Handbuch Ius Publicum Europaeum. Adam Tomkins
gelassen. Sie waren auch kein Thema in der politischen Diskussion über die Verfassungsänderung.
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Bevor die Verfassungsrevision von 2001 näher dargestellt wird, soll hier auf den im März 1995 von der damaligen PASOK-Regierung eingebrachten Verfassungsänderungsvorschlag eingegangen werden, dem wegen der vorgezogenen Parlamentswahlen im Jahr 1996 jedoch kein Erfolg beschieden war.[25] In den Motiven zu diesem Vorschlag vom 27.3.1995 wurde die Revision des Art. 28 Verf. näher erörtert. Es sollte eine neue Bestimmung in Art. 28 Verf. aufgenommen werden, die die Teilnahme Griechenlands „an der Europäischen Union und ihren weiteren Entwicklungen“ und „am Verfahren der europäischen Integration“ ausdrücklich vorsah, wobei der Rahmen für diese Teilnahme näher umrissen war: Die „künftigen Entwicklungen“ setzten ein entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Mitgliedstaaten in Kraft getretenes Regierungsabkommen voraus; außerdem sollte die Teilnahme an der europäischen Integration auf der Grundlage der „Achtung der nationalen Identität“ der Mitgliedstaaten erfolgen, die wiederum „Regierungsformen haben, die das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatsprinzip achten“. Auch die damalige Oppositionspartei N.D. hielt in ihrem Vorschlag vom 15.3.1995 die „Anpassung“ von Art. 28 für erforderlich, „damit er eine klare, spezielle und unzweifelhafte Grundlage für die Teilnahme des Landes am Prozess der europäischen Integration bietet und zugleich die wichtigen Gründe von nationalem Interesse präzisiert, denen die Zuerkennung von staatlichen Zuständigkeiten an Organe der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaften dient und die in der Absicherung des Friedens, des Rechts, des Wohlstands und der Demokratie bestehen“. Bemerkenswert ist auch, dass die N.D. zugleich eine Dreifünftelmehrheit für die diesbezüglichen Ratifikationsgesetze vorgeschlagen hatte.
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Unter Berücksichtigung der obigen Vorschläge, die nur wegen der Parlamentsauflösung scheiterten, erscheint die Verfassungsänderung von 2001 eher „farblos“. Bei dieser letzten Revision hat der verfassungsändernde Gesetzgeber auf der einen Seite punktuell (nur) einige der durch den Unionsvertrag entstandenen „Konfliktsituationen“ zwischen dem griechischen Verfassungsrecht und dem europäischen Gemeinschaftsrecht berücksichtigt und diesbezüglich die Verfassung den Erfordernissen der europäischen Integration angepasst. Auf der anderen Seite hat der verfassungsändernde Gesetzgeber anstelle der oben erwähnten Vorschläge von 1995 eine allgemeine Klausel in Form einer „Interpretationserklärung“[26] zu Art. 28 Verf. in die Verfassung aufgenommen, die lapidar festhält, dass „Artikel 28 […] die Grundlage für die Beteiligung des Landes an den Verfahren der europäischen Vollendung“ ist.[27] An dieser Stelle genügt es darauf hinzuweisen, dass PASOK und N.D. der Änderung zustimmten, während sich die Parteien „Synaspismos“ und KKE gegen die Aufnahme dieser Bestimmung aussprachen. Während Erstere Bedenken aus der Sicht der Souveränitätseinschränkung äußerte und konkrete Änderungsvorschläge (qualifizierte Mehrheiten und Referendum) machte, sprach sich die KKE dafür aus, Art. 28 Verf. nicht zu ändern, weil dies die weniger belastende Lösung wäre.[28]
2. Die „nationalen Interessen“ einer Teilnahme an der EU
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Sucht man nach den „nationalen Interessen“, die Griechenland zu einer Teilnahme an den Gemeinschaften bewogen haben, sind es in erster Linie politische und nicht wirtschaftliche Gründe. Kulturell seit jeher an „West-Europa“ gebunden und nach den Erfahrungen mit der siebenjährigen Diktatur erhofften sich die Griechen durch diese Mitgliedschaft hauptsächlich eine Stabilisierung der Demokratie und eine außenpolitische Sicherheit insbesondere hinsichtlich der nationalen Grenzen. Der mit dem Beitritt zu den Gemeinschaften erwartete wirtschaftliche Aufschwung des Landes war daher nicht der primäre Beweggrund für den am 12.6.1975 vom damaligen Premierminister Konstantin Karamanlis gestellten Antrag auf volle Mitgliedschaft.[29] Zu den politischen Gründen zählte er insbesondere die Überbrückung einer gewissen mit der geopolitischen und strategischen Lage Griechenlands zusammenhängenden „Distanz“ zu Europa sowie die aus dem Beitritt folgende Vertretung des Landes in den Entscheidungszentren und seine Teilnahme an der Ausgestaltung der Politik. Karamanlis sah ferner in der Mitgliedschaft eine Stärkung der nationalen Unabhängigkeit und Souveränität. Als wirtschaftliche Gründe gab Karamanlis insbesondere die traditionellen Handelsbeziehungen Griechenlands zu einigen Mitgliedstaaten an, die 48% der griechischen Exporte ausmachten, und die durch die Mitgliedschaft zu erwartende Vergrößerung des wirtschaftlichen Wohlstandes über den größeren Gemeinsamen Markt und die Beteiligung Griechenlands an der Gestaltung der Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft. Schließlich verwies er auf die sich durch den Beitritt ergebende Möglichkeit einer strukturellen Modernisierung der Wirtschaft mit finanziellen Mitteln aus den Strukturfonds.
