Klausurenkurs im Strafprozessrecht. Marco Mansdörfer
target="_blank" rel="nofollow" href="#u131b5583-cabc-5d7e-bcd4-d5a7fcf95122">Fall 3 Verbotene Vernehmungsmethoden; Einsatz von Privatpersonen bei Ermittlungsmaßnahmen; Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten › Vorüberlegungen
Vorüberlegungen
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Die Fallkonstellation befasst sich mit dem Einsatz verbotener Vernehmungsmethoden gemäß §§ 136, 136a StPO und dessen weiterer Konsequenzen für das Strafverfahren. Besonderheit der Aufgabenstellung ist der Einsatz von Privatpersonen zur Erlangung von Beweismitteln. Somit wird ein nicht unerheblicher Problembereich des Strafverfahrensrechts im Zusammenhang des Umgehungsverbots angesprochen. Die Aufgabenstellung ist wegen der Frage nach der bloßen Verwertbarkeit der gewonnenen Beweise recht einfach gehalten, sodass der gutachterliche Prüfungseinstieg keine Schwierigkeiten bereitet. Im Ausgangsfall ist zunächst die Voraussetzungen des gesetzlich normierten Beweisverwertungsverbots nach § 136a StPO zu untersuchen. Gegenstand sind die erlangten Erkenntnisse durch den Mithäftling des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Untersuchungshaft. Erste Voraussetzung des Beweisverwertungsverbots nach § 136a StPO stellt eine Vernehmung im strafverfahrensrechtlichen Sinne dar. Hierin ist der Begriff der Vernehmung in Anbetracht der Eigenschaft des Mithäftlings als Privatperson zu diskutieren. Die Problematik stellt ein Standardproblem dar. In der Konsequenz des herrschenden formellen Vernehmungsbegriffs ist sodann die analoge Anwendbarkeit von § 136a StPO zu erörtern. Hierbei müssen die Problematik und die Besonderheiten des Aushorchens eines Tatverdächtigen durch einen Mithäftling in der Untersuchungshaft diskutiert werden, insbesondere ist eine Spezifikation der in Betracht kommenden verbotenen Vernehmungsmethode. Im Ergebnis kommt man zur Feststellung eines Beweisverwertungsverbots. Hierauf aufbauend ist in der Abwandlung das bekannte Problem einer Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten gutachterlich zu erörtern.
Gliederung
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Ausgangsfall | |||||
I. | Beweisverwertungsverbot nach § 136a Abs. 3 S. 2 StPO | ||||
1. | Vernehmung | ||||
a) | Formeller (enger) Vernehmungsbegriff | ||||
b) | Funktionaler (weiter) Vernehmungsbegriff | ||||
c) | Streitentscheid | ||||
2. | Ergebnis | ||||
II. | Beweisverwertungsverbot aufgrund analoger Anwendung der §§ 136 f., 163a StPO | ||||
1. | Analogie hinsichtlich Vernehmung | ||||
a) | Planwidrige Regelungslücke | ||||
b) | Vergleichbare Interessenslage | ||||
2. | Beeinträchtigung der Freiheit der Willensentschließung | ||||
a) | Beeinträchtigung durch verbotenen Zwang (BGH) | ||||
b) | Beeinträchtigung durch Täuschung (Teile der Rechtsprechung und Literatur) | ||||
c) | Zwischenergebnis | ||||
3. | Kausalität | ||||
4. | Rechtsfolge | ||||
Abwandlung | |||||
1. | Rechtsprechung: keine Fernwirkung | ||||
2. | Andere Ansicht: „fruit of the poisonous tree“-doctrine | ||||
3. | Weitere Ansicht: Abwägung im Einzelfall | ||||
4. | Stellungnahme |
Fall 3 Verbotene Vernehmungsmethoden; Einsatz von Privatpersonen bei Ermittlungsmaßnahmen; Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten › Lösungsvorschlag
Lösungsvorschlag
Ausgangsfall
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Das Gericht darf seine Entscheidung auf die durch N erlangten Erkenntnisse stützen, wenn kein Beweisverwertungsverbot entgegensteht. Beweisverwertungsverbote schließen bestimmte Erkenntnisse von der Berücksichtigung im Urteil aus.[1]
I. Beweisverwertungsverbot nach § 136a Abs. 3 S. 2 StPO
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Es ist zunächst zu erörtern, ob ein Verstoß gegen ein gesetzliches Beweisverwertungsverbot in Betracht kommt.[2] N hat A während der Untersuchungshaft Informationen entlockt. Möglichweise liegt hier ein Verstoß gegen § 136a Abs. 1 StPO vor, da die Freiheit der Willensentschließung des A beeinträchtigt worden sein könnte. Nach § 136a Abs. 3 S. 2 StPO dürfen Aussagen, die unter Verletzung von § 136a Abs. 1 oder Abs. 2 StPO zustande gekommen sind, nicht verwertet werden. Es könnte also ein Verstoß gegen ein gesetzliches Beweisverwertungsverbot gegeben sein.
1. Vernehmung
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Erste Voraussetzung des Beweisverwertungsverbots nach § 136a Abs. 3 S. 2 StPO ist eine richterliche Vernehmung.[3] Dass vorliegend bei der richterlichen Vernehmung gegen § 136a Abs. 1, Abs. 2 StPO verstoßen wurde, ist nicht ersichtlich. Zu überprüfen ist hier vielmehr bereits das Geschehen im Vorfeld, nämlich das Erlangen der Informationen durch N in der Zelle. Da N auf Wunsch der Ermittlungsbehörden tätig wurde, könnte § 136a StPO über den Verweis in § 163a Abs. 3, Abs. 4 StPO Anwendung finden.
Problematisch