Handbuch Ius Publicum Europaeum. Adam Tomkins

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die Verfassung verstößt, nicht anzuwenden, hatten sie in dieser Phase (1953–1974)[86] der EMRK keine besondere Bedeutung beigemessen; sie hatten ihr nicht einmal eine gegenüber dem innerstaatlichen Recht ergänzende Funktion zuerkannt. Außerdem wurde die EMRK von den Gerichten nie von Amts wegen und nur dann erwähnt, wenn ihre Interpretation zur Bekräftigung von Bestimmungen, die die in der Verfassung garantierten Grundrechte einschränken, dienen konnte.

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      Die wenigen potentiellen „Scheinkollisionen“ können mittels Auslegung beseitigt werden. Dabei ist es irrelevant, ob man die Grundlage für eine EMRK-konforme Auslegung in Art. 25 Abs. 1 Verf. sehen will, wonach die Rechte des Menschen als Individuum und als Mitglied der Gesellschaft vom Staate gewährleistet werden und alle Staatsorgane verpflichtet sind, deren ungehinderte und effektive Ausübung sicherzustellen, oder, was vorzugswürdig ist, in der allgemeinen Klausel des Art. 2 Abs. 2 Verf., die nach dem in dem ersten Absatz garantierten Schutz der Menschenwürde die Bindung Griechenlands an das Völkerrecht proklamiert.

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      Versucht man die Bereiche zu ermitteln, in denen die EMRK bzw. ihre Interpretation und Anwendung durch den EGMR einen größeren Schutz zu gewährleisten scheinen, dann kommt man zu folgenden Feststellungen:


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Während Art. 11 EMRK die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit als Jedermannrechte garantiert, werden diese Grundrechte in Art. 11 Abs. 1 und 12 Abs. 1 Verf. als Griechenrechte gewährleistet. Aus diesen Verfassungsbestimmungen kann allerdings kein zwingendes Verbot abgeleitet werden, Ausländern dieselben Rechte auf unterverfassungsrechtlicher Ebene zuzuerkennen.
Ebenso hindert die Weigerung der griechischen Gerichte, eine Entschädigung für enteignungsgleiche Eingriffe („de facto-Enteignung“ nach griechischer Terminologie) aufgrund der Verfassung anzuerkennen, nicht die Anerkennung dieser Entschädigung unter Berufung auf Art. 1 Abs. 1 1. ZP-EMRK und die diesbezügliche EGMR-Rechtsprechung.
Auch das Fehlen einer ausdrücklichen Gewährleistung des Erbrechts und des geistigen Eigentums in der griechischen Verfassung stellt kein Hindernis dar, die diesbezüglichen Garantien des 1. ZP-EMRK in der griechischen Verfassungsordnung gelten zu lassen.