Konkurrenzen im öffentlichen Dienst. Helmut Schnellenbach
Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Art. 87a Abs. 1 GG
Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.
20
Bei Art. 3 Abs. 1 GG ist außer dem allgemeinen, auch hier zu beachtenden Verbot einer willkürlichen Ermessensausübung insbesondere das Gebot der Chancengleichheit („Fairness“) zu verorten. Es verlangt weitestgehende Gleichbehandlung aller in eine Auswahl einzubeziehenden Bewerber. Dies bedeutet vornehmlich:[2]
– | Niemand, der nach den eigenen Vorab-Festlegungen des Dienstherrn zum Bewerberkreis gehört, darf vorzeitig aus dem Auswahlvorgang grundlos eliminiert werden. |
– | In einem vorgeschalteten Beurteilungsverfahren ist grundsätzlich kein Vorgesetzter als Erst- oder als Endbeurteiler verwendbar, der erkennbar in einem Konkurrenzverhältnis oder in einem Verhältnis besonderer Nähe zu einem der Bewerber steht.[3] |
– | Sämtlichen Bewerbern muss die Möglichkeit eröffnet sein, sich in etwaigen Vorstellungs- und Auswahlgesprächen und/oder innerhalb von Assessment Center-Verfahren gegenüber dem zuständigen Gremium oder Vorgesetzten optimal zu präsentieren. |
– | Die sach- und personenkundigen, weisungsungebundenen Mitglieder von Auswahlgremien müssen über die Auswahlgrundlagen im Übrigen umfassend und – tatsächlich wie rechtlich – zutreffend unterrichtet sein.[4] |
– | Alle Bewerber sind nach vergleichbaren Bewertungskriterien und -maßstäben einzuschätzen. |
21
Art. 33 Abs. 2 GG fordert eine Auslese nach „Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung“.
22
Erläuterungen
– | Die Würdigung der (fachlichen) Leistung zielt auf die Bewertung der dem Bewerber zurechenbaren qualitativen und quantitativen Arbeitsergebnisse aus der Perspektive des Beurteilungszeitpunktes. Sie ist eine Meinungsbildung in Richtung auf Vergangenes, das in der Gegenwart – unter anderem als Ausgangsbasis für Prognosen – weiter wirkt. |
– | Die Beurteilung der Befähigung erstreckt sich auf die – typischerweise unterschiedlich ausgeprägten und deshalb nicht in einer Note „zusammenfassend“ zu bewertenden – Eigenschaften des Bewerbers, soweit sie für seine derzeitige und künftige Verwendung bedeutsam sind oder je nach Lage der Dinge bedeutsam werden können. Sie ist damit tendenziell „zukunftsorientiert“. |
– | Die Einschätzung der Eignung, auf der bei Auswahlentscheidungen (jedenfalls bei Ernennungsentscheidungen) der entscheidende Akzent liegt, läuft auf eine im Wesentlichen prognostische Feststellung hinaus. Sie gewinnt besonders dann Bedeutung, wenn die Probezeit eines Beamten ausläuft, sodass sich der Dienstherr darüber schlüssig werden muss, ob er ihn zum Beamten auf Lebenszeit ernennt bzw. – im Falle des § 24 BBG oder einer vergleichbaren landesrechtlichen Vorschrift (z.B. des § 8 BW LBG, des Art. 46 BayBG, des § 5 BremBG oder des § 5 SH LBG) – in das Führungsamt (als Statusamt) befördert, sowie dann, wenn sich das Anforderungsprofil eines erstrebten Amtes oder eines (Beförderungs- oder Erprobungs-)Dienstpostens von demjenigen des innegehaltenen Amtes mehr oder weniger deutlich abhebt. |
23
Es ist bedauerlich, dass der Begriff der „Eignung“ in Verwaltungspraxix und Rechtsprechung nicht durchgängig (nur) im vorstehend präzisierten Sinne benutzt, sondern ohne Not zumindest gelegentlich daneben auch undifferenziert als „umfassendes Qualifikationsmerkmal“ gekennzeichnet wird, welches sich auf die „gesamte Persönlichkeit“ des Bewerbers beziehe und „damit“ die beiden anderen Merkmale „Befähigung“ und „fachliche Leistung“ „umschließe()“.[5] In diesem Buch wird der Eignungsbegriff ausschließlich als Prognosebegriff verstanden und entsprechend gebraucht, und zwar
– | zum einen, weil die Zuordnung verschiedener Bedeutungen zu ein und demselben Ausdruck einem Grundsatz der elementaren Definitionslehre zuwiderläuft, und |
– | zum anderen, weil nicht ersichtlich ist, welche Persönlichkeitsmerkmale oder charakterlichen Eigenschaften eines Bewerbers, obwohl sie für seine derzeitige oder künftige dienstliche Verwendung offenbar „wesentlich“ sind, gleichwohl nicht bereits zu seinem Befähigungsprofil zählen und dort schon hinreichend festgehalten sein sollten.[6] |
24
Die verfassungs- und/oder einfachrechtlich vorgezeichneten und damit grundlegenden Auswahlstandards[7] bedürfen zumindest in der Regel einer Ausdifferenzierung durch die Verwaltung, speziell durch oberste Dienstbehörden, in Form von – wie auch immer etikettierten – Kriterien-, Präferenz- und Verfahrensordnungen. Diese fächern die übergeordneten Maßstäbe in Einzelmerkmale, unter Umständen auch in Gewichtungsfaktoren auf;[8] sie bestimmen Gesamtbewertungsstufen und legen das in Betracht kommende Procedere im Detail fest.[9]
25
Soweit sie dem Gebot uneingeschränkter Prinzipientreue genügen, erzeugen die vorstehend näher charakterisierten Verwaltungsvorschriften behördliche Selbstbindungen, die infolge der Umschaltnorm des Art. 3 Abs. 1 GG mittelbarer Außenwirkung fähig sind;[10] administrative Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen, wie sie sich etwa in Beurteilungs- und/oder Beförderungsrichtlinien finden, erzeugen gar – nicht anders als entsprechende Gesetzes- oder Verordnungsinhalte – geradewegs und ohne ein zwischengeschaltetes Medium verbindliches Recht, sodass eine Abweichung, selbst wenn sie zur Verwaltungsübung geworden sein sollte, im Verhältnis zwischen dem betroffenen Dienstnehmer und seinem Dienstherrn rechtlich unbeachtlich bleibt.[11]
Anmerkungen
Vgl. Walz in: Walz/Eichen/Sohm § 3 Rn. 52; siehe auch BT-Drs. 16/1780, S. 27.
So schon Schnellenbach ZBR 1997, 169 (172) m.w.N.; ferner BVerfG NVwZ 2007, 1178 (juris Rn. 21) sowie BVerfG NVwZ-RR 2008, 433 (juris Rn. 10), wo „der Anspruch (eines Bewerbers) auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung“ hervorgehoben ist. Zu Auswahlgesprächen als Auslesemittel im Einzelnen Anhang 2 Rn. 137 ff.