hat,120 wie auch Maßnahmen im Zusammenhang mit Industrie 4.0.121