Bankrott und strafrechtliche Organhaftung. Jörg Habetha

Bankrott und strafrechtliche Organhaftung - Jörg Habetha


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Diebstahl,[65] ohne weiteres überindividuelle Rechtsgüter konstruieren. Wegen der Komplexität der innerhalb des Wirtschaftsstrafrechts zu beurteilenden Sachverhalte setzt der Gesetzgeber jedoch an den individuell betroffenen wirtschaftlichen Beziehungen, im Fall des Bankrotts an dem konkret betroffenen Gläubigerkreis, an. Die Rechtsgutsbestimmung hat daher auch im Rahmen der §§ 283 ff. StGB, wie im Fall der Vermögensdelikte des Kernstrafrechts, an den konkret bestehenden – tatbestandlich erfassten – wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten anzuknüpfen. Im Fall von § 283 StGB wird die Bestimmung des individuellen Schutzguts durch die Verlagerung der Strafbarkeit bereits in den Gefährdungsbereich hinein nur erschwert. Neben den individuell geschützten ökonomischen Interessen der Gesamtgläubigerschaft besteht für ein überindividuelles Rechtsgut in Gestalt der „Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft“ auch kein Bedürfnis. Überindividuelle Rechtsgüter werden von den §§ 283 ff. StGB daher nicht geschützt. Diese Konsequenz ist stringent, da die Einwilligung sämtlicher Gläubiger in ein von § 283 Abs. 1 StGB erfasstes Verhalten (etwa im Rahmen von Sanierungsbemühungen) eine Strafbarkeit ausschließt.[66] Ein überindividuelles Rechtsgut wäre für den beteiligten Gläubigerkreis nicht disponibel.

      Anmerkungen

       [1]

      BGHSt 55, 107 (115); 28, 371 (373); BGH NStZ 2008, 401 (402); 2001, 485 (486); differenzierend Krause Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 155 ff.; Moosmayer Auswirkungen der Insolvenzordnung 1999, S. 121; Penzlin Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 13 ff.; Lackner/Kühl § 283 Rn. 1; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 45; NK-StGB-Kindhäuser Vor § 283 ff. Rn. 23, 29; SK-StGB-Hoyer Vor § 283 Rn. 3; Fischer Vor § 283 Rn. 2; MK-StGB-Radtke Vor §§ 283 ff. Rn. 8; SSW-StGB-Bosch Vor §§ 283 ff. Rn. 1; Dannecker/Hagemeier in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 36; Wegner in: Achenbach/Ransiek, 7. Teil, 1 Rn. 3; Bieneck in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 75 Rn. 94. Dies gilt ebenfalls, wenn im Einzelfall nur ein (Insolvenz-)Gläubiger Forderungen gegen den Schuldner geltend macht, BGH NStZ 2001, 485; bereits RGSt 41, 310 (314, zu den §§ 239 ff. KO a.F.).

       [2]

      Schönke/Schröder-Heine Vorbem. §§ 283 ff. Rn. 2; ähnlich MK-StGB-Radtke Vor §§ 283 ff. Rn. 8.

       [3]

      OLG Frankfurt a.M. NStZ 1997, 551 (552); Moosmayer Auswirkungen der Insolvenzordnung 1999, S. 121; Schönke/Schröder-Heine Vorbem. §§ 283 ff. Rn. 2; MK-StGB-Radtke Vor §§ 283 ff. Rn. 8; SK-StGB-Hoyer Vor § 283 Rn. 3.

       [4]

      Fischer Vor § 283 Rn. 2; Bittmann in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 25.

       [5]

      Lackner/Kühl § 283 Rn. 1.

       [6]

      Penzlin Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 27; Moosmayer Auswirkungen der Insolvenzordnung 1999, S. 129; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 48, 88; Lackner/Kühl § 283 Rn. 1; SK-StGB-Hoyer Vor § 283 Rn. 4; Schönke/Schröder-Heine Vorbem §§ 283 ff. Rn. 2; MK-StGB-Radtke Vor §§ 283 ff. Rn. 13; Dannecker/Hagemeier in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 39.

       [7]

      Mit einer Darstellung der gegenüber der alten Rechtslage (Konkursordnung) erweiterten Gestaltungsbefugnisse der Gläubiger nach Einführung der Insolvenzordnung Penzlin Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 23 ff.

       [8]

      Zur Argumentation der Gegenansicht: NK-StGB-Kindhäuser Vor § 283 ff. Rn. 18; MK-StGB-Radtke Vor §§ 283 ff. Rn. 12; Köhler in: Wabnitz/Janovsky, 7. Kap. Rn. 90; ausführlich Krause Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 156 ff.

       [9]

      LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 48; Schönke/Schröder-Heine Vorbem §§ 283 ff. Rn. 2.

       [10]

      Siehe oben Rn. 12 ff.

       [11]

      LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 3, 48; SK-StGB-Hoyer Vor § 283 Rn. 4; Schönke/Schröder-Heine Vorbem. §§ 283 ff. Rn. 2; MK-StGB-Radtke Vor §§ 283 ff. Rn. 13; Bieneck in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 75 Rn. 95a; im Ergebnis ebenfalls Krause Ordnungsgemäßes Wirtschaften, S. 162 f.: „dass die insolvenzrechtlichen Gestaltungs- und Verwertungsrechte der Gläubiger am schuldnerischen Vermögen, im Folgenden zusammengefasst als Insolvenzinteressen der Gläubiger, geschützt werden. Diese Interessen bilden einen Teil des Vermögens der Gläubiger“ (Hervorhebung nicht im Original); ähnlich Penzlin Strafrechtliche Auswirkungen der Insolvenzordnung, S. 28; Moosmayer Auswirkungen der Insolvenzordnung 1999, S. 124, 129.

       [12]

      Insoweit unklar BGHSt 55, 107 (115); 28, 371 (373); den Schutz der (potentiellen) Insolvenzmasse betonend: Fischer Vor § 283 Rn. 3; Gallandi wistra 1992, 10; Krause NStZ 1999, 161 (162).

       [13]

      BGHSt 55, 107 (115); ähnlich zuvor BGHSt 28, 371 (373), Sicherung der Konkursmasse im Interesse der gesamten Gläubigerschaft.

       [14]

      LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 46, mit dem Hinweis, dass der Schutz der potentiellen Insolvenzmasse mit dem Schutz der Vermögensinteressen der Gläubiger „im wesentlichen gleichbedeutend sein dürfte“; Bieneck in: Müller-Gugenberger/Bieneck, § 75 Rn. 94; MK-StGB-Radtke Vor §§ 283 ff. Rn. 10; SK-StGB-Hoyer Vor § 283 Rn. 3; Schönke/Schröder-Heine Vorbem §§ 283 ff. Rn. 2; Wegner in: Achenbach/Ransiek, 7. Teil, VII 1 Rn. 3; Dannecker/Hagemeier in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 37.

       [15]

      SK-StGB-Hoyer Vor § 283 Rn. 3; Schönke/Schröder-Heine Vorbem §§ 283 ff. Rn. 2; Wegner in: Achenbach/Ransiek, 7. Teil, 1 Rn. 3.

       [16]

      NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283 ff. Rn. 30.

       [17]

      MK-StGB-Radtke Vor §§ 283 ff. Rn. 10; Dannecker/Hagemeier in: Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, Rn. 37.

       [18]

      BGHSt 55, 107 (115); BGH


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