Handbuch Betreuungsrecht. Sybille M. Meier

Handbuch Betreuungsrecht - Sybille M. Meier


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15/2494, 28.

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      OLG Brandenburg FamRZ 2001, 40; BtPrax 2000, 224.

      B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines BetreuersVII. Das Sachverständigengutachten › 8. Pflicht des Gerichts zur Überprüfung des Sachverständigengutachtens

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      Die Prognose über die Dauer der Betreuung muss die gesamte Situation des Betroffenen, die weitere Entwicklung seines Zustandes und auch erforderliche Rehabilitationsmaßnahmen berücksichtigen. In jedem Falle muss der Sachverständige in seinem Gutachten darlegen, von welchen Anknüpfungstatsachen er ausgeht, welche Befragungen und Untersuchungen vorgenommen, welche Tests und Forschungsergebnisse angewandt und welche Befunde erhoben wurden. Der Krankheitsverlauf mit bisheriger Therapie und die Diagnose sind zu bezeichnen. Nur dann ist das Gericht in der Lage, das Gutachten zu überprüfen und sich das erforderliche eigene Bild von der Richtigkeit der vom Sachverständigen gezogenen Schlüsse zu machen. Auf die obigen Ausführungen zum Inhalt eines Sachverständigengutachtens wird verwiesen.

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      Beispiel

      Bruno G. erleidet einen Schlaganfall und kann sich auf Grund einer Beeinträchtigung des Sprachzentrums nicht verständigen. Das dem Gericht vorzulegende Gutachten muss sich in einem solchen Fall unbedingt mit der Frage der Rehabilitation des Betroffenen auseinandersetzen.

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      Hinweis

      Für die Überprüfung von Verfahrensfehlern im Rahmen einer Betreuungsanordnung heißt dies, dass ein Verstoß gegen § 280 FamFG als Verfahrensfehler zu qualifizieren ist, der das Beschwerdegericht in aller Regel zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung nötigt.

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Nur ein erfahrener Neurologe und Psychiater ist in der Lage, umfangreiche Unterlagen durchzusehen, ohne sich in Details zu verlieren;
besonders wichtig ist die Information des Sachverständigen über die so genannten Anknüpfungstatsachen. Hierbei handelt es sich um Informationen, die von Gerichten, Nachbarn oder irgendwelchen Dritten zugetragen wurden und in den Akten ihren Niederschlag finden. Von diesen Anknüpfungstatsachen hat der Gutachter auch bei seinen Darlegungen auszugehen. Insbesondere ist darauf zu achten, dass einseitige Parteiaussagen nicht als bewiesene Tatsachen aufgeführt werden;

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      Hinweis

      Im Rahmen der Überprüfung der Betreuungsanordnung auf Verfahrensfehler ist stets in den Verfahrensakten auch die Kostennote des Gutachters zu überprüfen.

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      Hinweis

      Man sollte überprüfen, ob sich in dem Gutachten ein dementsprechender Hinweis befindet.

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      Zusammenfassend hat ein Richter also folgendes bei einem Gutachten zu überprüfen:

Ordnungsgemäße Fertigung und rechtliche Verwertbarkeit,
Schlüssigkeit unter logischer und wissenschaftstheoretischer Perspektive,
Erstellung unter Beachtung der Regeln der psychiatrischen Wissenschaft.

      Die Kontrolldichte nimmt entsprechend den drei genannten Stufen jeweils ab.

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      Das Gericht ist zwar nicht gehindert, eine vom Ergebnis des Gutachtens abweichende Bewertung auch zur Frage der freien Willensbestimmung vorzunehmen, wenn sich aus dem Gutachten genügend Anknüpfungstatsachen für eine abweichende Bewertung ergeben (vgl. OLG München FGPrax 2007, 267, 268). Will der Tatrichter allerdings einem Sachverständigengutachten nicht folgen, muss er eine von dem eingeholten Sachverständigengutachten abweichende Beurteilung in seiner Entscheidung sachkundig und ausführlich begründen.“

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