Markenrecht. Jennifer Fraser

Markenrecht - Jennifer Fraser


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absolute Untergrenze ab). Der BGH lässt eine Bekanntheit vonmehr als 30 % jedenfalls ausreichen, wenn einMarktanteil von 50 % und hohe Werbeaufwednungen hinzukommen (BGH MarkenR 2016, 599 Rn 38 – Wunderbaum II, juris).

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      Weder aus der Anzahl der Internetbesucher auf einer Website noch auf dem Ranking bei Suchmaschinen ist auf die Bekanntheit der Marke zu schließen (OLG Köln MarkenR 2007, 123 – International Connection).

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      Der für die Beurteilung einer Markenbekanntheit maßgebliche Zeitpunkt ist im Widerspruchs- und Löschungsverfahren der Tag der Anmeldung der jüngeren Marke (BGH GRUR 2003, 428, 433 – BIG BERTHA), im Verletzungsverfahren ist zu differenzieren: Für einen wegen einer Verletzungshandlung in der Vergangenheit geltend gemachten Schaden ist auf den Tag der Verletzungshandlung abzustellen, der mit Benutzung des jüngeren Zeichens beginnt (EuGH GRUR 2006, 495, 497 – Levi Strauss/Casucci). Die Feststellung obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter (BGH MarkenR 2015, 486 Rn 10 – Springender Pudel, juris). Die zu Grunde liegenden Tatsachen können allgemein geläufig und deshalb offenundig iSd § 291 ZPO sein, wenn die Marken über einen längeren Zeitraum in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann gegenübertritt (BGH MarkenR 2015, 486 Rn 10 – Springender Pudel, juris; GRUR 2014, 378 Rn 27 – OTTO Cap; GRUR 2011, 1043 Rn 49 – TÜV).

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      Die gegenüberstehenden Zeichen müssen identisch oder sich zumindest ähnlich sein, auch ohne dass eine Verwechslungsgefahr zwischen ihnen bestehen muss (BGH MarkenR 2015, 486 Rn 10 – Springender Pudel, juris). Es reicht dabei für eine Ähnlichkeit iSd Nr 3 aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise die gegenüberstehende Zeichen gedanklich in Verbindung bringen können, ohne sie zu verwechseln, insoweit unterscheiden sich Verwechslungsschutz und Bekanntheitsschutz (EuGH MarkenR 2016, 29, 33 Rn 42 – El Corte Inglés/The English Cut). Die Ähnlichkeitskriterien richten sich hingegen nach denselben Beurteilungsgrundsätzen, die für eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs 1 Nr 2 bestehen (BGH GRUR 2004, 598, 599 – Kleiner Feigling; GRUR 2004, 594, 596 – Ferrari-Pferd; GRUR 2000, 875, 878 – Davidoff I; Starck MarkenR 2000, 73, 76), insb besteht eine Wechselwirkung zwischen der Kennzeichnungskraft der bekannten Marke und der Ähnlichkeit der jüngeren Marke mit der bekannten Marke, so dass eine höhere Kennzeichnungskraft der bekannten Marke zu einem höheren Schutz führt und schwächer kennzeichnungskräftige bekannte Marken einen geringeren Schutz genießen (v Mühlendahl FS Erdmann, S 435).

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      Eine Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Waren oder Dienstleistungen ist nicht erforderlich. In aller Regel ist bei vorhandener Warennähe bereits eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs 1 Nr 2 gegeben. Sollte jedoch im Einzelfall eine Verwechslungsgefahr nicht bestehen, kann auch bei Warenähnlichkeit ein Bekanntheitsschutz zugesprochen werden, zumal nicht einzusehen ist, dass der Schutz bei unterschiedlichen Waren weiter gehen soll als bei ähnlichen (BGH GRUR 2019, 165, Rn 15 – keine-vorwerk-vertretung, juris; MarkenR 2015, 486 Rn 14 – Springender Pudel, juris; MarkenR 2015, 552 Rn 24 – Goldbären, juris; MarkenR 2015, 561 Rn 76 – Sparkassen-Rot; EuGH GRUR 2004, 58, 60 – Davidoff/Gofkid; Fezer FS Erdmann, S 287).

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      Die Beeinträchtigung der bekannten Marke kommt durch eine Verwässerung (Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft) oder eine Rufausbeutung (Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung) in Betracht.