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Diese für den Beitritt und die Mitgliedschaft vom Ministerpräsidenten Karamanlis angeführten nationalen Interessen wurden bis zum Jahre 1981, als die Sozialisten an die Macht kamen, nur von seiner liberal-konservativen Regierungspartei voll getragen, wobei sich auch einige kleine Oppositionsparteien[30], wenngleich mit Vorbehalten, für den Beitritt ausgesprochen hatten. Demgegenüber lehnten bis dahin die PASOK von Andreas Papandreou und die KKE die Mitgliedschaft entschieden ab und verließen das Parlament bei der Debatte über das Ratifikationsgesetz für den Beitritt.[31] Diese ursprünglich negative Einstellung der PASOK[32] war, wenn nicht ausschließlich, so doch eher auf innenpolitische Gründe und weniger auf eine prinzipielle Ablehnung der europäischen Integration zurückzuführen. Nachdem die PASOK von 1981 bis 2004 (mit nur einer kleinen Pause von 1990 bis 1993) Regierungspartei war und ihre Haltung gegenüber der europäischen Integration radikal änderte (der Beitritt zu der WWU wurde von der PASOK-Regierung von Costas Simitis vollzogen), lehnt nur noch die KKE die Teilnahme an der EU weiterhin prinzipiell ab, wobei sie allerdings durchgehend über sehr wenige Mandate im Parlament verfügt und traditionell nur ca. 4,5–6% der Stimmen erhält. Demgegenüber scheint die andere linksorientierte Oppositionspartei „Synaspismos“ (mit einem regelmäßigen Stimmenanteil von ca. 3–5%) nicht prinzipiell gegen eine Mitgliedschaft zu sein, auch wenn sie dem Ratifikationsgesetz zum VVE nicht zugestimmt hat.
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Zu den nationalen Interessen, die für die Teilnahme Griechenlands an der EU sprechen, zählt schließlich nach allgemeiner Auffassung die mit der Mitgliedschaft verbundene Chance einer besseren Bewältigung von nationalen Fragen, wie etwa der Beziehungen zu der Türkei oder der Zypernfrage.[33]
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Die Motivationslage, die Griechenland auf den Weg der Integration gebracht hat und es dort hält, hat sich bis heute nicht wesentlich geändert. Auch wenn bei der Ratifikation des Maastrichter Unionsvertrags im Parlament von allen Parteien – mit Ausnahme der regierenden liberal-konservativen Partei N.D. – in kleinerem oder größerem Umfang Zweifel oder sogar Bedenken gegen einige neue Regelungen geäußert wurden, wogen für die überwiegende Mehrheit der politischen Kräfte die durch die Teilnahme eröffnete Chance der Mitgestaltung der Zukunft Europas in der Eigenschaft eines gleichberechtigten Mitglieds und die Gefahr einer Isolation des Landes bei Nicht-Ratifizierung des Änderungsvertrags doch so schwer, dass die Frage eines Austritts weder damals noch zu einem anderen Zeitpunkt zur Diskussion stand. Mit Ausnahme der grundsätzlich negativen Haltung der KKE besteht bis heute keine Motivation, die Griechenland von einer verstärkten Integration in den europäischen Rechtsraum abhalten würde. Dies wird durch Umfragen immer wieder bestätigt. Die zwei größten Parteien, N.D. und PASOK, sind sogar dafür, dass Griechenland dem harten Kern der Mitgliedstaaten angehört, die die Integration weiter vertiefen wollen.[34]
aa) Die ursprünglichen Grundlagen
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Wie