Markenrecht. Jennifer Fraser

Markenrecht - Jennifer Fraser


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Originäre Kennzeichnungskraft

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      Im ersten Schritt ist die originäre Kennzeichnungskraft zu bewerten, ohne eine Schwächung oder Steigerung zu berücksichtigen (BGH GRUR 2016, 1300 Rn 50 – Kinderstube). Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (BGH MarkenR 2016, 599 Rn 19 – Wunderbaum II – juris; GRUR 2016 382 Rn 31 – BioGourmet; MarkenR 2016, 46, 47 Rn 10 – BSA/DSA; MarkenR 2015, 492 Rn 10 – ISET/ISETsolar; MarkenR 2012, 390, 392 – Bogner B/Barbie B; MarkenR 2010, 388 – Die Vision; BPatG MarkenR 2019, 225 Rn 53 – INJEKT/INJEX – zit. nach juris; EuGH MarkenR 2010, 378 – Buchstabe „“ MarkenR 2010, 79 – Vorsprung durch Technik; Ingerl/Rohnke § 14 Rn 497; Büscher/Dittmer/Schiwy/Büscher § 14 Rn 248) Sie bemisst sich mithin nach der Auffälligkeit und Einprägsamkeit der Marke (vgl Teplitzky WRP 2003, 415, 420), wobei auf ihren Gesamteindruck abzustellen ist, da der Verkehr regelmäßig nicht zu einer zergliedernden und analysierenden Betrachtung eines Zeichens neigt (BGH MarkenR 2017, 412, 413 Rn 19 – Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke; MarkenR 2004 2004, 356 – NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRALEX). Abzustellen ist auf die Eigenart der Marke in Klang, Bild und Bedeutung (BGH MarkenR 2016, 599 Rn 19 – Wunderbaum II, juris; Büscher/Dittmer/Schiwy/Büscher § 14 Rn 250).

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      Sowohl das DPMA im Widerspruchsverfahren als auch die ordentlichen Gerichte im Verletzungsverfahren müssen grds von der Schutzfähigkeit der Marke ausgehen, die Feststellung der Schutzunfähigkeit unterliegt ausschließlich einem Löschungsverfahren nach §§ 50, 54 MarkenG (vgl BGH MarkenR 2010, 493 – Pralinenform II; MarkenR 2010, 210 – WM-Marken; MarkenR 2008, 358 – POST I; MarkenR 2004, 31, 33 – Kinder I; OLG Köln MarkenR 2009, 67, 68 – 1A Pharma/1 Pharma; BPatG MarkenR 2005, 354, 357 – DAX-Trail/DAX; EuGH MarkenR 2016, 592 – compressor technology/KOMPRESSOR; MarkenR 2012, 253 – F1-LIVE/F1/F 1 Formula 1; Stieper MarkenR 2012, 292, 294). Bei zusammengesetzten Marken ist dies allerdings nur auf die Gesamtheit der Marke zu beziehen, nicht jedoch auf einzelne Bestandteile. Ein schutzunfähiger Wortbestandteil kann deshalb keine Schutzfähigkeit dadurch gewinnen, dass er kombiniert mit anderen schutzunfähigen Bestandteilen eingetragen ist.

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      Grds ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen (BGH MarkenR 2016, 46, 47 Rn 10 – BSA/DSA; MarkenR 2011, 547 – Maalox/Melox-GRY). Eine solche ist anzunehmen, wenn keine Gründe für eine starke oder eine schwache Kennzeichnungskraft sprechen, wobei die Rspr und ihr folgend die Lit davon ausgehen, dass eine starke Kennzeichnungskraft erst durch die konkrete Art und Weise der Nutzung erreicht werden kann, so dass von Hause aus eine originäre Kennzeichnungskraft nur durchschnittlich oder schwach sein kann.

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      Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler oder durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (BGH MarkenR 2016, 599 Rn 19 – Wunderbaum II, juris; MarkenR 2012, 390, 392 – Bogner B/Barbie B; MarkenR 2011, 547 – Maalox/Melox-GRY; MarkenR 2000, 364 – Carl Link).

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      Fantasiebegriffen kommt in aller Regel eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu, das Gleiche gilt für Wörter, deren begrifflicher Inhalt keinen Bezug zur geschützten Ware oder Dienstleistung aufweist (BGH GRUR 1999, 990, 992 – Schlüssel; OLG München GRUR-RR 2013, 388, 391 – Kleine Partysonne zur Kennzeichnungskraft des Begriffes „Sonne“ für Brot), was auch für geläufige ausländische Begriffe anzunehmen ist (BGH MarkenR 2010, 324, 329 Rn 44 – DiSC zur Eintragung des Begriffes DiSC für Tests und Arbeitsunterlagen).