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      In einem Vorabentscheidungsverfahren wird der EuGH zu der Frage des englischen Court Of Appeal vom 29.5.2007 (CA RPC 2007, 846 – Intel/Intelmark) Stellung nehmen zu haben, ob bei ausreichend bedeutender Bekanntheit auf die (nachfolgend dargestellten Voraussetzungen) der Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung oder Unterscheidungskraft der bekannten Marke verzichtet werden kann. Beizugeben ist der dortigen Klägerin Intel Co. Ltd., dass auch zwischen den nach § 9 Abs 1 Nr 3 zu beurteilenden Kriterien eine Wechselwirkung besteht, diese darf jedoch nicht dazu führen, dass auch bei einer Reduzierung eines Faktors auf Null der Bekanntheitsschutz nach § 9 Abs 1 Nr 3 greift. Jedenfalls eine geringe Ausnutzung oder Beeinträchtigung wird deshalb vorauszusetzen sein (so auch Slopek MarkenR 2008, 189, 194).

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      Die Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft (Verwässerungsgefahr) ist gegeben, wenn die Assoziation einer Kennzeichnung mit einer bekannten Marke ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit wecken könnte, das einer anderen Kennzeichnung, die nicht die Erinnerung an ein dem Verkehr bekanntes Erzeugnis weckt, nicht zuteil würde (BGH GRUR 2013, 1044, 1046 Rn 22 – Beate Uhse; GRUR 2005, 583, 584 – Lila-Postkarte; GRUR 1994, 808, 811 – Markenverunglimpfung I (Mars); GRUR 2000, 875, 877 – Davidoff I). Eine einfache Assoziation reicht hingegen nicht aus (BGH MarkenR 2013, 291 – Culinara/Villa Culinara; MarkenR 2008, 405 – Sierra Antiguo; OLG Stuttgart MarkenR 2018, 232-235 – Grilloympiade), wenn der Anmelder der jüngeren Marke versucht, sich in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne eigene Anstrengungen zu profitieren oder auf andere Weise an der Aufmerksamkeit teilzuhaben (BGH MarkenR 2015, 486 Rn 38 – Springender Pudel, juris; GRUR 2014, 378 Rn 33 – OTTO Cap; GRUR 2013, 1239 Rn 54 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion). Dies ist anhand einer umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände zu beurteilen, zu denen das Ausmaß der bekanntheit und der Grad der Unterscheidungskraft der älteren Marke, der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen sowie die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen und der Grad ihrer Nähe gehören (BGH GRUR 2019, 165, Rn 22 – keine-vorwerk-vertretung, juris; GRUR 2014, 378 Rn 33 – OTTO Cap; EuGH GRUR 2009, 756 Rn 44 – L'Oréal/Bellure).

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      Eine solche Ausnutzung der Unterscheidungskraft kommt beispielsweise bei einer Dekoration eines Produktes mit einer anderen Marke in Betracht (BGH GRUR 1994, 635, 636 – Pulloverbeschriftung).

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      Die Ausnutzung kann der Verletzer dadurch unterstützen, dass er geschäftliche Beziehungen zum Inhaber der bekannten Marke suggeriert (OLG Stuttgart GRUR-RR 2007, 313, 315 – CARRERA).

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      Von einer Ausnutzung der Wertschätzung (Rufausbeutung) ist auszugehen, wenn ein Wettbewerber sich mit der Kennzeichnung seiner Waren einer fremden Marke angenähert hat, um Gütevorstellungen, die der Verkehr mit den unter der Marke vertriebenen Erzeugnissen verbindet, für sich auszunutzen, so genannter Imagetransfer (BGH GRUR 2019, 165, Rn 22 – keine-vorwerk-vertretung, juris; GRUR 2005, 583, 584 – Lila-Postkarte; OLG Stuttgart GRUR-RR 2007, 313, 315 – CARRERA; LG Berlin GRUR-RR 2007, 40, 41 – Stiftung Gentest).

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      Eine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung kann sich auf konkrete Gütevorstellungen, den Markterfolg des konkreten Produktes, allgemeine Vorstellungen von Größe, Alter, Tradition, Erfolg und Leistungsfähigkeit des herstellenden Unternehmens, Luxus-, Exklusiv- und Prestigevorstellungen


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