Klausurenkurs im Arbeitsrecht II. Matthias Jacobs
der V ist über das Vorgehen des Betriebsrats entrüstet und verweigert die Erstattung. § 1a KSchG sei eine sehr spezielle Norm, die keine teure mehrtägige Schulung rechtfertige, jedenfalls nicht für „fast alle“ Betriebsratsmitglieder. Ferner rügt die Geschäftsführung, dass es in Bremen einen privaten Anbieter von vergleichbaren Schulungsveranstaltungen gebe, der – was zutrifft – im Schnitt ca. 5 % günstiger als die gewerkschaftliche Schulung sei. Schließlich ist man der Ansicht, dass „die internen Abläufe im Betriebsrat nicht den gesetzlichen Anforderungen genügten.“ Der Betriebsrat verlangt trotzdem die Erstattung der angefallenen Kosten i.H.v. 2.800,– EUR.
Frage 2: | Beansprucht er die Erstattung der Schulungskosten zu Recht? |
Anmerkungen
Die Klausur wurde im Jahr 2007 als Nachschreibeklausur im Schwerpunktbereich Arbeitsrecht an der Bucerius Law School in Hamburg gestellt.
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Gliederung und Schwerpunktsetzung
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Frage 1: Ansprüche auf Abfindung
A.Anspruch auf Abfindung nach § 3 des Sozialplans (i.V.m. § 75 I BetrVG)
I.Anwendbarkeit
II.Erfüllung der Voraussetzungen aus dem Sozialplan
III.Unwirksamkeit der Beschränkung auf nicht klagende Arbeitnehmer
1.Überschreitung der Regelungsbefugnis
2.Verstoß gegen § 75 I BetrVG
Standardproblem: Prüfungsaufbau bei unzulässiger Ungleichbehandlung
a)Ungleichbehandlung
b)Keine Rechtfertigung
Schweres Problem: Zulässige Zwecke eines Sozialplans
aa)Zulässigkeit als Milderung oder zur Befriedigung der Belegschaft
bb)Unzulässigkeit der Bereinigung von Streitigkeiten
cc)Zulässigkeit mit Blick auf § 1a KSchG
Mittleres Problem: Sinn und Zweck von § 1a KSchG
dd)Zwischenergebnis
3.Verstoß gegen § 612a BGB
a)Anwendbarkeit
b)Benachteiligung
c)Verhältnis zwischen Rechtsausübung und Nachteil
Mittleres Problem: Anwendungsbereich von § 612a BGB
IV.Rechtsfolge der Teilunwirksamkeit von § 3 des Sozialplans
Mittleres Problem: Ergänzende Auslegung bei Teilnichtigkeit
V.Ergebnis
B.Anspruch auf die Sonderprämie nach § 5 BV-O
I.Anwendbarkeit
II.Erfüllung der Voraussetzungen aus der Betriebsvereinbarung
III.Unwirksamkeit des Erfordernisses eines Klageverzichts
1.Verstoß gegen § 75 I BetrVG
Schweres Problem: Differenzierung zwischen BV-O und Sozialplan
a)Ungleichbehandlung
b)Keine Rechtfertigung
c)Zwischenergebnis
2.Verstoß gegen § 612a BGB
3.Keine unzulässige Umgehung
Schweres Problem: Verhältnis der Dotierung von BV-O und Sozialplan
IV.Unangemessenheit der Frist zur Verzichtserklärung
V.Ergebnis
C.Ergebnis zu Frage 1
Frage 2: Erstattung der Schulungskosten
A.Erstattungsanspruch aus § 40 I BetrVG i.V.m. § 37 VI 1 BetrVG
I.Schulungsteilnahme als Betriebsratstätigkeit
1.Schulungsteilnahme als Betriebsratstätigkeit
Standardproblem: Ersatz von Schulungskosten
2.Beschluss als Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Schulungsteilnahme
Schweres Problem: Zeitliche Reihenfolge von Beschluss und Maßnahme
a)Vorliegen eines Betriebsratsbeschlusses
b)Erforderlichkeit eines vorhergehenden Beschlusses
3.Erforderlichkeit von Kenntnissen zu § 1a KSchG
II.Verhältnismäßigkeit des Kostenaufwands
Standardproblem: Verhältnismäßigkeitsaspekte bei Schulungskosten
1.Teilnahme von sieben der neun Mitglieder des Betriebsrats
2.Mehrtägige Schulung
3.Auswahl eines zu teuren Angebots?
III.Teleologische Reduktion für gewerkschaftliche Schulungen?
Schweres Problem: Besondere Grenzen für gewerkschaftliche Schulungen
B.Ergebnis
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Lösung
Frage 1: Ansprüche auf Abfindung
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Hinweis zur Bewertung:
Für eine erfolgreiche Bearbeitung des ersten Teils ist entscheidend, dass zwischen möglichen Ansprüchen auf Abfindung aus dem Sozialplan und der zusätzlichen BV-O genau differenziert wird. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG beurteilt sich die Wirksamkeit sog. Turboprämien nämlich danach, ob sie in erzwingbaren Sozialplanleistungen enthalten sind oder in freiwilligen Betriebsvereinbarungen, mit denen andere Leistungszwecke verfolgt werden.[1] Diese Unterscheidung wird den Bearbeitern durch die Gestaltung des Sachverhalts und die Prüfung zweier Ansprüche auch nahe gelegt.
A. Anspruch auf Abfindung nach § 3 des Sozialplans (i.V.m. § 75 I BetrVG)
130
A könnte gegen die V-GmbH einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts pro Beschäftigungsjahr aus § 3 des Sozialplans (i.V.m. § 75 I BetrVG) haben.
I. Anwendbarkeit
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Der Sozialplan genügt dem Schriftformerfordernis aus § 112 I 1 u. 2 BetrVG und findet auf das Arbeitsverhältnis des A als betriebsangehörigem Arbeitnehmer nach § 112 I 3 BetrVG i.V.m. § 77 IV 1 BetrVG Anwendung.[2]