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      Die herrschende Ansicht in der Rechtsprechung, nach der auch nicht als Wort aussprechbare Akronyme (BGH MarkenR 2016, 46, 47 Rn 11 – BSA/DSA; Beschl v 2.4.2015, I ZB 2/14, MarkenR 2015, 492 Rn 10 – ISET/ISETsolar, juris; Urt v 5.3.2015, I ZR 161/13, MarkenR 2015, 437, Rn 20 – IPS/ISP, juris; MarkenR 2011, 418 – BCC; GRUR 2002, 626, 628 – IMS; MarkenR 2004, 253 –d-c-fix/CD-FIX; OLG Hamburg MMR 2006, 608 – ahd.de) und grafisch gestaltete Einzelbuchstaben (BGH MarkenR 2012, 390 – Bogner B/Barbie B) grds über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügen sollen, begegnet Bedenken: Sie stellen sich aus Sicht des relevanten Publikums als beliebig und austauschbar dar und bleiben schon deshalb regelmäßig nicht dauerhaft in seinem Erinnerungsbild (so auch OLG München GRUR-RR 2002, 107, 108 – mbp.de/MB'&P; Ingerl/Rohnke § 14 Rn 583; Teplitzky WRP 1999, 461, 463; Fuchs-Wissemann GRUR 1999, 855, 857; zu Unternehmenskennzeichen: v Gierke WRP 2000, 877). Für eine geringere originäre Kennzeichnungskraft kann die häufige Verwendung eines bestimmten Teiles der Buchstabenkombination sorgen, die dem Publikum schon deswegen äußerst vertraut ist, wie beispielsweise die Buchstaben B und C für Business und Computer (BGH MarkenR 2011, 418 – BCC) oder ein V für Versicherungen, bzw KV für Krankenversicherungen (vgl BGH GRUR 2002, 1067, 1069 – DKV/OKV); GTI stellt nach dem Verständnis der Fachleute in der Automobilbranche einen beschreibenden Bestandteil dar (EuG MarkenR 2012, 168, 171 – SWIFT GTi/GTI). Anderes kann für aussprechbare (OLG München GRUR-RR 2008, 6 – B.T.I.; OLG Köln WRP 2007, 346 – W.I.S./WISAG; BPatG GRUR 2006, 338, 339 – DAX-Trail/DAX) oder geläufige Buchstabenkombinationen/Abkürzungen gelten (BGH MarkenR 2015, 492 Rn 13 – ISET/ISETsolar, juris). Der Umstand, dass eine Buchstabenfolge in einem Abkürzungswörterbuch aufgenommen ist, bedeutet für sich genommen keine Einschränkung der Kennzeichnungskraft, solange dem Publikum die Abkürzung nicht geläufig ist (BGH MarkenR 2015, 492 Rn 13 – ISET/ISETsolar, juris).

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      Eine normale, durchschnittliche Kennzeichnungskraft kann einem fremdsprachigen beschreibenden Begriff zukommen, wenn er dem deutschen Publikum nicht bekannt ist (OLG Saarbrücken GRUR-RR 2007, 274 – Shisha). So können die Begriffe „Inter“ und „Connect“ trotz ihres beschreibenden Charakters für Telekommunikationsleistungen (schwach) kennzeichnungskräftig sein, da das Publikum keine klare, umfassende und erschöpfende Zuordnung zu den konkreten Waren oder Dienstleistungen vornehmen kann (BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; ähnlich: OLG Stuttgart WRP 2007, 1265 – Google-AdWords; EuGH MarkenR 2007, 204 – CELLTECH; vgl auch BGH NJW 1997, 1928 – NetCom/NETKOM zur Eintragungsfähigkeit). Darüber hinaus nahm das OLG Hamburg zutr an, dass der Begriff STOLITSCHNAJA, dessen wörtliche Übersetzung „hauptstädtische“ bzw „städtische“ bedeutet und teilweise als Gattungsbegriff für Kochwurst verstanden wird, vom deutschen Publikum weder als beschreibend noch als Gattungsbegriff verstanden wird (OLG Hamburg GRUR-RR 2006, 400, 401), gleiches gilt nach Auffassung des OLG Saarbrücken für den Begriff Shisha, der eine Wasserpfeife bezeichnet (OLG Saarbrücken GRUR-RR 2007, 274, 275 – Shisha).

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      Die Verbindung mehrerer für sich genommener kennzeichnungsschwacher Elemente zu einer Kombinationsmarke kann zu einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke führen (BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2001, 1161, 1162 – CompuNet/ComNet; OLG Stuttgart WRP 2007, 1265 – Google-AdWords; EuGH MarkenR 2007, 204 – CELLTECH; Lange Rn 3422), dies gilt für grds beschreibende Elemente zumindest dann, wenn eines nicht konkret die in Streit stehenden Waren beschreibt (OLG Köln MarkenR 2009, 548, 549 – Powermoon/Power Moon; GRUR-RR 2006, 370, 371 – Ecolab) oder wenn durch die unübliche Art der Zusammenstellung der betreffende Begriff einen Gesamtbegriff ergibt, der mehr ist als die Summe seiner Teile (HABM MarkenR 2006, 135 – babyruf).


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