Internationales Privatrecht. Klaus Krebs
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Auf das New Yorker UN-Übereinkommen über die Rechtsstellung von Staatenlosen ist auch im europäischen und völkerrechtlichen IPR zurückzugreifen, siehe näher MüKo-v. Hein Art 5 EGBGB Rn. 106.
Looschelders Vorbem. Art. 3–6 Rn. 3; MüKo-v. Hein Einl. IPR Rn. 88; zur Unterscheidung zwischen einseitigen und allseitigen Kollisionsnormen MüKo-v. Hein Einl. IPR Rn. 89.
Hoffmann/Thorn § 5 Rn. 73.
BGH NJW 1993, 2047.
OLG Stuttgart NJW 2012, 2043, 2044; Palandt-Thorn Art. 5 EGBGB Rn. 10 jeweils m.w.N.
Erman-Hohloch Art. 4 EGBGB Rn. 52 m.w.N.; Hoffmann/Thorn § 5 Rn. 77 m.w.N.
Erman-Hohloch Art. 4 EGBGB Rn. 51 m.w.N.
Zu den Unterschieden Rauscher Rn. 283.
Hoffmann/Thorn § 5 Rn. 68.
Zur Unterscheidung zwischen kollisions- und materiellrechtlicher Rechtswahl v. Hein in: FS Martiny 2014, 365, 369 ff.
Zu weiteren Anknüpfungsmomenten im Überblick MüKo-v. Hein Einl. IPR Rn. 58.
Nach BGH NJW-RR 2011, 1225 ff.
Sendmeyer JURA 2011, 588, 591.
Sendmeyer JURA 2011, 588, 591.
2. Teil Allgemeiner Teil des IPR › B. Qualifikationsprobleme
B. Qualifikationsprobleme
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Wie bereits gesehen,[1] meint Qualifikation die Subsumtion des Sachverhalts unter den Tatbestand einer Kollisionsnorm. Dieser Vorgang ist im IPR mit Schwierigkeiten verbunden, wenn der Sachverhalt einer Kollisionsnorm nicht eindeutig zugeordnet werden kann.
Beispiel
Die Französin F kauft eine DVD bei dem Deutschen V und bezahlt nicht. Daraufhin fordert V das Geld von ihrem Ehemann M.
Es geht um eine Konstellation, wie sie § 1357 BGB im deutschen Sachrecht behandelt. Im deutschen Kollisionsrecht wird dieser Fall hingegen nicht ausdrücklich geregelt. Man könnte ihn einerseits – wie das deutsche materielle Recht – familienrechtlich einordnen und Art. 14 unterstellen. Andererseits knüpft § 1357 BGB jeweils an einen Vertrag an, sodass auch die Heranziehung der Rom I-VO in Betracht käme. Da die Qualifikation jedoch nach der lex fori erfolgt, erscheint erstere Ansicht zutreffend.
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Insbesondere bei fremden Rechtsinstituten, die dem deutschen Recht unbekannt sind, bereitet die Zuordnung zu einer Kollisionsnorm häufig Probleme. Nach der Lehre von der funktionalen Qualifikation soll es für die Einordnung darauf ankommen, welche Funktion das ausländische Institut in seiner Rechtsordnung aus deutscher Sicht wahrnimmt.[2]
Beispiel
Das italienische Recht lässt in Art. 111 Codice Civile unter bestimmten Voraussetzungen zu, dass ein Ehegatte oder beide Ehegatten bei der Eheschließung einen Boten schicken, der sie vertritt. Da der Handschuh früher als ein Symbol der Vollmacht angesehen wurde, wird von sog. Handschuhehen gesprochen. Deutschland lässt solche Eheschließungen nach § 1311 BGB nicht zu. Welcher deutschen Kollisionsnorm wird die Handschuhehe unterstellt?
Naheliegend wäre die Heranziehung von Art. 13 Abs. 1, der die Eheschließung regelt. Da jedoch aus deutscher Sicht die Frage, ob die Erklärungsübermittlung durch einen Boten zulässig ist, nicht den Ehewillen selbst betrifft, sondern nur die äußere Gestalt der Eheschließung, handelt es sich um eine Formfrage. Die Handschuhehe ist daher grundsätzlich nach Art. 11 oder Art. 13 Abs. 4 zu qualifizieren.[3]
Anmerkungen
Hohloch/Klöckner IPRax 2010, 522, 525; Palandt-Thorn Einl. vor Art. 3 Rn. 27; näher Rauscher Rn. 473 ff.; Sendmeyer JURA 2011, 588, 590.
Näher unter Rn. 101.
2. Teil Allgemeiner Teil des IPR › C. Rück- und Weiterverweisung
C. Rück- und Weiterverweisung
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Soweit eine deutsche Kollisionsnorm auf eine fremde Rechtsordnung verweist, so verweist sie gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 grundsätzlich auf ihr IPR, nicht auf ihr Sachrecht (sog. Grundsatz der Gesamtverweisung[1]). Daher muss in einem weiteren Schritt das fremde IPR geprüft werden, um zum letztlich anwendbaren Sachrecht zu gelangen.
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Das fremde IPR kann die Verweisung annehmen, also das eigene Sachrecht für anwendbar erklären, oder ablehnen (renvoi), indem es andere Anknüpfungsmomente als das deutsche IPR vorsieht und so zu einer Verweisung zurück auf deutsches Recht (sog. Rückverweisung) oder auf drittstaatliches Recht (sog. Weiterverweisung) führt. Kommt es zu einer Rückverweisung, nimmt das deutsche IPR diese Verweisung gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 stets an, d.h. es erklärt in diesem Fall immer die eigenen Sachvorschriften für anwendbar. Das ist sinnvoll, denn andernfalls käme es zu einem nicht endenden „Pingpong-Effekt“ zwischen dem deutschen und dem rückverweisenden ausländischen IPR.
Beispiel[2]